Somerset [2]

[590] Somerset (spr. ßömmerßet), engl. Adelstitel. 1397 erhielt das von den Plantagenets abstammende ältere Haus Beaufort den Grafen- und 1443 den Herzogstitel von S. Dies Haus starb mit Edmund, dem vierten Herzog von S., der nach der Schlacht bei Tewkesbury auf Eduards IV. Befehl enthauptet wurde, aus. Ein natürlicher Sohn des dritten Herzogs Henry von S. nahm den Familiennamen S. an, und dessen Nachkommen sind 1514 Grafen, 1642 Marquis von Worcester, 1682 aber wieder Herzoge von Beaufort[590] geworden, so daß die jüngern Söhne dieses Herzogs hauses Lords S. heißen. Unter ihnen ist hervorzuheben Lord Granville Charles Henry S., geb. 27. Dez. 1792, gest. 23. Febr. 1848, unter Liverpool Lord des Schatzes, unter Peel Domänenminister und 1841 Kanzler des Herzogtums Lancaster. Dessen Oheim war Fitzroy James Henry S., später Lord Raglan (s. d.). Den Titel Graf von S. führte im 17. Jahrh. Robert Carr, Viscount von Rochester, gest. im Juli 1645. Er stammte aus einer schottischen Adelsfamilie, kam als Page an den Hof Jakobs I., ward von ihm 1611 zum Viscount von Rochester und 1613 zum Grafen von S. erhoben und erhielt großen Einfluß auf die Regierung. 1613 vermählte er sich mit Frauees Howard, Gräfin von Essex, deren Ehe mit dem Grafen von Essex zu diesem Zweck getrennt werden mußte. Einen Gegner dieser Verbindung, Sir Thomas Overbury, ließ das Ehepaar im Tower vergiften; bald darauf aber ward S. durch George Villiers, nachmals Herzog von Buckingham, aus des Königs Gunst verdrängt und samt seiner Gemahlin als Mörder Overburys zum Tode verurteilt. Nachdem beide mehrere Jahre im Gefängnis gesessen, erhielten sie 1622 die Freiheit und lebten seitdem in stiller Zurückgezogenheit. Aus der Ehe von Somersets einziger Tochter mit dem Herzog von Bedford entsprang der unter Karl II. hingerichtete Lord William Russell (s. d. 1). Schon im 16. Jahrh. war der Herzogstitel von S. an die Familie Seymour (s. d.; richtiger St. Maur) gekommen. Der erste Herzog war Edward Seymour. Dieser erhielt bei der Vermählung Heinrichs VIII. mit seiner Schwester Jane 1536 den Titel Viscount von Beauchamp, wurde 1537 zum Grafen von Hertford ernannt, kämpfte 1544 in Schottland, verwüstete Leith und Edinburg und folgte darauf dem König nach Frankreich, wo er Boulogne erobern half. Heinrich VIII. ernannte ihn in seinem Testament zu einem der Geheimräte, die während der Minderjährigkeit Eduards VI., seines Neffen, die Regierung führen sollten. Gleich in den ersten Sitzungen des Geheimen Rates nach Heinrichs Tod ließ sich aber Hertford zum Protektor des Königreich smit voller Regierungsgewalt und zum Herzog von S. erheben. Er benutzte seine Macht zuvörderst, um unter Cranmers Leitung die Kirchenreformation durchzuführen. Dann unternahm er im August 1547 einen Feldzug nach Schottland und brachte den Schotten 10. Sept. die Niederlage bei Pinkey bei. Indessen konnte er diesen Sieg nicht ausnutzen, und bald gelang es seinen Gegnern, an deren Spitze John Dudley, Graf von Warwick, später Herzog von Northumberland, stand, infolge des Mißvergnügens über des Protektors kirchliche Reformen und den Krieg mit Frankreich, in den sein schottischer Feldzug die Nation verwickelte, den Herzog zu stürzen; der Geheime Rat entschied sich gegen ihn, und S. wurde gefangen gesetzt. Im November 1549 ward seine Sache vor das Parlament gebracht, das ihn nur zu einer Geldstrafe verurteilte. Darauf trat S. wieder in den Rat ein; aber seine alte Macht erlangte er nicht wieder, und ein Versuch, Warwick, den neuen Machthaber, zu stürzen, gereichte ihm zum Verderben. Auf Warwicks Befehl wurde er 16. Okt. 1551 verhaftet, wegen Felonie zum Tode verurteilt, da er einen Vasallen des Königs habe ermorden wollen, und 22. Jan. 1552 auf Tower Hill enthauptet. (Vgl. Pollard, England under Protector S., Lond. 1900.) Der Titel Herzog von S. erlosch darauf; seine übrigen Titel und Güter hatte S. auf seine Kinder zweiter Ehe übertragen lassen, nach deren Aussterben erst die Nachkommenschaft aus erster Ehe folgen sollte. Sein Enkel William Seymour ging 1610 eine heimliche Ehe mit Lady Arabella Stuart, einer Verwandten König Jakobs 1., ein und mußte deshalb ins Ausland flüchten, während seine Gattin 1615 im Tower starb. Gleichwohl bewies er sich nachmals als treuen Anhänger der königlichen Sache, ward 1640 zum Marquis von Hertford erhoben und 1660 nach Karls II. Restauration wieder mit dem Titel eines Herzogs von S. ausgestattet. Er starb 24. Okt. 1660. Charles Seymour, siebenter Herzog von S., geb. 12. Aug. 1662, gest. 2. Dez. 1748, spielte unter Karl II., Wilhelm III., Anna und Georg I. als erster Peer des Reiches eine hervorragende Rolle und trug durch seine Gemahlin, die Erbin der Percy, wesentlich zum Sturz Marlboroughs bei. Da sein einziger Sohn, Algernon, achter Herzog von S., 7. Febr. 1750 ohne männliche Nachkommen starb, trat jene frühere Klausel in Kraft, und die Titel des Herzogs von S. und Lord Seymour gingen auf Sir Edward Seymour, einen Nachkommen des Protektors aus erster Ehe, über, der am 15. Dez. 1757 starb. Dessen Urenkel Edward Adolphus, zwölfter Herzog von S., geb. 20. Dez. 1804, gest. 28. Nov. 1885, trat 1834 für Totneß ins Parlament. Als eifriger Whig ward er 1835 zum Lord des Schatzes, 1839 zum Sekretär des indischen Amtes und 1841 auf einige Zeit zum Unterstaatssekretär des Innern ernannt. Von 1849 bis Februar 1852 war er Oberkommissar der Wälder und Forsten, von 1859–1866 erster Lord der Admiralität. (Vgl. »Letters, remains and memoirs of the duke of S.«, hrsg. von Mallock und Ramsden, Lond. 1893.) Gegenwärtiger Chef des Hauses, das seinen Familiennamen jetzt stets St. Maur schreibt, ist Algernon St. Maur, 15. Herzog von S., geb. 22. Juli 1846.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 590-591.
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