Spener

[526] Spener, 1) Ph. Jakob, geb. 13. Jan. 1635 zu Rappoltsweiler im Oberelsaß, studirte seit 1651 Theologie in Strasburg, wo er 1654–56 der Führer zweier junger Pfalzgrafen wurde, hielt seit 1659 in Basel, Genf, Freiburg u. Tübingen Vorlesungen, wurde 1663 Freiprediger in Strasburg, wo er seit 1664 ebenfalls Vorlesungen hielt, u. 1666 erster Prediger u. Senior in Frankfurt a. M. Hier begann er, im Gegensatz zu den orthodoxen Streitpredigten, in seinen biblischen Predigten auf das Herz zu wirken u. wahres christliches Leben zu wecken, nahm sich bes. des Jugendunterrichtes an, hielt Katechismusexamina, führte die Confirmation ein, schärfte die Kirchenzucht u. hielt seit 1670 erst in seinem Hause, dann in der Kirche mit Erwachsenen biblische Erbauungsstunden (Collegia pietatis). Er zog sich dadurch viele Gegner zu u. gab, wiewohl wider seinen Willen, Veranlassung zu dem Separatismus (s.d.) der sich für frömmer als Andere Haltenden. Im Jahr 1686 berief ihn der Kurfürst Johann Georg III. als Oberhofprediger u. Mitglied des Consistoriums nach Dresden. Auch hier erregten ihm der Beifall des Publicums u. die Gunst des Kurfürsten, so wie seine Wirksamkeit für das Volksschulwesen viel Neider u. Feinde, namentlich gab seine Begünstigung der Collegia biblica den Grund zur Unzufriedenheit mit ihm. Nachdem er wegen eines am Bußtag 1689 an den Kurfürsten gerichteten Briefes mit beichtväterlichen Ermahnungen auch dessen Gunst verloren hatte, nahm er 1691 einen Ruf als Propst an der St. Nicolaikirche u. Consistorialassessor in Berlin an, wo er seine Wirksamkeit unter fortdauernden Angriffen fortsetzte, auch wesentlichen Theil an der Gründung der Universität Halle hatte u. 5. Febr. 1705 starb. S. war fromm u. geistreich, kein Feind der Philosophie u. nicht unbekannt mit der Welt; sein Streben aber wurde von seinen Gegnern, Deutschmann (welcher ihm in der Klageschrift der theologischen Facultät in Wittenberg 264 Irrthümer gegen die Bibel u. gegen die Symbolischen Bücher aufwies), Carpzov u.a. verkannt u. von seinen Anhängern (Spenerianern) oft falsch verstanden, so daß Letztere die Frömmigkeit zur Frömmelei machten (s. Pietismus). Durch seine Schriften über Heraldik begründete er die wissenschaftliche Behandlung derselben in Deutschland. S. schr.: Pia desideria (worin er auf Verbesserung des damaligen lutherischen Kirchenthums u. Erziehung zu wahrer Frömmigkeit u. Gottesfurcht antrug), 1675 u.ö., neueste Ausg. von Feldner, Dresd. 1845; Von des thätigen Christenthums Nothwendigkeit u. Möglichkeit, Frankf. a. M. 1687; Evangelische Glaubenslehre, ebd. 1688; Theologische Bedenken, Halle 1700–1709, 4 Thle.; Letzte theologische Bedenken, herausgeg. von C. G. von Canstein, ebd. 1711, 3 Thle.; Kleinere Schriften herausgeg. von Steinmetz als Consilia theologica, ebd. 1709, 3 Thle.; Theatrum nobilitatis erropaeae, 1668; Commentarius hist. in insignia domus Saxoniae, 1668; Historia insignium illustrium, 1680; Insignium theoria, 1690. Vgl. Canstein, Leben S-s, herausgeg. von I. Lange, Halle 1740; W. Hoßbach, S. u. seine Zeit, Berl. 1828, 2 Thle., n. A. von Schweder, 1853; Thilo, S. als Katechet, Stuttg. 1841. 2) Jakob Karl, Sohn des Vor., geb. 1684 in Frankfurt a. M., studirte in Helmstädt Theologie u. in Leyden die Rechte, war Professor der Rechte in Halle u. dann in Wittenberg u. st. 1730; er schr.: Hist. Germaniae, Lpz. 1716, 2 Bde.; Notitia Germaniae antiquae, Halle 1717; Deutsches Jus publicum, Frankf. 1723, 7 Bde. (unvollendet). 3) Johann Karl Phil., geb. 1749 in Berlin; Buchhändler daselbst, übernahm auch die von seinem Vater im Verein mit dem Buchhändler Haude auf den Wunsch Friedrichs des Großen unmittelbar nach dessen Regierungsantritt gegründete Spenersche Zeitung (deren erste Nummer am 30. Juni 1740 erschien), übersetzte Stanntons Reise der britischen Gesandtschaft nach China unter Macartney, Cooks erste Erdumsegelung aus dem Englischen, gab mit W. A. Schmidt den Kalender der Musen u. Grazien auf 1795 heraus u. übersetzte von 1772–.1792 fast alle in Berlin aufgeführte italienische Opern; S. st. 1827.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 526.
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