Ney [1]

[868] Ney, 1) Michel, Herzog von Elchingen, Fürst von der Moskwa, geb. 10. Jan. 1769 in [868] Saarlouis, Sohn'eines Böttchers; arbeitete erst im Bureau eines Advocaten, war dann Secretär bei einem Generalprocurator, später Aufseher bei einem Bergwerk in Achenweiler, trat 1787 in ein französisches Husarenregiment, wurde 1792 Offizier, dann Adjutant, machte die Gefechte von Neerwinden, Löwen, Valenciennes u. Grandprez mit, wurde 1794 Capitän u. von Kleber bemerkt, zum Escadronschef u. Adjutanten ernannt, zeichnete sich 1796 bei mehren Gelegenheiten sehr aus u. nahm die kleine Festung Forchheim u. wurde deshalb Brigadegeneral. 1797 übergab ihm General Hoche ein Corps leichter Cavallerie, mit diesem trug er viel zum Siege von Neu-Wied bei, wurde aber bei Diernsdorf gefangen. Nach seiner Auswechselung befehligte er 1799 am Rhein u. nahm hier Manheim durch Überrumpelung. Als Divisionsgeneral trat er unter Massena zur Donauarmee, drang gegen Stuttgart vor, focht bei Laufen, eilte Manheim zu Hülfe u. erhielt das provisorische Commando der Rheinarmee, welches er aber bald Lecourbe übergab. Hierauf stand er 1800 unter Moreau u. zeichnete sich vor u. nach dem Waffenstillstande mehrfach aus, bes. bei Zürich u. Hohenlinden, wo er u. Grouchy hauptsächlich die Schlacht entschieden. 1802 vermählte sich N. mit Demoiselle Auguier, der Freundin von Hortensia Beauharnois, u. wurde von Bonaparte zum Generalinspecteur der Cavallerie ernannt. 1802 vermittelte er als Gesandter bei der Helvetischen Republik den Vertrag vom 19. Febr. Im Oct. 1803 zurückberufen, befehligte er das Armeecorps im Lager bei Boulogne u. wurde 1804, als Napoleon den Kaisertitel annahm, Marschall. Den Feldzug gegen Österreich 1805 begann er mit dem sechsten Corps bei Günzburg, erfocht den 18. Oct. den Sieg von Elchingen (wofür er 1807 den Titel Herzog von Elchingen erhielt), besetzte Tyrol, vertrieb den Erzherzog Johann wieder u. drang bis Kärnten vor; 1806 focht er mit seinem Corps bei Jena u. zwang Magdeburg zur Übergabe; 1807 schlug er sich mit Auszeichnung bei Soldau, Mohrungen, Schmoditen, Gutstadt u. Friedland; 1808 ging er mit seinem Corps nach Spanien, operirte gegen Madrid, verfolgte dann die Engländer, unterwarf Galicien u. Asturien, schlug bei Banos den General Wilson, welcher ihm den Rückzug abschneiden wollte, fiel unter Massena in Portugal ein u. deckte, als dieser sich von da zurückziehen mußte, mit seinem auf 6000 Mann zusammengeschmolzenen Corps die Retirade gegen den sechsfach überlegenen Feind. Auf diesem Rückzuge entzweite er sich mit Massena, u. dieser nahm ihm das Commando. Nach Frankreich zurückgekehrt, wurde N. erst 1812 bei Ausbruch des Krieges gegen Rußland wieder angestellt, erhielt das Commando des dritten Armeecorps, focht bei Smolensk u. hatte wesentlich Theil am Siege bei Mosaisk; dort nannte ihn Napoleon den Braven der Braven u. gab ihm den Titel: Fürst von der Moskwa. Auf dem Rückzuge von Rußland bis auf 1200 M. geschwächt, umringt vom Feinde u. Drangsalen des härtesten Winters, capitulirte er doch nicht u. schlug sich überall, bes. bei Krasnoi u. an der Bereszina, durch. Im Frühjahr 1813 reorganisirte er die Armee, welche bei Lützen focht, commandirte bei Bautzen das Centrum u. ging nach Schlesien; bei Pläswitz von Blücher geschlagen, erhielt er das Commando des rechten Flügels des französischen Heeres u. siegte bei Dresden, commandirte dann die gegen Berlin bestimmten Corps, wurde jedoch bei Dennewitz geschlagen u. focht dann bei Leipzig u. bei Hanau. In Frankreich erhielt er Anfang 1814 den Befehl über das Corps bei Nancy, hatte aber später kein bestimmtes Commando, sondern hielt sich meist bei Napoleon auf. Als im April Napoleons Katastrophe eintrat, trug er durch harte Worte zu dessen schnellerem Entschlusse der Thronentsagung bei; er wurde nach der Restauration Mitglied des Kriegsconseils, Pair, General der Kürassiere u. Dragoner u. Chef der sechsten Militärdivision. Im Jan. 1815 zog er sich, beleidigt von den Royalisten, auf sein Gut Cordreux bei Chateaudun zurück u. begab sich, als Napoleon 1815 landete, wieder auf seinen Posten nach Paris. Hier erhielt er ein Commando gegen Napoleon u. gab dem König beim Abschied die Versicherung, daß er sich mit allen Kräften den Fortschritten des Usurpators widersetzen wollte. Indeß zu Besançon am 10. März angelangt, ergriff ihn die Stimmung der Armee u. des