Armenische Kirche

[730] Armenische Kirche, christliche Partei in Groß- u. Klein-Armenien. Die Armenier lernten das Christenthum schon im 2. Jahrh. kennen; zur Zeit Constantins verbreitete es Gregorius Illuminator allgemeiner u. gewann selbst ihren König Tiridates 303. Die Armenier hielten sich erst zur Orthodoxen Kirche, aber um 451 traten sie auf die Seite der Monophysiten, wiewohl sie nicht alle Lehren derselben annahmen, verwarfen auf dem Concil zu Juin das Chalcedonische Concil u. lebten nun als bes. Partei unter dem Namen Gregorianische Kirche (nach Gregorius Illuminator, s. oben). Als sie von den Persern zur Annahme der Zendlehre gezwungen werden sollten, wanderten viele aus u. verbreiteten sich in mehrere Gegenden, selbst nach Europa. Im 5. Jahrh. erhielten sie durch Mesrob eine Bibelübersetzung. Versuche zur Union mit der Römischen Kirche wurden aus politischem Interesse öfter im 13. u. 14. Jahrh. gemacht (s. u. Union), indeß weder das Volk wollte davon etwas wissen, noch hielten sich auch die Könige, welche die Union angenommen hatten, daran gebunden, wenn die ihnen von Rom od. durch Rom erwartete Hülfe gegen ihre Feinde ausblieb. Nur außer Landes gibt es Unirte Armenier, so in Persien, OIndien, Polen, Rußland, Galizien, Italien, Marseille, London, Amsterdam, bes. die Mechitaristen (s.d.) auf S. Lazaro bei Venedig. Sie erkennen den Papst an, stehen unter dem von Rom aus ernannten Erzbischof von Nachtschiwan u. stimmen mit der Katholischen Kirche überein, haben aber eine eigene Kirchenordnung. Sie wählten 1848 für die Leitung ihrer Angelegenheit einen Rath von 12 Weltlichen, denen der Patriarch nur präsidiren sollte. Die Armenier halten fest an ihrer Confession, daher die Russische Kirche nach der Eroberung Armeniens u. wieder 1843 vergebliche Versuche machte, die Armenier der Russischen Kirche (s.d.) zu nähern. Erst seit 1846 trat in der A. K. eine von nordamerikanischen Missionären gewonnene, meist aus der ärmeren Klasse bestehende Partei hervor, welche sich Evangelische Armenier nennen, indem sie die Heilige Schrift lesen u. ihren Gottesdienst darnach einrichteten. Auch in Trebisonde u. Nikomedien fanden sich solche Evangelische Armenier, die jedoch von dem Patriarchen in Constantinopel u. von den Bischöfen empfindlich verfolgt wurden. Die Lehrsätze der A. K. stehen denen der älteren Griechischen Kirche am nächsten. Sie bekennen eine Vermischung der Gottheit u. Menschheit in Christo, den Ausgang des Geistes vom Vater, halten den Gottesdienst in der Landessprache, besprengen u. taufen bei der Taufe die Täuflinge dreimal mit u. unter Wasser, brauchen beim Abendmahl ungemischten Wein, in welchen sie das ungesäuerte Brod tauchen, u. reichen dasselbe auch den Kindern; die letzte Ölung erhalten blos Priester, u. zwar sogleich nach ihrem Tode. Sie haben Fasten, Wallfahrten (bes. nach dem Kloster Etschmiadzin, wohin jeder Armenier in seinem Leben wenigstens einmal wallfahrten muß), Bilderdienst, aber keinen Cölibat der Geistlichen. Die Ehegesetze sind sehr streng, nur ein Laie darf zweimal, aber dreimal gar nicht heirathen. Sie feiern kein Weihnachtsfest, sondern nur Ostern, Pfingsten, Epiphanias u. einige Heiligenfeste. Ihr Oberpatriarch (Katholikos) hat seinen Sitz zu Etschmiadzin. Er setzt die Patriarchen (in Constantinopel u. Jerusalem) u. die Erzbischöfe u. Bischöfe ein, u. bereitet das heilige Salböl; die Eintheilung u. Beschäftigung der anderen Geistlichen ist denen in der Katholischen Kirche ähnlich; die Mönche, s. Armenische Mönche 1). Die Lehrer der Theologie heißen Vartabed; sie tragen als Abzeichnung einen Bischofsstab, leben in Klöstern u. in Ehelosigkeit u. werden gewöhnlich als Vicare der Bischöfe verwendet. Vgl. Ricauts, Gegenwärtiger Zustand der Armenischen Kirche, Augsb. 1666, Fol.; Dittrich, Historische Darstellung des gegenwärtigen Zustandes des Armenischen Volkes, Petersb. 1831; Messer, Darstellung des Armenischen Glaubens; F. Bodenstedt, Über die Einführung des Christenthums in Armenien, Berl. 1850.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 730.
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