Ptolemäos

[672] Ptolemäos. I. Könige. A) Von Ägypten: Die Dynastie der Ptolemäer od. Lagiden begreift die 13 (nach And. 14, 15 od. 16) Könige makedonischer Abstammung, welche nach dem Tode Alexanders des Großen 323 v., Chr., bis zur Unterwerfung Ägyptens durch die Römer 30 v. Chr. über Ägypten regierten, vgl. Champollion-Figeac Annales des Lagides, Par. 1819, 2 Bde.; Lepsius, Zur Kenntniß der Ptolemäergeschichte, Berl. 1853; Roscher, Ptolemäos u. die Handelsstraßen in Centralafrika, Gotha 1857. Sie sind: 1) P. I. Lagi (d. i. des Lagos Sohn) od. Soter (d. i. der Retter, so von den Rhodiern genannt, weil er ihnen gegen Antigonos beigestanden hatte), geb. 366 v. Chr., Sohn des Makedoniers Lagos, od. des Königs Philippos, dessen schwangere Geliebte Arsinoe Lagos geheirathet hatte u. an dessen Ermordung P. selbst Theil gehabt haben soll. Im Persischen Kriege war er Alexanders treuer Gefährte, kämpfte mit bei Issos, bezwang den Bessos, unterwarf Sogdiana, schlug den Poros u. die Kossäer u. wurde vom König u. Heer geliebt u. geehrt. Bei der Vertheilung der eroberten Länder nach Alexanders Tode 323, bekam er Ägypten als Statthalter; er gewann die Ägyptier dadurch, daß er ihre Nationalität u. ihre Religion achtete, wurde 311 factisch Alleinherrscher, vergrößerte sein Reich sehr, nahm 305 den Königstitel an u. st. 283; s. Ägypten (Gesch.) IV. Er ist der Begründer der Gelehrsamkeit in Alexandria u. war vermählt erst mit Eurydike u. nach deren Verstoßung mit Berenike (s.d. 1), welche Letztere ihm P. II., Argäos, Arsinoe u. Philotera[672] gebar. 2) P. II. Philadelphos (der Bruderliebende), Sohn des Vor., geb. 309 auf Kos u. unterrichtet von Zenodotos u. dem Dichter Philetas; er folgte seinem Vater 285 v. Chr. bei dessen Lebzeiten u. machte Eroberungen in den Küstenländern Vorderasiens u. den Kykladen; um Einfluß in Griechenland zu gewinnen, verband er sich mit den Römern; er beförderte. die Handelsunternehmungen seines Volkes nach Äthiopien u. Indien u. begünstigte Wissenschaften u. Poesie; er st. 247; vermählt war er mit seiner Schwester Arsinoe. 3) P. III. Euergetes (d. i. der Wohlthäter), Sohn des Vor., folgte seinem Vater 247; er machte einen siegreichen Zug nach Vorderasien bis an den Indos u. eroberte die Euphratländer; 243 zum Feldherrn des Achäischen Bundes gewählt, kam er in Krieg mit Macedonien, in welchem er die Städte in Karien verlor; er gründete in Äthiopien mehre Colonien zur Erweiterung des Handels, beförderte geographische u. naturwissenschaftliche Unternehmungen u. vermehrte die Alexandrinische Bibliothek (unter ihm kamen die Handschriften der drei großen Tragiker nach Alexandria, welche er gegen ein Unterpfand von 21 Talenten zum Abschreiben aus Athen kommen ließ, dorthin aber blos die Copien schickte u. die 21 Talente fahren ließ); er begünstigte die Juden u. nahm den König Kleomenes von Sparta bei sich auf. Er war vermählt mit Berenike u. st. 222. 