Tetzel

[421] Tetzel (eigentlich Dietze), Johann, Sohn eines Goldschmieds in Leipzig, geb. um 1455, studirte seit 1482 in seiner Vaterstadt Theologie u. Philosophie u. wurde 1487 Baccalaureus der Philosophie, ging aber 1489 in das Dominicanerkloster daselbst. Wegen seiner großen Beredtsamkeit wurde er in dem Jubeljahr 1502 von Rom zum Ablaßprediger verordnet u. zog dann seit 1504–1507 in Brandenburg, Schlesien, Preußen u. Lithauen umher, um Geld zur Unterstützung des Krieges der Schwertbrüder in Livland gegen die Russen zusammenzubringen. Seit 1507 trieb er den Ablaßhandel in Meißen, Thüringen u. der Oberlausitz auf eine bisher noch nicht erhörte unverschämte Weise, so daß ihm der Bischof von Meißen den Handel verbot. Er wendete sich nun nach Süddeutschland, wurde aber dort des Ehebruchs bezichtigt u. zum Tode verurtheilt, jedoch vom Kaiser Maximilian begnadigt u. in Leipzig in seinem Kloster eingesperrt. Als Papst Leo X. einen neuen Ablaß ausschrieb, trat T. als Untercommissär erst in die Dienste des[421] Hauptcommissärs Arcimbold u. entfaltete seit 1516 sein altes Talent in Meißen, Thüringen u. der Mark im Geldaufbringen; 1517 trat er in die Dienste des Erzbischofs Albrecht von Mainz, welcher ihn zugleich zum Ketzerrichter ernannte, u. darauf ertheilte ihm der Papst die Vollmacht in ganz Deutschland Ablaß zu predigen u. zu verkaufen, was er nun mit großem Pomp u. unter ritterlicher Begleitung einherziehend ausführte u. bes. das Mainzische Land u. die Mark Brandenburg ausbeutete. Dabei kam er bis an die sächsische Grenze u. veranlaßte hierdurch Luthers ersten Schritt zur Reformation, denn gegen ihn waren bes. die 95 Thesen gerichtet, welche Luther am 31. Oct. 1517 an die Schloßkirche zu Wittenberg anschlug (s. Reformation). T. war damals in Jüterbogk, wo er Luthers Thesen auf dem Markte verbrannte, u. ging dann nach Frankfurt a. O., wo er Doctor der Theologie wurde u. Thesen für den Ablaß gegen Luther vertheidigte, u. kehrte darauf 1518 nach Leipzig zurück. Als der Papst aber die Nothwendigkeit erkannte die durch das Ablaßpredigen in der Kirche hervorgerufene Aufregung durch andere Mittel zu beschwichtigen, schickte er Karl v. Miltitz als Gesandten nach Deutschland, welcher, als T. auf seine Ladung nach Altenburg 1519 nicht erschien, selbst nach Leipzig ging u. dort T-n wegen seiner Unverschämtheit u. Unsittlichkeit hart betadelte u. mit dem päpstlichen Zorn u. Ausstoßung aus dem Orden bedrohte. Aus Gram darüber starb T. im Juli 1519 im Dominicanerkloster daselbst. Vgl. G. Hecht, Vita lo. Tezelii, Wittenb. 1717; I. F. Mayer, Dissertatio de J. Tezelio, ebd. 1717; Jak. Vogel, Leben des Ablaßpredigers I. T., Lpz. 1727; I. E. Kapp, Schauplatz des Tetzelschen Ablaßkrams, Lpz. 1720; F. G. Hofmann, Lebensbeschreibung von T., Lpz. 1844; Gröne, T. u. Luther, Soest 1853.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 421-422.
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