Paulus [2]

[518] Paulus, 1) Heinrich Eberhard Gottlob, Haupt des theologischen Rationalismus, geb. 1. Sept. 1761 in Leonberg, gest. 10. Aug. 1851 in Heidelberg, widmete sich auf einer wissenschaftlichen Reise durch Deutschland, Holland, England und Frankreich dem Studium der orientalischen Sprachen, ward 1789 Professor derselben in Jena und 1793 ordentlicher Professor der Theologie. 1803 ging er in gleicher Eigenschaft nach Würzburg. 1807 kam er als Schulrat nach Bamberg, 1808 nach Nürnberg, 1810 nach Ansbach und folgte 1811 einem Ruf als Professor nach Heidelberg, wo er 1844 in den Ruhestand trat. Seine theologische Richtung war eine ausgeprägt verstandesmäßige, seine ganze Art, die Dinge zu betrachten und zu beurteilen, mehr juristisch als religiös. Unter seinen zahlreichen Schriften sind heute noch bekannt: »Neues Repertorium für biblische und morgenländische Literatur« (Jena 1790–91, 3 Bde.); »Clavis über die Psalmen« (2. Aufl., Heidelb. 1815); »Philologisch-kritischer und historischer Kommentar über das Neue Testament« (2. Aufl., Leipz. 1804–08, 4 Tle.);. »Sophronizon, oder unparteiische, freimütige Beiträge zur neuern Geschichte, Gesetzgebung und Statistik der Staaten und Kirchen« (Heidelb. 1819–31, 13 Bde.); »Der Denkgläubige, theologische Jahresschrift« (das. 1825–29); »Das Leben Jesu« (das. 1828, 2 Bde.); »Exegetisches Handbuch über die drei ersten Evangelien« (das. 1830–33, 3 Tle.; neue Ausg. 1841–42); »Neuer Sophronizon« (Darmst. 1841–42, 3 Bde.); »Die endlich offenbar gewordene positive Philosophie der Offenbarung« (das. 1843). Vgl. P.' »Skizzen aus meiner Bildungs- und Lebensgeschichte« (Heidelb. 1839); v. Reichlin-Meldegg, P. und seine Zeit (Stuttg. 1853, 2 Bde.). – Seine Gattin Karoline P., geb. 14. Dez. 1767 in Schorndorf, gest. 11. März 1844 in Heidelberg, machte sich (unter dem Pseudonym Eleutheria Holberg) durch eine Anzahl von Romanen, wie »Wilhelm Dümond« (Lüb. 1808), »Adolf und Virginie« (Nürnb. 1811), »Erzählungen« (Heidelb. 1823) etc., einen Namen.

2) Eduard, Schriftsteller, geb. 16. Okt. 1837 in [518] Stuttgart als Sohn des durch seine Arbeiten über römische Altertümer bekannten Finanzrats Eduard P., studierte Architektur und Kunstgeschichte, bereiste wiederholt Italien und Deutschland, war bis 1902 Mitarbeiter an der umfangreichen »Beschreibung des Königreichs Württemberg« und lebt als Oberstudienrat in Stuttgart. P. gehört zu den begabtesten Pflegern des humoristischen Reisebildes. Er veröffentlichte: »Bilder aus Italien« (Stuttg. 1866, 3. Aufl. 1878), »Bilder aus Deutschland« (das. 1873), »Ein Ausflug nach Rom« (1870), »Die Cistercienserabtei Maulbronn« (1873–79, mit Tafeln; 3. Aufl. 1889), »Bilder aus Kunst und Altertum in Deutschland« (1883), »Ludwig Uhland und seine Heimat Tübingen« (2. Aufl. 1887), »Die Cistercienserabtei Bebenhausen« (1887, mit 20 Tafeln), das noch nicht abgeschlossene Werk »Die Kunst- und Altertumsdenkmale im Königreich Württemberg« (1889 ff.), wie er auch den Text zu dem Prachtwerk »Aus dem Schwabenland« (1877), dem kleinern: »Aus Schwaben« (1887), beide mit Bildern von R. Stieler, und einen Teil von dem Texte des Prachtwerkes »Italien« (2. Aufl. 1879) geschrieben hat. Als lyrischer Dichter trat er mit »Liedern« (Stuttg. 1877), »Liedern und Humoresken« (1880), den Sonetten »Stimmen aus der Wüste« (1886) hervor, die als »Gesammelte Dichtungen« (1892) erschienen. Es folgten: »Der neue Merlin, Gedicht aus dem nächsten Jahrhundert« (1888), »Helgi, ein Sang aus der Edda« (1896), »Arabesken« (1897), »Der Alte vom Hohen-Neuffen«, Berglieder (1900), »Drei Künstlerleben. Tilmann Riemenschneider. Erwin von Steinbach. Michelangelo«, Dichtungen (1900), »Heimatkunst«, neue Lieder und Elegien (1902), »Wolkenschatten«, neue Lieder und Sonette (1904), sämtlich in Stuttgart erschienen; außerdem »Aus Orient und Occident«, kulturhistorische Märchen (Glogau 1901).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 518-519.
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