Quaestor

[744] Quaestor, 1) (röm. Ant.), eigentlich so v.w. Quaesitor (s.d.); daher zur Zeit der Könige Q. parricidii der Richter, welcher überdas Parricidium (s.d.), sowie auch über andere Arten des Mordes (daher Q. rerum capitalium) entschied. Als 509 v. Chr. die Criminalgerichtsbarkeit an die Comitien überging, fungirte der Q. noch als Ankläger; 2) die höheren Finanzbeamten in Rom; die Quästoren gehörten zu den ordentlichen od. regelmäßigen Magistraten, welche ursprünglich in den Centuriat- u. seit 447 v. Chr. in den Tributcomitien gewählt wurden; bis 421 v. Chr. waren nur Patricier zu der Quästur wählbar, seit jenem Jahre stand dies Amt auch den Plebejern offen. Quästoren gab es schon unter den ersten Königen u. sie wurden mit in die Republik hinübergenommen. Lange Zeit gab es nur zwei Quästoren, seit 421 stieg ihre Zahl auf vier, von denen zwei die Consuln als Kriegszahlmeister (Quaestores militares) in den Krieg begleiteten, welche ihr Zelt (Quaestorium) nebst den Magazinen an einem besondern Orte im Lager (s.d.) hatten; 287 v. Chr. wurden ihrer acht, u. so mehrten sie sich, mit der Zunahme der Provinzen, unter Sulla auf 20, unter Cäsar, 44 v. Chr., auf 40; endlich war die Zahl willkürlich. Das Amt der Quästoren (Quaestura) war ein jähriges; der Candidat mußte wenigstens 27 (nach And. 30) Jahre alt sein; der Amtsantritt erfolgte am 5. Decbr.; während ihrer Amtszeit hatten sie Zutritt in den Senat, nach dem Ende ihrer Verwaltungszeit, worauf sie Quaestorii hießen, die Anwartschaft nächstens in den Senat gewählt zu werden. Von allen Quästoren blieben zwei in Rom (Quaestores urbani, Q. aerarii), wo sie dem im Saturntempel aufbewahrten Staatsschatz (Aerarium) vorstanden u. alle Einnahmen von Staatsgeldern, Steuern der Bürger (Tributum) u. der Provinzialen (Stipendium) u. den Ertrag der verkauften Staatsländereien empfingen, sowie alle von dem Senat ausgeschriebenen Ausgaben leisteten; zugleich besorgten sie die Accorde bei Errichtung öffentlicher Denkmäler u. die Verpflegung der Gesandten. Die anderen begleiteten die Statthalter in die Provinzen (Quaestores provinciales); jeder Statthalter hatte einen, nur der auf Sicilien zwei Quästoren. Die Quästoren trieben in der Provinz alle Abgaben ein (mit Ausnahme der Vectigalia, welche bes. verpachtet waren, s. Publicani) u. bezahlten dagegen das Heer, den Statthalter u. dessen Gefolge. Zu ihrer Unterstützung hatten sie eine Anzahl Secretäre (Quaestorii scribae). Alle Quästoren mußten Rechnung von ihrer Verwaltung ablegen. Unter den Kaisern ging die Oberaufsicht über das Ärar den Quästoren eine Zeit lang verloren, indem diesen Posten der Praefectus aerarii bekam, während sie mit der Bewahrung der Senatsbeschlüsse u. der Aufsicht über den Straßenbau betraut. waren; aber unter Claudius erhielten sie das Ärar wieder u. ihre Amtszeit wurde dreijährig, bis im 3. Jahrh. n.Chr. das Ärar dem Senat entzogen wurde u. in die Hände des Kaisers kam. Die Provinzialquästoren behielten ihren Wirkungskreis bis ins 3. Jahrh., wo an ihre Stelle die Procuratores u. Rationales traten. Neben den Quästoren als Finanzbeamte gab es unter den Kaisern noch 3) Quaestores Caesăris (Q. princĭpis, Candidati principis), welche die Verordnung des Kaisers in dem Senat vorzulesen u. die Expectanz auf höhere Stellen hatten; sie mußten beim Antritt ihres Amtes Festspiele (Quaestorii ludi) geben; 4) Quaestor sacri Palatii,[744] war unter Constantin der Reichskanzler, welcher mit der ganzen Reichsgesetzgebung betraut war u. durch dessen Hand alle Gesuche an den Kaiser gelangten; 5) der Einnehmer der Collegiengelder auf Universitäten; daher Quästur, diese Einnahmestelle; 6) drei Mitglieder einer am 5. Mai 1848 eingesetzten Commission der französischen Nationalversammlung, welche die Oberaufsicht über das Rechnungswesen der Versammlung führten u. über Ordnung u. Sicherheit derselben wachten. Die ersten am 5. Mai 1848 gewählten Quästoren waren die Generale Degousée, Bureaux de Puzy u. Negrier, u. als der Letztere im Junikampfe gefallen war, trat an dessen Stelle General Lebreton. Bei der Neuwahl am 4. Juni 1849 wurden zu Quästoren gewählt General de Panat, Advocat Baze u. später General Le Flô. Am 7. Novbr. 1851 stellte Le Flô im Namen der Quästoren den Antrag (Quästorenantrag): Der Präsident der Nationalversammlung hat das Recht die bewaffnete Macht u. alle Militärbehörden, deren Mitwirkung er für die innere u. äußere Sicherheit der Nationalversammlung für nothwendig hält, aufzubieten. Am 17. Novbr. wurde der Antrag verworfen u. die Commission 2. Decbr. 1851 von dem Präsidenten der Republik aufgelöst.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 744-745.
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