Ziegenhain

[611] Ziegenhain, 1) früher Grafschaf: in Deutschland, kam 1540 an Hessen; 2) dann Provinz in Kurhessen; zwischen Niederhessen, Hersfeld, Fritzlar, Oberhessen u. dem Großherzogthum Hessen, 101/2 QM., 32,000 Ew. (meist Protestanten); jetzt Theil der kurhessischen Provinz Oberhessen; 3) Amt hier, 12,000 Ew.; 4) Stadt hier, an der Schwalm, unweit der Main-Weserbahn (Kassel-Frankfurt a. M., Station Treisa), mit einer Vorstadt (Weichhaus), Schloß (mit dem hessischen Hausarchiv), jetzt Staatsgefängniß, Hospital; 1800 Ew. – Der dritte Sohn des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen u. Hessen, Graf Friedrich, erhielt als seinen Antheil von den Landen seines Vaters ein Stück Land in Hessen, erbaute die Stadt Z. u. nannte sich Graf von Z. (1173), doch residirte weder er, noch seine Nachfolger in Z., sondern in Neukirchen. Ludwig erbaute auch das Städtchen Treisa. Ihm folgte sein Sohn Gottfried I., welcher 1184 in Erfurt starb. Nach ihm regierten seine vier Söhne gemeinschaftlich, doch starben die beiden ältesten, Ludwig u. Berthold, kinderlos, u. die Familie des dritten, Gerlachs, starb auch bald aus, so daß die Nachkommenschaft des vierten, Gottfrieds II., im alleinigen Besitz der Grafschaft blieb. Auf Gottfried II. folgte Gottfried III., u. um 1280 diesem sein Sohn Gottfried IV. der Zänker, welcher mit den Westfalen Krieg führte u. diese 1292 bei Geismar schlug u. 1303 in Z. starb. Er hinterließ drei Söhne, von welchen der zweite, Otto, sich dem geistlichen Stande widmete, die beiden andern aber, Johann u. Engelbert, der Erstere 1358, der Letztere 1342, starben. Auf sie folgte Graf Gottfried V., welcher beim Kaiser Karl IV. in großem Ansehn stand u. mit den Erfurtern, so wie auch mit dem Markgrafen Friedrich von Meißen (1375) in Fehde gerieth. Mit seinem Sohn, Johann dem Starken, erlosch 1450 das Geschlecht der Grafen von Z., u. über den Besitz derselben entstand nun ein Proceß zwischen dem Grafen Adolf von Hohenlohe u. dem Landgrafen Ludwig von Hessen, welcher endlich 1495 auf dem Reichstage zu Worms durch den Kaiser Maximilian I. zu Hessens Gunsten geendigt wurde. Im 16. Jahrh. wurde Z. befestigt; 1760 vertheidigten diese kleine Festung ein braunschweigischer Artillerieoberst u. 800 Mann Hessen, größtentheils Landmiliz, vom 27. Juli bis 10. Aug. gegen 4000 Mann Franzosen tapfer, endlich capitulirte sie; 1761 griff der hessische General von Schlüter Z. an u. war auf dem Punkt es zu erobern, als der Rückzug der alliirten Armee die Hessen zum Rückzug zwang. Jetzt ist Z. geschleift. 5) Dorf im Justizamt Jena des großherzoglich sächsischen Verwaltungsbezirks Weimar II., am Fuße des Hausberges; alte Kirche, Bierbrauerei, Verfertigung der Ziegenhainer (knotige Stöcke aus Corneliuskirschbaum, leicht gebrannt, u. daher braun- u. schwarzfleckig erscheinend); 320 Ew.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 19. Altenburg 1865, S. 611.
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