4) P. IV. Philopator (d. i. der Vaterliebende, ironisch so genannt, weil er seinen Vater vergiftet haben soll) od. Tryphon (der Schwelger), Sohn des Vor., folgte seinem Vater 222; Kölesyria erhielt er sich nur durch fremde Hülfe, dagegen verlor er 208 Palästina an Antiochos von Syrien; er war Dichter, bekümmerte sich wenig um die Regierung, welche er seine Minister Sosibios u. Agathokles führen ließ, lebte ausschweifend in Liebe u. Wein, war grausam (den Kleomenes, seinen Vater, seine Mutter, seinen Bruder Magas u. seine Gemahlin ließ er ermorden), hart gegen seine Unterthanen (welche daher einen Aufstand machten) u. intolerant gegen die Juden; er war vermählt mit seiner Schwester Berenike II. u. st. 204; er ließ das berühmte Schiff bauen, welches 40 Decke hatte u. 4000 Ruderer, 4000 andere Schiffsleute u. 5000 Soldaten faßte. 5) P. V. Epiphanes, Sohn des Vor., geb. 208 v. Chr., folgte 204 unter der Vormundschaft des Agathokles, dann des Sosibios des Jüngern u. später des Aristomenes, welchen er vergiften ließ, endlich des Polykrates u. Aristonikos; unter ihm ging 199 Phönikien verloren u. brachen mehre Aufstände im Lande aus; während der Vorbereitung zu einem Kriege gegen Syrien st. er 181; er war vermählt mit Kleopatra, Tochter des Königs Antiochos des Großen von Syrien. 6) P. VI. (VII.) Philometor (der Mutterliebende), Sohn des Vor., geb. 187 v. Chr., folgte 181 unter Vormundschaft seiner Mutter Kleopatra, nach deren Tode Eunuchen die Regierung führten u. das Land bedrückten; der Angriffe der Syrer erwehrte er sich nur mit Hülfe der Römer; diese führten ihn auch in sein Reich zurück, als er in einem Streite mit seinem Bruder nach Rom geflohen war; er blieb 146 in einer Schlacht gegen die Syrer unweit Antiochia. Nach Aud. folgte dieser P. als zweiter Sohn des Vor. auf seinen ältern Bruder P. VI. Eupator, der noch im Jahre 181 st., u. war P. VII.; er war vermählt mit seiner Schwester Kleopatra II. 7) P. VII. (IX.) Physkon (der Dicke) od. (wie er sich selbst nennte) Euergetes II. (Wohlthäter), jüngerer Bruder des Vor., wurde 170 dessen Mitregent, mußte aber 165 vor ihm nach Cypern fliehen; nach des Vor. Tode 146 ermordete er nach seiner Rückkehr von Cypern dessen Sohn P. (VIII. Neos od. Philopator II.) u. setzte sich selbst auf den Thron; seine Grausamkeit rief einen Aufstand der Alexandriner hervor, vor denen er zeitweilig (132–127) nach Cypern floh; er st. 117. Er beschäftigte sich mit den Wissenschaften, bes. mit der Kritik u. Erklärung der homerischen Gedichte. Er war vermählt mit seiner Schwester u. Schwägerin Kleopatra II., nach deren Verstoßung mit seiner Nichte Kleopatra III., nahm aber Erstere wieder an u. regierte mit beiden gemeinschaftlich. 8) P. VIII. (X.) Lathyros, Sohn des Vor., Mitregent seiner Mutter Kleopatra III. von 117–81 mit öfterer Unterbrechung, wo er starb; er war erst mit seiner Schwester Kleopatra IV., dann mit Selene vermählt. 