Zenon

[888] Zenon (Zeno), 1) Kaiser des oströmischen Reiches, 474–491 n. Chr., stammte aus Isaurien (daher sein Beiname Isauricus), wurde vom Kaiser Leo I. zu den höchsten Ehrenstellen erhoben und mit dessen Tochter Ariadne vermählt. Nach Leos Tod (474) folgte diesem zunächst sein gleichnamiger Enkel, der Sohn Zenons und der Ariadne. Als aber dieser nach wenigen Monaten starb (nicht ohne Verdacht der Vergiftung durch seinen Vater), bemächtigte sich Z. selbst der Herrschaft. Er wurde zwar 475 durch Basiliskos, den Bruder seiner Schwiegermutter, aus Konstantinopel vertrieben; es gelang ihm jedoch 477, sich wieder in den Besitz der Herrschaft zu setzen und auch andre Aufstände, namentlich den des mächtigen isaurischen Häuptlings Illus, zu unterdrücken. Durch ihn und seine isaurischen Landsleute wurde der bisher allmächtige Einfluß der germanischen Heerführer gebrochen und so das oströmische Reich vor dem Schick sal des weströmischen bewahrt. Er beförderte den Abzug der Ostgoten unter Theoderich (488) von Pannonien nach Italien und versuchte vergeblich, den kirchlichen (monophysitischen) Streitigkeiten durch das Henotikon von 482 ein Ende zu machen.

2) Eleates, griech. Philosoph um 500 v. Chr., aus Elea in Unteritalien, Schüler des Parmenides, kam mit diesem zu den Panathenäen nach Athen. Nach einem verunglückten Versuch, Elea von dem Tyrannen Nearchos zu befreien, soll er sich selbst die Zunge abgebissen haben, um nicht seine Genossen zu verraten, und in einem Mörser zerstampft worden sein. Von seiner in Prosa abgefaßten Schrift, die darauf ausging, die Wahrheit der Eleatischen Alleinslehre (apagogisch) dadurch zu erweisen, daß sie zeigte. daß die entgegengesetzte Annahme der Bewegung, der Wahrheit der Sinneswahrnehmung, der Vielheit und Teilbarkeit der Dinge auf undenkbare Widersprüche führe, sind nur Fragmente erhalten. Unter seinen Beweisen sind am berühmtesten die für die Unmöglichkeit der Bewegung und unter diesen selbst der sogen. Achilleus, der darauf hinausläuft, daß der größte Schnelläufer eine Schildkröte nicht einholen könne, weil sie, sobald er den Ort betrete, den sie vorher eingenommen, nicht mehr an diesem sei, und der weitere, daß der fliegende Pfeil ruhe, weil er in jedem Augenblick nur an einem Orte sei, also immerfort ruhe und sich so nicht nach seinem Ziele hin bewegen könne. Vgl. Wellmann, Zenons Beweise gegen die Bewegung und ihre Widerlegungen (Frankf. a. O. 1870); Dunan, Les arguments de Zénon d'Élée contre le mouvement (Par. 1884); Frontera, Étude sur les arguments de Zénon d'Élée contre le mouvement (das. 1891).

3) Z. der Stoiker, griech. Philosoph, der Stifter der stoischen Schule, gebürtig aus Kittion auf Cypern,[888] lebte wahrscheinlich von 336–264 v. Chr. Der Sohn eines Kaufmanns, widmete er sich vom 22. Lebensjahr an in Athen ausschließlich zuerst als Schüler des Kynikers Krates, dann des Megarikers Stilpon, endlich der ältern Akademiker, der Philosophie, lehrte unter großem Zulauf in der Stoa poikile (mit Gemälden geschmückte Säulenhalle), weshalb seine Schüler Stoiker hießen, und machte seinem Leben freiwillig ein Ende. Die Inschrift auf seinem Denkmal, die lautete: »Sein Leben war seiner Lehre gleich«, kennzeichnet das Wesen seiner Philosophie, die der Weisheit vor dem Wissen den Vorzug einräumt und letzteres nur als allerdings ausreichendes Mittel zu jener betrachtet. Von seinen ziemlich zahlreichen Schriften haben wir nur noch Fragmente; gesammelt von Wachsmuth, Commentationes I et II de Zenone Citiensi et Cleanthe Assio (Götting. 1874), von Pearson, Fragments of Zeno et Cleanthes (Cambridge 1889) und von v. Arnim, Stoicorum veterum fragmenta, Bd. 1: Zeno et Zenonis discipuli (Leipz. 1905). In seiner Lehre verband er Hauptsätze der kynischen Ethik mit heraklitischer Physik und vielfachen aristotelischen Lehren zu einem abgerundeten, ziemlich konsequent durchgeführten System, das jedenfalls die Grundzüge der von Spätern, namentlich von Kleanthes und Chrysippos weiter ausgebildeten stoischen Philosophie enthält. Manche seiner derbern Anschauungen, die sich unmittelbar an den Kynismus anlehnten, mögen durch Spätere, namentlich durch Chrysippos, verfeinert worden sein. Die Dreiteilung in Ethik, Physik und Logik rührt sicher schon von Z. her, der auch die beiden letztern schon in den Dienst der erstern stellte, wenn er auch der Physik gewissermaßen den Vorrang einräumte. Das naturgemäße Leben stellte er als ethisches Ziel auf, wenn er dies auch bisweilen als Übereinstimmung mit sich selbst gefaßt haben mag. Auch die Lehre von den Affekten und dem affektlosen Wesen, die in der Stoa eine Rolle spielten, gab er schon in den Grundzügen, wie er auch die Tugenden auf die Einsicht zurückführte. Die praktische Richtung, die das Wissen dem Handeln unterordnet, und der moralische Rigorismus, der die Tugend ohne Rücksicht auf die Folgen zum Selbstzweck macht, haben dieser Lehre auch unter den Römern Eingang und in den Besten derselben, Cato, Seneca, Marc Aurel u. a., Freunde und Anhänger gewonnen. Vgl. Weygoldt, Z. von Cittium (Jena 1872); Wellmann, Die Philosophie des Stoikers Z. (1874); Diehl, Zur Ethik des Stoikers Z. von Kittion (Mainz 1877).

4) Z. von Sidon, epikureischer Philosoph, wahrscheinlich geb. um 150 v. Chr., war zu seiner Zeit der bedeutendste der epikureischen Schule und stand dieser vermutlich etwa von 100–78 in Athen vor. 79 hörten Cicero und Atticus bei ihm. Seine Werke sind nicht erhalten. Man nimmt an, daß einiges in der Schrift Cireros »De natura Deorum« sowie manches bei Philodemos über die Induktionsschlüsse auf ihn zurückgehe.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 888-889.
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