Ney

[278] Ney (Michel), Fürst von der Moskwa, Herzog von Elchingen, Marschall und Pair von Frankreich, und von Napoleon mit dem Beinamen des »Bravsten der Braven« geehrt, war der Sohn eines Böttchers, in Saarlouis im Moseldepartement 1769 geboren und begann seine glänzende kriegerische Laufbahn frühzeitig als gemeiner Husar. In den Revolutionskriegen konnte es aber nicht fehlen, daß er bei seinem seltenen Muthe und seiner militairischen Umsicht bald befördert wurde. General Kleber, unter dem N. in den Niederlanden und am Rheine focht, ernannte ihn 1794 zum Escadronschef und Generaladjutanten; nach Einnahme der kleinen Festung Forchheim in Franken ward er 1796 Brigadegeneral und commandirte 1797 unter General Hoche ein Corps Husaren, ward aber in der Schlacht bei Diersheim gefangen. Bald ausgewechselt, nahm er das befestigte Manheim, wurde 1798 Divisionsgeneral und nahm an den damaligen Kriegsthaten von Masséna und Moreau in der Schweiz und im südl. Deutschland ausgezeichneten Antheil. Nachdem er 1802 kurze Zeit franz. Gesandter bei der helvetischen Republik gewesen und nachher das Corps im Lager bei Boulogne befehligt hatte, wurde er bei der Thronbesteigung Napoleon's zum Marschall ernannt und erfocht 1805 im Feldzuge gegen Östreich unter andern den Sieg bei Elchingen, von dem er später den Herzogstitel erhielt. Ebenso rühmlich nahm er an den entscheidenden Schlachten des Kriegs zwischen Frankreich und Preußen 1806–7 Theil, führte dann den Befehl über ein franz. Corps in Spanien und Portugal, entzweite sich aber dort mit dem Marschall Masséna, ward daher 1811 zurückgerufen und bekam erst 1812 bei Ausbruch des Krieges mit Rußland wieder das Commando eines Corps. Während dieses Feldzugs verrichtete N. im Glücke wie im Unglücke die glänzendsten Kriegsthaten und verdiente sich den Beinamen des Bravsten der Braven; er hatte namentlich am Siege bei Mosaisk (s.d.) so großen Antheil, daß ihn Napoleon zum Fürsten von der Moskwa ernannte, während des welthistorischen Rückzugs der Franzosen aber bahnte er sich mit den erschöpften Resten seines Corps wiederholt einen Weg mitten durch den Feind. Im J. 1813 organisirte N. die Truppen, welche die Schlachten bei Lützen, wo er den ersten Angriff allein aushielt und verwundet wurde, und bei Bautzen (s.d.) gewannen, worauf er Breslau besetzte. Als er aber zu Anfange Septembers gegen Berlin vordringen wollte, ward er von den Preußen bei Dennewitz zurückgeschlagen; nachher bei Leipzig leicht verwundet, kämpfte N. doch bei Hanau mit, erhielt bei dem auf franz. Boden fortgeführten Kampfe von Napoleon immer die gefährlichsten Aufträge, war aber nach dem Verlust von Paris Derjenige, welcher, von den andern Marschällen beauftragt, den Entschluß des Kaisers zur Abdankung beschleunigen half. Ludwig XVIII. ertheilte ihm hierauf die Pairswürde, das Ludwigskreuz und den Oberbefehl über den wichtigsten Theil der Reiterei, bei Napoleon's Rückkehr von Elba aber das Commando über die gegen denselben zusammengezogenen Truppen, welches N. auch mit den größten Betheuerungen seiner Treue annahm. Die überall im Volke und Heere für Napoleon sich aussprechende Gesinnung ließ es ihm aber für Pflicht gegen das Vaterland halten, sich dem allgemeinen Wunsche anzuschließen. Er befehligte hierauf bei Quatrebras und in der Schlacht bei Waterloo das Centrum, wo er sich persönlich im höchsten Grade allen Gefahren aussetzte, fünf Pferde verlor, dann zu Fuß focht, auch an der Stirn verwundet wurde, aber vergebens den Tod gesucht zu haben scheint. Nach Paris zurückgekehrt, sprach er unverholen aus, daß Alles verloren sei, verbarg sich nach der Rückkehr des Königs und der von ihm erlassenenen Verordnung vom 24. Jul. gegen die Hochverräther, bei einem Freunde in Oberauvergne, ward aber entdeckt und am 5. Aug. verhaftet. Noch hätte er sich mehrmals seinem Geschick durch die Flucht entziehen können, allein das Bewußtsein, nur des Vaterlandes Wohl gewollt zu haben, ließ ihn nichts fürchten. Das wegen ihn gebildete Kriegsgericht erklärte sich indeß am 10. Nov. für incompetent und seine Anklage ward nun der Pairskammer übergeben, die ihn mit 169 gegen 17 Stimmen am 6. Dec. zum Tode verurtheilte. Während der ganzen Verhandlung bewies N. die unerschütterlichste Ruhe und als er am andern Morgen endlich ein. gewilligt hatte, sich von einem Geistlichen zur Richtstätte begleiten zu lassen, nöthigte er ihn mit den Worten in den Wagen: »Steigen Sie nur zuerst ein, droben werde ich doch vor Ihnen ankommen.« Um acht Uhr früh am 7. Dec 1815 ward er im Garten des Luxembourg erschossen und starb sein kühnes Auge frei auf die gegen ihn gerichteten Feuerröhre gerichtet, mit dem feierlichen Ausrufe: »Es lebe FrankreichSeine Büste ward 1830 im Pantheon zu Paris aufgestellt, der Antrag zu einem Nationaldenkmal für ihn aber 1835 von der Deputirtenkammer abgelehnt. – Aus seiner Ehe mit Mademoiselle Auger hinterließ N. vier Söhne, welche anfangs in schwed. Dienste traten, von denen aber der älteste 1828 sich mit der einzigen Tochter des Bankiers Laffitte in Paris vermählte und jetzt beim franz. Kronprinzen, Herzog von Orleans, angestellt ist.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 278.
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