9) P. IX. (Xl.) Alexander I., Bruder des Vor., 116 eine Zeitlang bei der Entfernung seines Bruders Mitregent seiner Mutter, wurde 88 vertrieben u. st. bald darauf; seine Gemahlin war seine Schwester Berenike III. 10) P. X. (XII) Alexander II., Stiefsohn u. Gemahl der Berenike III. einer Schwester des Vor., welche 81 Königin wurde; er ließ seine Gemahlin aber sofort ermorden, wurde nach 19tägiger Regierung vertrieben u. ebenfalls ermordet. Mit ihm erlosch die legitime Linie der Ptolemäer. 11) P. XI. (XIII.) Nothos (der Unechte) od. Auletes (der Flötenbläser), ein unechter Sohn von P. VIII., folgte 81; unter ihm begannen die Römer ihre Pläne auf Ägypten immer mehr zu entwickeln; die Ägyptier machten 58 einen Aufstand gegen den römischen Einfluß, weshalb P. Ägypten 3 Jahre verließ u. seine Tochter Berenike IV. einstweilen die Regierung führte, bis ihn die Römer 55 zurückführten. Er war mit Kleopatra V. Tryphäna vermählt u. st. 52. 12) P. XII (XIV.) Dionysos, Sohn des Vor., folgte 52 gemeinschaftlich mit seiner Schwester Kleopatra VI., welche er 49 vertrieb; in Folge davon wurde er mit den Römern in Krieg (Alexandrinischer Krieg) verwickelt u. ertrank 48 im Nil. 13) P. XIII. (XV.) Puer (das Kind), Bruder des Vor., folgte ihm mit seiner Schwester Kleopatra vermählt u. wurde 45 von derselben vergiftet. Er war der letzte Ptolemäer, obgleich Ein. noch den Sohn der Kleopatra von I. Cäsar als P. XIV. (XVI.) nennen. B) Könige von Cypern: 14) P., Sohn des P. Lathyros, regierte zur Zeit des römischen Bürgerkrieges zwischen Marius u. Sulla, s. Cypern (Gesch.). C) König von Epiros: 15) Sohn des Pyrrhos, war Regent während der Abwesenheit seines Vaters in Italien, eroberte 274 v. Chr. Kerkyra u. fiel 272 auf dem Zuge nach dem Peloponnes. D) König von Kyrene: 16) P. Apion, aus dem Hause der Ptolemäer, erhielt 58 v. Chr. Kyrene u. vermachte es 37 v. Chr. den Römern. E) König von Macedonien: 17) P. Alorites (aus Aloros), ein natürlicher Sohn des Amyntas II. u. Gemahl seiner Schwester Euryone. Sein erster Versuch Alexander II., dem rechtmäßigen Erben des makedonischen Thrones, die Krone zu entreißen, wurde ihm durch den Thebaner Pelopidas vereitelt; aber 367 v. Chr. gelang es ihm, allein 365 wurde er von Perdikkas III., Alexanders[673] II. Bruder, ermordet, s. Makedonien (Gesch.). 18) P. Keraunos, der älteste Sohn des P. Lagi u. der Eurydike; von der Thronfolge in Ägypten ausgeschlossen u. von seiner Stiefmutter Berenike angefeindet, floh er nach Thrakien zu Lysimachos, dann zu Seleukos nach Syrien, welcher es unternahm, ihn in sein väterliches Reich einzusetzen, aber P. ermordete ihn u. machte sich 281 v. Chr. zum König von Makedonien; er wurde 280 ermordet, s. ebd. F) König von Mauritanien: 19) P., Sohn Jubas II. u. der Kleopatra, einer Tochter der Kleopatra V. von Ägypten, u. des Antonius, st. 42 v. Chr. nach kurzer Regierung, s. Mauritanien (Gesch.).

