Brandschatzung

[202] Brandschatzung, Geldsumme, die bes. sonst dem Feinde im Kriege gezahlt wurde, damit die Bürger einer eroberten Stadt, od. die Einwohner eines besetzten Landstriches beim ungestörten Besitz ihrer Güter blieben. War sie nicht gleich aufzutreiben, so wurden Geiseln mitgenommen od. Executionstruppen geschickt. In Indien gab es nach dem Berichte des Diodoros Sic. keine B. die Landleute betrieben ihre Arbeiten mitten im Kriege ruhig fort. Dagegen war bei den Juden ein sehr hartes System eingeführt; es wurden nach dem von Moses gegebenen Gesetz nicht blos die eroberten Ländereien niedergebrannt, sondern auch die Einwohner vertilgt; nur in den Grenzländern konnte B. erhoben werden u. die Bevölkerung, mit Ausnahme des männlichen Geschlechts, am Leben bleiben. In Griechenland wurden in den ältesten Zeiten die eroberten Lande auch durch Feuer verwüstet, später die B. eingeführt, bis ein Amphiktyonenbeschluß die Zerstörung griechischer Städte verbot. Die Römer verfuhren ähnlich wie die Juden, die ganze Bevölkerung wurde niedergemacht u. das Land verwüstet. Später ward ein milderes Verfahren angewandt, das eroberte Land fiel dem Staate einheim, der Senat gab den Einwohnern einen Theil ihres Eigenthums zurück, legte ihnen aber dafür B. u. Steuern auf, die den Werth der Güter in seine Hände brachte. Dasselbe galt noch in der Kaiserzeit, in der auch bis in späte Zeit die geistlichen Güter nicht verschont blieben, trotz der Bemühungen des Mittelalters, dieselben unter den Gottesfrieden zu stellen. Auch in Deutschland galt es bis in das 15. Jahrh. für Recht, das Gebiet des Feindes mit Feuer zu verwüsten (den rothen Hahn aus das Dach setzen). Aber im Mittelalter kam dieses Verfahren mehr u. mehr ab, da man die Hülfsmittel des eroberten Landes zur Unterhaltung des eigenen Heeres anwandte. Man fing an, sich die Verschonung mit Geld abkaufen zu lassen, u. sengte nur da, wo die Stürmenden nicht zu bändigen waren od. die Zahlung des Lösegeldes nicht erfolgte, zu welchem Ende eigene Offiziere (Brandmeister) mit Brandknechten zum Anzünden der Orte[202] bestellt waren. Im 16. Jahrh. verordnete ein kaiserlicher Befehl dem Reichsheere, feindliche Orte nicht mehr in Brand zu stecken, u. obgleich dies oft nicht befolgt u. noch öfterer B. gefordert wurde, so kam es doch nach u. nach dahin, daß man das absichtliche Niederbrennen von Ortschaften, ohne daß es ein Kriegszweck gebietet, für einen Völkerrechtsbruch, so z.B. die Verbrennung der Pfalz unter Ludwig XIV., hielt. Diese Ansichten haben sich seit dem Siebenjährigen Kriege noch mehr befestigt u. sind selbst in der Erbitterung des Revolutions- u. Befreiungskrieges geltend geblieben, noch mehr aber von den Engländern in Spanien u. Frankreich, u. von den Franzosen 1823 in Spanien, von den Österreichern früher in Neapel, die sämmlich nicht einmal Contribution forderten u. auch wenig Requisitionen machten, ausgebildet worden. Da aber, wo letztere, wie in den anderen neueren Kriegen, noch gefordert werden, hat die B. nur einen anderen Namen bekommen; vgl. Requisitionssystem.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 202-203.
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