Drache [2]

[285] Drache (v. gr. Drakon, Ant. u. Sittengesch.), eigentlich große Schlange, die aber schon bei Homer fabelhaftes Thier ist u. ungeheuer groß, geringelt, mit furchtbarem Blick, dunkel-, auch regenbogenfarbig, ja dreiköpfig erscheint. Später wurde der D. Ungeheuer mit zwei Füßen, Schlangenschwanze, zwei Fledermausflügeln, häßlichem Kopfe, auch mit mehreren Köpfen. Er war bei den Griechen der Artemis, dem Bakchos u. dem Ares geheiligt; der Luftwagen der Medea u. der Wagen der die Persephone suchenden Demeter wurde von D-n gezogen. Mythisch merkwürdige D-n sind: der Hesperische D. (s. Ladon 2) u. Drache [Astron.]); der Kastalische D. (s. Delphyne u. Delphi) u. der Kolchische D.; Letzter, erzeugt von Typhon u. Echidna, bewachte das goldene Vließ in Kolchis u. wurde von Jason mit Hülfe der Medea getödtet (s.u. Argonautenzug). Später werden mehrere große Schlangen als D. aufgeführt, so 270–80 Fuß lange in Etrurien, eine erlegte Regulus zu Carthago durch Ballisten u. schickte deren Haut nach Rom. Merkwürdig ist auch der in Pseudo-Kallisthenes unter Alexander d. Gr. vorkommende D. Odontotyrannus, ein in Sümpfen lebendes Thier, das einen Elephanten auf einmal verschlang; auch in den Sagen des Mittelalters kommen D-n oft vor, so in den Sagen vom Hörnern Siegfried, im Heldenbuch u. Nibelungenlied, in Doolin von Mainz, der D., welcher 1345 Rhodos verheerte u. vom Ritter Gozon erschlagen wurde (Stoff zu Schillers Kampf mit dem D.). Der D. als Schlange kommt bes. als militärisches Zeichen fast bei allen Völkern des Alterthums vor, so bei den Griechen u. Römern (wo ihn nach Hadrian die Cohorten als Feldzeichen bekamen, woher die Fahnenträger Draconarii hießen); so beiden Skandinaviern u. Germanen als Feldzeichen auf Fahnen u. Fahnenwagen bis in das 13. Jahrh. u. als Einfassungszeichen der Runeninschriften, auch als Verzierung großer Buchstaben in Handschriften vor. Auf einer Stange befestigt bildete der D. auch bei den Indiern die Standarte der Reiterei, u. in China ist der D. das Staats- u. kaiserliche Wappen, auch in Kleider gestickt u. zu architektonischen Zierrathen gebraucht; je nachdem er 5- od. 4zehige Klauen hat, ist er kaiserlicher od. Prinzenattribut. In Japan, wo er mit Füßen, Händen u. 2 Hörnern dargestellt wird, dient er als Fahnenknopf. In der Bibel ist der D. überhaupt der Inbegriff aller Abscheulichkeit, verbunden mit großer Stärke, jeder Verwüster u. Feind alles Guten, bes. wenn es die Mächtigen der Erde sind. In der Heraldik ist der D. im Schilde u. auf dem Helm u. als Schildhalter gebräuchlich; wird mit Fledermansflügeln dargestellt, der Schwanz ist oft mit einer Pfeilspitze versehen u. gewunden, die Zunge ausgestreckt, Schnabel u. Füße sind bewaffnet; hat er keine Flügel, so ist es ein Lindwurm, mit Flügeln, ohne Füße, eine geflügelte Drachenschlange, Er ist bezwungen, wenn er Kopf u. Flügel hängen läßt, u. ein See-D., wenn er einen Fischschwanz hat. Auch werden Theile desselben, bes. Köpfe, gefunden.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 5. Altenburg 1858, S. 285.
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