Tasmanĭa

[333] Tasmanĭa (früher Vandiemensland), brit. Insel an der Südostspitze des Australkontinents (s. Karte »Australien«) und von ihm durch die Baßstraße getrennt, ist 67,894 qkm groß, mit den umliegenden Inseln. Diese sind am Ostende der Baßstraße: die Furneauxgruppe (s. d.) mit der Flindersinsel, Kap Barren-, Clarke- und Chappellinsel nebst der Kentgruppe, alle von Seehunds- und Alkenfängern (zum Teil Mischlingen) bewohnt; am Westende: Kingsinsel (s. d.), Robinsinsel und die Hunterinseln, ferner Waterhouse-, Swan-, Scouten-, Maria-, Bruni-, Huoninsel u. a. Eine Dependenz von T. das dem australischen Staatenbund angehört, ist die unbewohnte Macquarieinsel (s. d.). Die Hauptinsel hat an der steilen, felsigen Westküste wenige Einschnitte,[333] wie den Macquariehafen und Port Davey, am begünstigten Südende Storm-, Frederick Henry- und Norfolkbai, an der Ostseite Oysterbai, an der Nordküste Port Dalrymple. Zwei durch eine zentrale Senkung geschiedene Gebirgsketten durchziehen die Insel von N. nach S. In der östlichen erreicht Ben Lomond 1527 m; in der westlichen, einem durchschnittlich 1000 m hohen Tafelland, Cradle Mountain 1545 m. Zahlreiche Ausläufer gehen nach allen Richtungen, nur nicht nach O. Hier befinden sich auch alle großen Seen der Kolonie: der Große See, St. Clair-, Sorell- und Echosee. Aus ihnen kommen die meisten Flüsse: Derwent, Tamar (entstanden aus Nord- und Süd-Est), Gordon, sämtlich im Unterlaufe schiffbar. Das Klima ist feucht mit vorherrschenden westlichen Winden. Temperatur: Hobart, Jahr 13,1°, Januar 17,4°, Juli 8,8°; Regenmenge: Hobart 58 cm, Port Arthur 116, Launceston 81 cm. In der Vegetation vereinigt T. den antarktischen Florencharakter mit dem südostaustralischen. Das Tafelland ist größtenteils mit Grasflächen bedeckt. Ein Riedgras (Buttongras der Einwohner), Gymnoschoenus sphacrocephalus, ist die häufigste Pflanze; dazu gesellen sich Moose, Flechten und Schwämme. Die Gebirgsketten zeigen geschlossene Waldbestände aus gigantischen Eucalyptus-Arten (E. amygdalina und obliqua). Das Unterholz besteht aus fast undurchdringlichen Dickichten von Pomaderris elliptica, Fagus Cunninghamii und Baumfarnen, zumal Dicksonia antarctica, dem größten Farnbaum Australiens. Von Koniferen besitzt T. elf Arten (Araucaria, Damara, Podocarpus); Tropenformen, wie Palmen, kommen hier nicht mehr fort. In seiner Fauna schließt sich T. an Victoria an, ist aber beträchtlich ärmer. Eigen sind ihm Beutelwolf (Thylacinus) und Marderbeutler (Dasyurus ursinus); andre Beutler sind das Riesenkänguruh, die Känguruhratte und verschiedene Arten Kusu. Von den Kloakentieren kommen beide Gattungen, Schnabeltier und Ameisenigel, vor. Von den australischen Vögeln fehlen viele T. ganz. – Die Einwohner sind, nachdem die Eingebornen (s. Tafel »Australier etc. I«, Fig. 4) ausgerottet wurden, meist europäischer Abkunft; 1904: 180,200, d. h. 2,5 auf 1 qkm. Durch Einwanderung gewann T. 1904: 510 Köpfe. Die herrschende Religion ist die protestantische, 1901 waren 30,314 Katholiken, 480 Juden. In 365 Schulen wurden 24,043 Kinder unterrichtet, in der Hauptstadt Hobart besteht eine Universität (nur Prüfungsbehörde), dazu 20 höhere Schulen. Ackerbau wird namentlich in den fruchtbaren Niederungen getrieben, gebaut wird besonders Weizen, dann Heu, Hafer, Gerste, Kartoffeln, Hopfen u. a. Sehr stark ist der Obstbau; Äpfel, Birnen etc. werden nach dem Australkontinent und England, Mus besonders nach dem letztern ausgeführt. Man zählte 1906: 37,101 Pferde, 206,211 Rinder, 1,583,561 Schafe und 72,810 Schweine. Der wichtige Bergbau liefert namentlich Gold (1905: 363,461 Pfd. Sterl. Ausfuhr), Zinn, Silber (1905: 425,648 Pfd. Sterl.), Wismut, Kohle, Kupfer und Blei. Der Handel ist bedeutend; 1905 betrug die Einfuhr (Fabrikate und Manufakte, Zucker, Getränke, Maschinen) 2,651,752, die Ausfuhr 3,711,616 Pfd. Sterl., letztere besteht in Wolle und Zinn, Gold, Silber, