Millet [2]

[842] Millet (spr. mijä), 1) François, niederländ. Maler, geb. im April 1642 in Antwerpen, gest. im Juni 1679 in Paris, war anfangs Schüler des Laurens Francken, mit dem er um 1660 nach Paris ging, und bildete sich dort nach Nicolas und Gaspard Poussin zum Landschaftsmaler aus. Seine meist italienischen Landschaften finden sich in den Museen von Paris, Brüssel, Berlin, München u. a. O. – Sein Sohn Jean François, der Jüngere (1666–1723), und sein Enkel Joseph François (1697–1777) sind gleichfalls als Maler tätig gewesen.

2) Jean François, franz. Maler, geb. 4. Okt. 1814 in Gruchy bei Cherbourg, gest. 20. Jan. 1875 in Barbizon, bildete sich bei dem Maler Langlois de Chevreville, einem Schüler von Gros, in Cherbourg, ging 1837 mit einem städtischen Stipendium nach Paris und trat dort in das Atelier von P. Delaroche, bei dem er bis 1839 arbeitete. Nachdem er eine Zeitlang Genrebilder in der Art von Watteau und Boucher sowie biblische und mythologische Szenen mit landschaftlichen Hintergründen gemalt hatte, versuchte er sich 1848 zum erstenmal mit einem Gegenstand aus dem Land leben: dem Kornschwinger. 1849 siedelte er nach Barbizon im Wald von Fontainebleau über, und von jetzt ab lieferte ihm das Leben der Bauern bei ihrer Arbeit die ausschließlichen Motive zu seinen Bildern. Es dauerte geraume Zeit, bis die naturalistische, herbe Wahrheit seiner Schilderungen Anerkennung fand, und er hatte während des größern Teils seines Lebens mit Geldnot zu kämpfen. Erst im letzten Jahrzehnt stellte sich ein gewisser Wohlstand ein. Bald nach seinem Tode wurden seine Bilder jedoch mit enormen Preisen bezahlt. Sein Hauptwerk, das Angelus (jetzt im Pariser Privatbesitz), erzielte bei seinem letzten Verkauf 750,000 Frank. Von seinen Bildern sind neben jenem die hervorragendsten: der Säemann (1850), die Heubinder, die Rast der Erntearbeiter, der Baumpfropfer (1855), der Schäfer, der Tod und der Holzhacker (1859), die Schafschererin, der Mann mit der Hacke (1863), die Kartoffelsetzer, die Frau mit dem Eimer, die Frau am Spinnrocken, die Strickstunde, der ruhende Winzer, die Heuschober, die Buchweizenernte, der Frühling und die Ährenleserin (beide im Louvre), und die Schäferin und der November (1870, in der Berliner Nationalgalerie) und die Kirche in Gréville (1872, im Louvre). Seine Gemälde schildern den harten Kampf des Landmannes mit seiner Scholle bei starker Betonung der Not des Daseins, wobei jedoch die durch seine Lichtwirkungen ausgezeichnete Landschaft fast immer eine poetische Stimmung hervorruft. M. hat auch viele sorgsam durchgeführte Zeichnungen und Pastelle hinterlassen, die dieselben Gegenstände behandeln wie seine Gemälde. Er hat einen großen Einfluß auf die Entwickelung des Naturalismus in Frankreich, England und Deutschland gehabt. Vgl. Piedagnel, Jean François M., souvenirs de Barbizon (Par. 1876); Sensier, La vie et l'œuvre de J. F. M. (das. 1881); Yriarte, Jean François M. (das. 1884); Cartwright, J. F. M. (Lond. 1896; deutsch, Leipz. 1902); Naegely, J. F. M. and rustic art (Lond. 1897); Gensel, M. und Rousseau (Bielef. 1902); Marcel, J. F. M. (Par. 1903); Tomson, J. F. M. and the Barbizon school (Lond. 1903).

3) Aimé, franz. Bildhauer, geb. 27. Sept. 1819 in Paris, gest. daselbst 14. Jan. 1891, erlernte die Kunst unter David d'Angers und unter dem Architekten Viollet-le-Duc, widmete sich anfangs der Skulptur und Malerei, trat in der letztern auf der Ausstellung von 1842 auf und war mehrere Jahre lang, jedoch ohne Erfolg, als Maler tätig. Dann entschied er sich ganz für die Plastik. Auf seine erste Statue, eine Bacchantin (1845), folgten eine Statue der Ariadne (im Luxembourg-Museum), ein Merkur, eine Statue der bürgerlichen Justiz für die Mairie des ersten Arrondissements in Paris, ein Rosen entblätterndes junges Mädchen für ein Grabmal auf dem Kirchhof Montmartre, ein Apollo mit hoch erhobener, vergoldeter Leier an der Fassade der Neuen Oper, die in Kupfer getriebene Statue des Vercingetorix (1865) in A life Ste. – Reine, Kassandra, die sich in den Schutz der Minerva stellt (Marmor, im Luxembourg-Museum), die Statuen Chateaubriands in St.-Malo und des Dionys Papin in Blois sowie zahlreiche Porträtbüsten und -Statuen. Mit theatralischem Pathos verband er eine realistische Formenbehandlung. Vgl. Dumesnil, Aimé M., souvenirs intimes (Par. 1891).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 842.
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