Schwefel

Schwefel

[131] Schwefel (der) ist ein chemisch einfacher Stoff, welcher sehr häufig theils gediegen, theils in Verbindung mit andern Stoffen vorkommt.

In den vulkanischen Gegenden kommt er vorzugsweise gediegen vor, in den Kiesen (Schwefelkies, Kupferkies) mit Metallen verbunden. Außerdem findet man ihn im Wasser mancher Quellen, z.B. bei Aachen, in einigen Pflanzen, wie Senf, Knoblauch und Zwiebeln, in einigen thierischen Substanzen, z.B. im Eiweiß. Zum Gebrauch wird der gediegene Schwefel gereinigt, der mit andern Stoffen verbundene abgeschieden. Man bedient sich hierbei im Allgemeinen des Schmelz- und Destillationsprocesses. Besonders vieler und ausgezeichneter Schwefel wird in Sicilien gewonnen. Hier reinigt man ihn, wie die Abbildung erläutert, auf eigens eingerichteten Schmelzöfen. Der Berg, in welchem der Schwefel vorkommt, wird gesprengt und die abgesprengten Steine werden auf die Öfen gebracht, welche Ähnlichkeit mit großen Kesseln haben und 6–7 F. im Durchmesser halten bei einer Tiefe von 4–5 F. An der Vorderseite haben sie eine vorläufig mit Lehm verschlossene Öffnung. Rings um den Rand des Ofens werden die Steine so geschichtet, daß sie sich nach oben allmälig zu einer Art. von Kuppel zusammenschließen, welche oben eine kleine Öffnung hat. Man wirst nun noch kleinere [131] Steine und Schwefelstaub auf und bedeckt endlich die so hergestellte Pyramide mit Stroh und am Fuße mit einem etwa 8 Zoll breiten Rasengürtel. Das Stroh wird angezündet, bringt allmälig die ganze Masse der Schwefelsteine in Flammen und während dessen läuft der größte Theil des schmelzenden Schwefels nach unten in die Höhlung des Ofens. In etwa 8 Stunden ist der Proceß beendet, man stößt die mit Thon verschlossene Öffnung des Ofens auf und läßt den Schwefel in hölzerne, angefeuchtete Gefäße laufen, in denen er nach 15 Minuten erstarrt ist. Die hier abgebildete Gegend liegt in der Nähe der Stadt Catolica. In andern Ländern bedient man sich etwas abweichender Verfassungsarten. Im Handel kommt der Schwefel gewöhnlich in Stangen von 1/2 bis zu 2 Zoll Dicke vor, der sogenannte Stangenschwefel. Um ihn in der Medicin innerlich anzuwenden, muß man dem Schwefel einen noch höhern Grad von Reinheit geben, welches durch Sublimation geschieht. So erhält man die Schwefelblumen oder den sublimirten Schwefel. – Der reine Schwefel ist bei gewöhnlicher Temperatur fest, durchsichtig, durchscheinend oder undurchsichtig, hellgelb, spröde und zerbrechlich. Wenn man ein Stück Schwefel in die Hand nimmt, so knistert es, indem es die Wärme der Hand annimmt, ja zerspringt öfters in Stücken, wird stark elektrisch und verbreitet einen eigenthümlichen Geruch. Sonst ist der Schwefel fast ganz geschmack- und geruchlos. Durch Reiben wird er wie Siegellack elektrisch. Erhitzt man ihn bis 86° R., so schmilzt er zu einer ölartigen Flüssigkeit, erhitzt man ihn noch weiter bis 160° R., so wird er dickflüssig, zäh und braun, und läßt man ihn hierauf sich abkühlen, so wird er erst wieder dünnflüssig, bevor er erstarrt. Man kann ihn indeß eine Zeit lang weich und lederförmig erhalten, wenn man ihn nämlich nach einer längern starken Erhitzung in Wasser gießt, dann wird er erst nach einigen Tagen wieder hart wie gewöhnlich. Man benutzt ihn in jener Gestalt, um Abgüsse von Münzen, Medaillen u.s.w. zu verfertigen. An der Luft verbrennt der Schwefel mit blaßblauer Flamme, wobei sich ein erstickendes Gas, das schwefligsaure Gas, bildet. Bei 252° R. kocht der Schwefel und verflüchtigt sich als orangefarbener Dampf, welcher sich beim schnellen Erkalten an kalte Körper in Gestalt zarter Krystalle ansetzt, die Schwefelblumen. Man benutzt den Schwefel zur Herstellung der Schwefelfäden und Schwefelhölzchen, zur Erzeugung der schwefligen Säure, mit welcher man Wolle und Seide reinigt (durch Schwefelung), zur Fabrikation des Schießpulvers, der Schwefelsäure, des Zinnobers, zu Kitt, in der Medicin innerlich und äußerlich und zu Schwefeldampfbädern. Schweselbäder für an Hautausschlägen, Gicht, Rheumatismus, Hämorrhoiden u.s.w. Leidende gewähren die natürlichen Schwefelquellen, oder wenn man diese nicht haben kann, Wasserbäder mit Schwefel gemischt. – Schwefelleber nennt man ein Gemenge aus Schwefelkalium, schwefelsaurem Kali und kohlensaurem Kali, das sich bildet, wenn ein Theil Schwefel mit zwei Theilen kohlensaurem Kali zusammenschmilzt. Man wendet die Schwefelleber in der Medicin an und zur Herstellung der Schwefelmilch. Wenn man nämlich Schwefelleber in Wasser auflöst und die Lösung mit verbundener Schwefelsäure niederschlägt, dann erhält man den Schwefel als ein zartes Pulver von graulichweißer, etwas ins Gelbe gehender Farbe, das sich bei geringer Erhitzung in gewöhnlichen Schwefel umwandelt. Man wendet die Schwefelmilch auch in der Medicin an. – Es ist eine selten beobachtete, aber, wie es scheint, unleugbare Thatsache, daß zuweilen Schwefel aus [132] der Atmosphäre als Schwefelregen herabgefallen ist, z.B. 1646 zu Kopenhagen, 1801 bei Rastadt und 1816 zu Magdeburg. Gewiß ist aber auch, daß man sich häufig getäuscht hat, indem man andere aus der Atmosphäre mit dem Regen herabgefallene Substanzen, z.B. Blütenstaub von Bäumen, für Schwefel gehalten hat.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 131-133.
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