Volks für Napoleon; er ging in Auxerre zu demselben über, befehligte dann bei dem Feldzug in Belgien den linken Flügel u. versuchte vergebens die Engländer bei Quatrebras den 16. Juni zu werfen; bei Waterloo führte N. die große Colonne zum Sturm gegen die englischen Linien bei Mont St. Jean, welche das Centrum der Engländer durchbrechen sollte, allein der Angriff scheiterte. Er focht bis zuletzt, suchte den Tod, wurde aber von der allgemeinen Flucht fortgerissen u. eilte nach Paris, wo er der Pairskammer erklärte, daß Alles verloren sei. Als Ludwig XVIII. zurückkehrte, wollte er, über Lyon nach der Schweiz entfliehen, allein die Österreicher hielten die Grenze besetzt; er verbarg sich daher in einem Schlosse bei Aurillac, allein sein Säbel verrieth ihn, er wurde gefangen, 19. August nach Paris geführt u. am 9. November vor eine Militärcommission gestellt, welche sich für incompetent erklärte, worauf sein Proceß der Pairskammer überwiesen ward; diese sprach am 6. December das Todesurtheil, welches N. mit eben der Ruhe vernahm, als er Unerschrockenheit bei der Hinrichtung, den 7. Decbr. früh 9 Uhr an der Sternwarte in Paris, im Garten des Luxembourg, zeigte, wo er den Soldaten zurief: Fehlt nicht! Es lebe Frankreich! Feuer! Er wurde auf dem Pere-Lachaise begraben. Auf dem Platze, wo er erschossen wurde, ward 7. Dec. 1853 ein Denkmal aufgestellt; auch wurde 15. Aug. 1860 in Metz seine Statue errichtet. Vgl. Mémoires du Maréchal N., Par. 1833. Er hinterließ drei Söhne: 2) Joseph Napoleon, geb. 8. Mai 1803 in Paris; vermählt mit einer Tochter Lafittes, seit der Julirevolution Fürst von der Moskwa u. Pair von Frankreich, 1832 Adjutant des Herzogs von Orleans, stimmte gegen die Befestigung von Paris 1841 u. verließ dann seinen Sitz in der Pairskammer. Er verlangte 1842 noch einmal die Cassation des Urtheils gegen seinen Vater u. war einer der sechs Pairs, welche im Februar 1848 die Einladung zum Banket in Paris unterzeichneten, trat 1849 in die Nationalversammlung, gehörte hier zu den Bonapartisten, erhielt im Laufe des Jahres diplomatische Missionen nach Berlin u. Madrid u. wurde 1849 Adjutant des Präsidenten Ludwig Napoleon. Am 3. Dec. 1851 erklärte er sich für Ludwig Napoleon, wurde Mitglied der consultativen Commission, im Jan. 1852 Senator, im März Mitglied des Gesetzgebenden Körpers u. später Brigadegeneral. 1856 ging er in diplomatischer Sendung[869] nach Petersburg u. st. den 25. Juli 1857 in St. Germain bei Paris. N. war ein großer Verehrer der altklassischen Musik, componirte selbst einiges, bildete unterder Julidynastie einen Musikverein unter den Mitgliedern der höchsten Aristokratie u. hat viel dazu beigetragen, in Frankreich den Geschmack für altklassische Musik zu heben. 3) Michel Louis Felix Napoleon, Herzog v. Elchingen, Bruder des Vor., geb. 24. Aug. 1804 in Paris. Er trat mit seinem Bruder unter der Restauration in die Polytechnische Schule, sie verweigerten aber Beide den Eid zu leisten u. gingen in schwedische Dienste. 1830 nach Frankreich zurückgekehrt, wurde er Hauptmann bei den Carabiniers, nahm Theil an dem Zuge gegen Antwerpen u. an mehren Feldzügen in Afrika, veröffentlichte 1841 einige Documente über seines Vaters Verhalten bei Waterloo, wurde 1842 Ehrenadjutant des Grafen von Paris, commandirte später das 7. Dragonerregiment, votirte als Orleanist bei der Abstimmung im Dec. 1851 in Beziehung auf die Anerkennung des Staatsstreichs in seinem Regimente zu Mans mit Nein, wurde Brigadegeneral, ging 1854 als Commandeur einer Cavalleriebrigade nach dem Orient u. st. 14. Juli d.i. in Galipoli. 4) Graf Napoleon Henri Edgar, Fürst von der Moskwa, Herzog von Elchingen, Bruder der Vor., geb. 20. März 1812, wurde im Dec. 1848 Rittmeister in nächster Umgebung Ludwig Napoleons, war Mitglied der Gesetzgebenden Versammlung, wurde im Februar 1852 Oberst der Cavallerie u. Flügeladjutant des Prinzpräsidenten, später Erster Jägermeister des Kaisers Napoleon III. u. ging 1859 mit diesem nach Italien, wo er in der Schlacht bei Magenta verwundet wurde. 5) Eugène, Oheim der Vor. u. Bruder von N. 1), war 1836 Gesandtschafts-Attaché in Athen, 1840 Gesandtschaftssecretär zu Rio Janeiro, 1843 interimistischer französischer Geschäftsträger daselbst u. st. 1845 in Paris.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 11. Altenburg 1860, S. 868-870.
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