Palästina

[385] Palästina, bei den Mohammedanern Falesthin, gehört jetzt zur osman. Provinz Syrien (s.d.), deren südl. Theil es ausmacht, und umfaßt die Landstriche, welche nördl. vom Antilibanon (s. Libanon) und den östl. Fortsetzungen desselben, östl. von der syr. Wüste, südl. von Arabien, westl. vom Mittelmeere begrenzt werden und die etwa 450 ! M. Flächenraum einnehmen. Zwei Höhenzüge erstrecken sich vom Antilibanon südl. bis zum todten Meere, hinter welchem sie sich vereinigen, dann südwestl. verbreiten und im Sinaï und Horeb im steinigen Arabien endigen. Von den westl. Bergreihen tritt der Gebirgszug des. Karmel südl. von der Bucht von St.-Jean d'Acre oder Akka gleich einer hohen Warte an die Küste des Meeres, der gegen 3000 F. hohe Thabor (s.d.) aber erhebt sich in der Nähe des Sees Tiberias, welchen der einzige Fluß des Landes, der Jordan (s.d.) durchfließt und sich endlich im todten Meere verliert. Alle übrigen Gewässer sind blos Bäche und führen nicht einmal sämmtlich das ganze Jahr Wasser. Das Land östl. vom Jordan bis zur Wüste bildet einen nördl. breitern Streifen von sehr verschiedener Form des Bodens, der im N. Kreide, Kalk und Basalt, im S. hauptsächlich Sand darbietet und einzelne sehr fruchtbare Landstriche hat. In dem nur gegen S. offenen Thale des Jordan ist es sehr heiß und Dasselbe gilt von dem niedrigen, theils sandigen, theils fruchtbaren Küstensaume am Meere. Zwischen diesem und dem Thale des Jordan liegt eine die Küstengegend durchgängig überragende Landschaft, die überall Kalk- und Kreideboden hat und in ihren gebirgigen Theilen daher zahlreiche Höhlen und schroffe Formen darbietet. Es gehört dazu von N. nach S. das galiläische Hügelland; das tiefer gelegene und vom Kison durchflossene große Thal, Thal oder Ebene Jesreels oder Thal Legionis genannt, welches westl. vom Karmel, östl. vom Gebirge Gilboa begrenzt wird; das Bergland von Samaria, dessen fruchtbare und milde Thäler im S. einen wildern Charakter annehmen und in die Gebirge von Judäa und Idumäa übergehen, welche in die Wüste hineinragen. Begünstigt vom Klima war in alten Zeiten P. nicht blos in den von Natur fruchtbaren Gegenden reich an Feld- und Baumfrüchten, an Wein und Heerden, sondern der Fleiß der Bewohner verstand auch durch künstliche, Bewässerung, sowie durch Aufhäufen von Erde selbst kahle Berge urbar zu machen. Daher erklärt sich, daß diese jetzt beinahe verödete Gegend längere Zeit eine der blühendsten und am dichtesten bevölkerten war.

Unter die frühesten Bewohner von P. sollen auch Riesen gehört haben, als deren letzter zu den Zeiten Mosis der König Og (s.d.) genannt wird. Sie wurden von kanaanitischen Stämmen, Nachkommen der elf Söhne Kanaans, des Sohnes Cham's oder Ham's (zweiten Sohnes von Noah) verdrängt, von denen die Hethiter, Jebusiter, Amoriter, Girgasiter, Heviter, Kanaaniter und Pheresiter abstammten, welche mit dem wahrscheinlich ägypt. Volke der Philister oder Philistäer, das sich an der südwestl. Küste festgesetzt hatte und von dem auch der Name Palästina herkommt, das Land vor der israelit. Besitznahme unter Josua (s.d.) inne hatten. Zwischen ihnen fand Abraham noch Raum für seine Heerden, als er 2200 v. Chr. aus Haran in Mesopotamien in diese, damals Kana an genannten Gegenden einwanderte und durch den Ankauf eines Begräbnißplatzes für seine Familie das Recht begründete, auf welches gestützt die aus Ägypten ausgewanderten Nachkommen Jakob's sich 1450 v. Chr. des Landes bemächtigten. Sie theilten es unter sich nach den zwölf Stämmen ihres Volkes, von denen Juda den größten Theil des Landes zwischen dem todten und Mittelmeere, Simeon den seinen an der südl. Grenze, Benjamin nördl. von Juda und am Jordan, Dan am Meere erhielt. Nördl. von diesen wohnten der Stamm Ephraim und die Hälfte des Stammes Manasse, auf den immer noch westl. vom Jordan die Stämme Isaschar, Ascher, Naphthali und Sebulon folgten. Östl. vom Jordan in der Landschaft Peräa war der nördl. Theil im Besitz der andern Hälfte des Stammes Manasse und die Gegend zwischen dem See Genezareth und todten Meere unter die Stämme Gad und Ruben getheilt. Dem Stamme Levi ward kein besonderer Stammtheil angewiesen, sondern man gab ihm 48 Levitenstädte in den Antheilen der andern zu Wohnorten. (S. Leviten.) Zu Christi Zeit wurde P., welches von den Juden die Namen des Landes Israels, Jehovahs, der Verheißung, des jüdischen und des gelobten Landes, später auch Judäa erhielt, in vier Provinzen getheilt. Diese waren: Galiläa oder der nördl. und fruchtbarste Theil westl. vom Jordan und von den Stämmen Asser, Naphthali, Sebulon und zum Theil Isaschar bewohnt. Hier lagen die Städte Tiberias (jetzt Tabarje), längere Zeit Hauptstadt von Galiläa und nach der Zerstörung von Jerusalem berühmt als Sitz der jüdischen Gelehrsamkeit, sowie mit Saphet, Jerusalem und Hebron eine der vier h. Städte des Talmud; Akka am Meere (St.-Jean d'Acre); Bethsaida [385] am See Genezareth und Geburtsort der Apostel Petrus, Andreas und Philippus; Gath-Hepher, der Geburtsort des Propheten Jonas, dessen Grab in einer Moschee gezeigt wird; Nazareth (s.d.) und zwei Stunden davon das aus dem N. T. bekannte Kana, wo das Haus noch gezeigt wird, in welchem das Wunder der Verwandlung von Wasser in Wein durch Jesum geschehen sein soll; Kapernaum, Christi vorzüglichster Aufenthalt; das schon erwähnte Saphet, jetzt Szassad; Sapphoris (jetzt Safuri), nach der Legende Wohnort von Joachim und Anna, der Ältern der Maria. Die Juden in Galiläa wurden von den übrigen verächtlich behandelt, daher auch Nathanael (Joh. 1,46) in Bezug auf Jesum fragt: »Was kann aus Nazareth Gutes kommen?« 2) Samaria, die kleinste der vier Landschaften, bergig, aber gut bewässert und fruchtbar, lag zwischen Galiläa, dem Jordan und Judäa, von dem es ein schmaler Streifen auch westl. gegen das Meer begrenzte, und war ursprünglich vom Stamme Ephraim, dem halben Stamme Manasse und einem Theile von Isaschar bewohnt. Hier lagen Bethel, wo Jakob die Himmelsleiter sah, Jesreel, Samaria (Sebaste), Sichem (jetzt Nablus), in dessen Nähe Christi Unterredung mit der Samariterin sich ereignete. 3) Judäa, südl. von Samaria zwischen dem Meere, dem Jordan und der Wüste, wo die Hafenstadt Joppe, jetzt Jaffa, außerdem Jerusalem (s.d.), Hebron, jetzt Galill el Raman, und noch durch das angebliche Grab Abraham's und der Sarah in einer Grotte der dortigen großen Moschee berühmt, ferner Bethlehem (s.d.), Rama, der Wohn- und Geburtsort Samuel's, Jericho (s.d.) und die fünf Städte der Philister: Askalon, Asdod, Ekron, Gath und Gaza lagen. 4) Peräa, Alles zunächst östl. vom Jordan gelegene und des Anbaues noch fähige Land. – In den Artikeln Hebräer, Jerusalem und Juden ist bereits von der frühern Geschichte P.'s die Rede gewesen, das bei der Theilung des röm. Reichs 395 n. Chr. dem morgenländ. Kaiserthume zufiel. Von 636 an ward es durch den Khalifen Omar der Bot, mäßigkeit der Sarazenen unterworfen, welche erst durch die Kreuzzüge wieder vertrieben wurden, in Folge deren 1099 ein christliches Königreich Jerusalem hier entstand. Im J. 1291 verloren aber die Christen ihren letzten festen Platz St.-Jean d'Acre an den Sultan von Ägypten, von welchem Lande P. abhängig blieb, bis es 1507 unter osman. Herrschaft kam. Dem Namen nach gehört es auch noch zum osman. Reiche, obgleich es seit 1832 mit ganz Syrien (s.d.) auf gewaltsame Weise unter die Herrschaft des Vicekönigs von Ägypten Mohammed Ali (s.d.) gekommen ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 385-386.
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