Canarische Inseln

[625] Canarische Inseln (spanisch Las Canarias), eine Inselgruppe des nordwestlichen Afrika, im Westen der marokkanischen Küste, nur 15 Meilen vom Cap Bojadorentfernt, von 27°37' bis 29°30' nördl. Breite u. 0°30' westl. Länge bis 5° östl. Länge, haben ein Areal von 152,56 QM. u. bestehen aus 7 größeren bewohnten u. 5 kleineren unbewohnten Inseln. Sämmtlich bergig, erheben sie sich zu sehr bedeutenden Höhen; der höchste Punkt ist der Pico de Teyde auf Teneriffa, 11,430 Fuß, nebst der Felsenkette von Guajara, 10,400 Fuß, die Sierra de Palma auf Palma, 6–7000 Fuß, u. auf Gran-Canaria der Pico des Pozo de las Nieves, Nueblo u. Sancillo, 4–5000 Fuß; die ganze Gruppe ist durchaus vulkanisch, die meisten Krater jedoch erloschen; auf Palma erfolgten noch 1677 Lavaergüsse, auf Lancerote noch 1730–36 u. 1824. Das beständig milde Klima ist eins der trefflichsten auf Erden; Schnee beständig nur auf den höchsten Theilen von Teneriffa u. Palma. Im Winter verursachen die heftigen Regengüsse oft verwüstende Überschwemmungen; auf einigen Inseln ist aber auch wiederum der Regen Jahre lang ausgeblieben. Die Vegetation, begünstigt durch Klima u. fruchtbaren Boden, ist nach dem verschiedenen Niveau sehr verschieden, hat aber in Folge der Colonisation einen ganz anderen Charakter angenommen, als vor der Entdeckung von Amerika, wie denn z.B. die großen Drachenblutwälder fast ganz ausgerodet sind. Hauptproducte sind Öl, Getreide, europäische Baumfrüchte, Zucker (bes. früher), Wein (bes. auf Teneriffa) u. Orseille; aus der Thierwelt Ziegen u. Esel, sowie Hirsche (auf Gomera); das Dromedar ist seit Jahrhunderten eingeführt. Unter den Vögeln erscheint der Canarienvogel in ganzen Banden; Bienen in der Retamagegend; Seidenraupen, Cochenille auf Teneriffa. Die Bevölkerung von 257,700 Seelen ist katholisch u. trägt wesentlich spanischen Charakter; die Urbewohner, die Guanches, von berberischem Stamme, sind in ihr vollständig aufgegangen. Hauptbeschäftigung ist Acker- u. Weinbau, doch ist nur etwa 1/7 des Bodens cultivirt; ansehnlicher Fischfang, bes. auf Stockfisch, wird an der gegenüberliegenden afrikanischen Küste betrieben. Industrie fehlt fast ganz; Seidenstoffe werden auf Palma u. Branntwein auf Fuerteventura u. Gomera, beides für den Export nach der Havanna, fabricirt. Der Handel steht in keinem Verhältniß zu der günstigen Lage des Archipels; Hauptexporte sind Wein, Getreide, Branntwein, Barilla (natürliche Soda), Orseille; dann Cochenille, Ziegenhäute, Harze, Honig u. Wachs, Salz u. etwas Seide. Der Handelsverkehr ist am bedeutendsten mit England, wie denn auch vorzugsweise Engländer den Handel auf den C. I. selbst betreiben; von Spanien finden sich jährlich höchstens 18–20 kleine Schiffe ein. Doch scheint sich seit der Erklärung der C. I. zu Freihäfen (1852) der Handel etwas zu heben. Die C. I. bilden eine besondere Provinz des Königreichs Spanien; sie stehen unter einem Generalgouverneur, der zu Santa-Cruz auf Teneriffa residirt, u. zerfallen in 3 Verwaltungs- u. 8 Gerichtsdistricte. Die Einkünfte (4,650,000 Realen) decken die Verwaltungskosten nicht. Die Geistlichkeit steht unter einem Bischof; der Schulunterricht ist sehr vernachlässigt; höhere Schulen gibt es gar nicht. Die Miliz zählt in 8 Bataillonen 11,600 Mann. Über die 7 größeren Inseln Hierro (Ferro), Gomera, Palma, Teneriffa, Canaria, Fuerteventura u. Lancerote s.d. a. Vgl. L. von Buch, Beschreibung der Canarischen Inseln, Berl. 1825, mit Atlas; Mac-Gregor, Die Canarischen Inseln nach ihrem gegenwärtigen Zustande, Hannov. 1831; Parker, Webb u. Berthelot, Hist. naturelle des Isles Canaries, Par. 1836–49, Bd. 1–9, mit Atlas. – Die C. I. wurden im Alterthum Insulae Atlanticae (I. fortunatae, I. Hesperidum), später Planariae u. Canariae genannt; nach Ptolemäos u. Plinius hießen sie: Ombrios (Pluvialia), Junonia, Capraria (Casperia) u. Canaria (Planavia, Nivaria, Convallis). Im 12. Jahrh. landeten Araber (wahrscheinlich auf den östlichen Inseln der Gruppe Fuerteventura u. Lancerote) u. fanden röthliche u. schwarzbraune, langhaarige Leute[625] mit schönen Frauen, die Ackerbau trieben u. gastfrei waren (Guanches); ihre Häuptlinge hießen Menzeys. Nachdem im 13. Jahrh. die Genuesen unter Tedisio Doria u. Ugolino Vivaldi u. 1341 der Florentiner Angiolino del Tegghia wirklich die Inselgruppe gesehen u. besucht hatten, schenkte Papst Clemens VI. 1344 dieselbe dem spanischen Prinzen Ludwig de la Cerda, der jedoch nie in den Besitz derselben kam. 1400 (1402) landete der normannische Baron Jean Bethencourt an den C. J., mit denen ihn Heinrich III. von Castilien belehnt hatte u. zu deren Eroberung ihn derselbe auch unterstützte; er eroberte Ferro u. zwei andere Inseln, aber sein Neffe Marciot de Betyencourt mußte diese Inseln dem Infanten Heinrich von Portugal 1424 überlassen. 1455 besuchte Cadamosto auf dessen Befehl jene Inseln; damals waren die drei bedeutendsten, Canaria, Teneriffa u. Palma, noch nicht unterworfen; erst seit 1478 eroberte sie Fernandez de Lugo für Castilien, aber nicht ohne den kräftigsten Widerstand der Guanches, u. wohl nur durch ein friedliches Übereinkommen wurden die Spanier Herren, denn Lugo gab einem der Häuptlinge seine Tochter in die Ehe. Sieger u. Besiegte verschmolzen zu Einem Volke, doch tritt in Sitten u. Gebräuchen der afrikanische Typus noch sichtbar hervor, wenn auch die Besiegten Christen geworden sind u. ihre Sprache bis auf wenige Spuren vergessen haben; 2) Gruppe meist unbewohnter molukkischer Inseln; bringen Gewürze u. Hölzer.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 625-626.
Lizenz:
Faksimiles:
625 | 626
Kategorien: