Wartenberg [2]

[391] Wartenberg, 1) Franz Wilhelm, Graf von, Bischof von Osnabrück und Regensburg, geb. 1. März 1593 in München, gest. 1. Dez. 1661 in Regensburg, der Sohn des Herzogs Wilhelm von Bayern aus morganatischer Ehe, von Jesuiten erzogen, wurde 1621 Minister des Kurfürsten Ferdinand von Köln, 1625 Bischof von Osnabrück und sorgte bestens für die geistliche und weltliche Regierung des verwahrlosten Landes. Vom Kaiser mit der Durchführung des Restitutionsedikts im niedersächsischen Kreise beauftragt, gewann W. die Stifter Bremen und Verden dem Katholizismus zurück, wurde 1630 Bischof von Verden, 1631 auch von Minden und vertrat den Kurfürsten von Köln beim Friedenskongreß in Münster. Durch die Erfolge der Schweden an der Ausübung der Regierungsgewalt in seinen drei Stiftern verhindert, verlor er im Westfälischen Frieden Verden und Minden, erwarb aber dafür 1649 das Bistum Regensburg, wo er seit 1641 Koadjutor war. W. sorgte besonders für bessere Bildung der Geistlichen, war vielfach diplomatisch tätig und wurde kurz vor seinem Tode Kardinal. Vgl. »Politische Korrespondenz des Grafen Franz Wilhelm von W., Bischofs von Osnabrück, 1621 bis 1631« (hrsg. von Forst, Leipz. 1897). – Das Geschlecht der Grafen von W. (nach dem Schlosse W. bei Freising), das der Bruder des Franz Wilhelm fortsetzte, erlosch 1736; mit dem Geschlechte der »Kolbe von Wartenberg« steht es in keiner Beziehung.

2) Johann Kasimir von Kolbe, Reichsgraf von, preuß. Minister, geb. 6. Febr. 1643 in der Wetterau, gest. 4. Juni 1712 in Frankfurt a. M., stammte aus reichsritterlichem Geschlecht, war Oberstallmeister des Pfalzgrafen von Simmern, trat 1688 in den Dienst des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, dessen Gunst er erwarb, ward 1696 Oberstallmeister und Oberkämmerer und nach Danckelmanns Sturz Minister und Vorsitzender der General-Ökonomiedirektion. 1699 Reichsgraf, 1700 Generalerbpostmeister, 1701 Marschall von Preußen und Kanzler des Schwarzen Adlerordens sowie Premierminister geworden, bezog W. schließlich über 100,000 Tlr. Gehalt, bereicherte sich außerdem durch Schenkungen des Kurfürsten und Unterschlagungen und brachte durch seine liederliche Verwaltung die Finanzen in Verwirrung. Mit seinen Helfern, dem Oberhofmarschall Graf Wittgenstein und dem Generalfeldmarschall Graf Wartensleben, war er daher beim Volke verhaßt. Der König Friedrich schützte ihn lange und nahm seine Frau, die Tochter eines Weinhändlers Rickers in Emmerich, zur offiziellen Mätresse an. Erst 1711 entließ ihn der König mit 24,000 Tlr. Pension. Seine Frau starb, nach einem ausschweifenden Leben in Paris, 1734 im Haag. Das Geschlecht der Reichsgrafen Kolbe von W., das seit 1707 die unmittelbare Grafschaft W. besaß, erlosch 1772 mit dem Sohne des Johann Kasimir.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 391.
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