II. Gelehrte. 20) Sohn des Aristonikos, griechischer Grammatiker, welcher bes. über Homer schrieb. 21) P. Askalon, griech. Grammatiker des 1. Jahrh., schr. eine homerische Prosodie (verloren) u. Περὶ διαφϑορᾶς λέξεων. 22) Claudius P., griechischer Mathematiker, vermuthlich aus Ptolemais; lebte in der Mitte des 2. Jahrh. n.Chr. in Alexandrien. Als Astronom hat er das Verdienst, die ganze Himmelskugel in seiner Behandlung der Fixsterne umfaßt u. viele bis dahin verbreitete u. angenommene Unrichtigkeiten über die Bewegung der Sterne verbessert zu haben (s. Ptolemäisches System); er verfertigte zuerst geometrische Landkarten, deren Richtigkeit aber hinsichtlich der Gradbestimmungen nicht verbürgt ist, weil er selbst nie eine Reise gemacht hat. Hauptwerk: Μεγάλ η σύνταξις τῆς ἀστρονομίας, in 13 Büchern, Basel 1538, Fol., mit. Commentar des Alexandriners Theon, von Halma, Par. 1814, 2 Bde.; auch Nik. Kabasias u. Pappos schrieben im Alterthume Erklärungen darüber. Ins Arabische wurde es im 9. Jahrh. von Alhazen u. Sergius übersetzt u. erhielt den verstümmelten Namen Almagest; das Original kannte man gar nicht mehr, u. gegen 1230 ließ Kaiser Friedrich II. eine lateinische Übersetzung von Georg von Trapezunt anfertigen, Vened. 1527, Bas. 1541, 1551, deutsch nur die 4 ersten Capitel des 7. Buchs von I. E. Bode, Berl. 1705, mit griechischem Texte u. französischer Übersetzung von Halma, Par. 1813–28, 4 Bde.; ferner: Γεωγραφικὴ ὑφήγησις, 8 Bücher (die vornehmste Quelle zur Kenntniß der alten Geographie) zuerst lateinisch von Pirkheimer, 1462, Fol., griechisch zuerst Basel 1533; von Michael Servet, Leyd. 1535, Fol.; Par. 1546; von Gerh. Mercator u. P. Bertis, Frankf. 1605, von P. Montanus 1618 f., 2 Bde.; von Wilberg u. Grashof, Essen 1832–44, 4 Bde.; von Nobbe, Lpz. 1843 ff., 3 Bde. (deutsch von Georgi, Stuttg. 1838); Τετράβιβλοςσύνταξιςμα-ϑηματική (astrologischen Inhalts), von Camerarius, Nürnb. 1535; von Melanchthon, Bas. 1553; Κανὼν βασιλειῶν (der übrige Theil der Πρόχειροι κανόνες) herausgeg. von Halma, Par. 1819, auch in Calvisius Isag. chron., S. 97 ff.; Petavius, Ration. temp., Lond. 1620, in H. Dodwells Dissertat. Cyprian, Oxford 1684, Brem. 1690, Fol., Amsterd. 1700, Fol.; Ἁρμονικά, über Musik, herausgeg. von Wallis, Oxf. 1682; u. noch mehre astronomische Schriften. 23) P. Chennos, Grammatiker aus Alexandria, lebte in der Zeit von Nero bis Nerva u. schr.: Περὶ τῆς εἰς πολυμαϑίαν καινῆς ἱστορίας (eine Sammlung von mythischen u. historischen Sagen), Auszüge davon bei Photios, Bruchstücke in Gales Histor. poet. scriptor. antiq., Par. 1675, auch mit Konon u. Parthenios herausgeg. von L. H. Teucher, Lpz. 1794 (2. Ausg. 1802);vgl. R. Hercher, Über die Glaubwürdigkeit der Neuen Geschichte des P. Ch., Lpz. 1856; er schr. auch ein historisches Drama. 24) P. Mendesios, Priester in Mendes, von ungewissem Zeitalter; schrieb Χρόνοι (die Zeitfolge u. Thaten der ägyptischen Könige). 25) P. Epithetes, griechischer Grammatiker aus der Schule des Aristarchos; schr. einen Commentar zur Odyssee. 26) Gnostiker, Schüler Valentins u. mit Herakleon zur Italiotischen Schule gehörend, welche im Gegensatz zu der Anatolischen Schule Jesu einen psychischen, bei der Taufe mit dem Geiste begabten Leib beilegten; in der Äonenlehre wich er in mehren Punkten wesentlich ab; in einem, bei Epiphanios erhaltenen Briefe an Flora handelt er von der gnostischen Auffassung des A. T. u. unterscheidet im Mosaischen Gesetz das von dem gesetzgebenden Gott (dem gerechten Demiurgen) herrührende Gesetz, die Zuthaten des Moses u. die Tradition; vgl. Stieren, De Ptolemaei ad Floram epistola, Jena 1843.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 672-674.
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