Brahe [3]

[304] Brahe, 1) Tycho (Tyge), Astronom, geb. 14. Dez. (alten Stils) 1546 zu Knudstrup in Schonen, gest. 24. Okt. (neuen Stils) 1601 in Prag, studierte zu Kopenhagen und Leipzig Rechtswissenschaft, beschäftigte sich aber auch mit Astronomie und beobachtete mit sehr mangelhaften Instrumenten 1563 die Konjunktion von Saturn und Jupiter, wobei er die Unzuverlässigkeit der Alfonsinischen und Prutenischen Planetentafeln erkannte. 1565 in den Besitz eines bedeutenden Vermögens gekommen, widmete er sich ganz der Astronomie, besuchte Wittenberg, Rostock, Augsburg und kehrte 1570 nach Dänemark zurück, wo ihm sein Oheim Steen Bille auf Heridsvad bei Knudstrup Gelegenheit zu astronomischen Beobachtungen und chemischen Untersuchungen bot. Hier entdeckte B. 11. Nov. 1572 einen neuen Stern in der Kassiopeia, worüber er in seiner Abhandlung »De nova stella« (Kopenh. 1573; neu hrsg. von der dänischen Akademie, das. 1901) berichtet. 1575 besuchte er die Sternwarte des Landgrafen Wilhelm IV. von Hessen in Kassel und beabsichtigte sich in Basel niederzulassen, als 1576 Friedrich II. von Dänemark ihm die kleine Insel Hveen im Sund zu Lehen überließ und ihm einen Jahrgehalt und ansehnliche Summen zum Bau einer Sternwarte bewilligte. Hier erbaute B. dann die 1580 vollendete »Uranienburg«, die, mit den kostbarsten Instrumenten und Apparaten ausgerüstet, eine Pflanzschule der Astronomie für ganz Europa wurde. Nach dem Tode Friedrichs II. (1588) wußten Brahes Feinde seine Stellung vollständig zu untergraben, so daß er Dänemark 1597 mit allen seinen Instrumenten verließ und sich zum Grafen Rantzau nach Wandsbek begab, wo er 2 Jahre verblieb. 1599 berief ihn Kaiser Rudolf II. nach Prag, setzte ihm einen ansehnlichen Jahrgehalt aus und schenkte ihm das Schloß Benatky. B. blieb indes in Prag, wo er von Kepler bei seinen Arbeiten unterstützt wurde. Die kostbare Sammlung seiner astronomischen und sonstigen Instrumente wurde nach der Schlacht am Weißen Berge größtenteils vernichtet; nur zwei große Sextanten sind noch auf der Prager Sternwarte erhalten. Abbildung und Beschreibung seines großen Mauerquadranten und seiner Armillarsphäre s. Tafel zum Artikel »Astronomische Instrumente«. B. verlieh seinen Beobachtungen mit Hilfe verbesserter Instrumente einen bis dahin unerreichten Grad von Genauigkeit. Seine Beobachtungen des Planeten Mars führten Kepler zur Ausstellung der richtigen Gesetze der Planetenbewegung. Um 1585 stellte B. ein Weltsystem auf, bei dem die Erde den Mittelpunkt der Welt bildet. Sie wird von Mond und Sonne umkreist, und um die letztere laufen Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Von seinen Werken erwähnen wir: »Opera astronomica« (1648); »Astronomiae instauratae mechanica« (Uranienb. 1598, Nürnb. 1602, neu hrsg. Stockh. 1901); »Epistolae astronomicae« (Uranienb. 1566, Frankf. 1610); »Historia coelestis« (hrsg. von L. Barret, Augsb. 1666); »De mundi aetherici recentioribus phaenomenis« (Uranienb. 1588); »Opera omnia« (Prag 1611, Frankf. 1648). Sein Leben beschrieben Gassendi (Par. 1655; deutsch, Leipz. u. Kopenh. 1756), Helfrecht (Hof 1798), Pedersen (Kopenh. 1838), Frijs (das. 1871), Dreyer (Edinb. 1890; deutsch von Bruhns, Karlsr. 1894). Brahes Briefwechsel wurde von Frijs (Kopenh. 1876ff.), eine Anzahl seiner auf der Baseler Universitätsbibliothek befindlichen Briefe von Burckhardt (Basel 1887) veröffentlicht. 1876 wurde ihm in Kopenhagen ein Denkmal (von Bissen) gesetzt. Anläßlich des 100. Todestages von B. wurden auf der Insel Hveen von schwedischer und dänischer Seite Ausgrabungen veranstaltet und ein großer Teil von Tychos Sternwarte freigelegt. Vgl. Charlier, Utgräfningarna af Tycho Brahes Observatorier frå ön Hven Sommaren 1901 (Lund 1901); v. Hasner, Tycho B. und J. Keppler in Prag (Prag 1872); Studnička, Prager Tychoniana (das. 1901); Weinek, Die Tychonischen Instrumente auf der Prager Sternwarte (das. 1901).

2) Brigitte, Heilige, s. Brigitta.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 304.
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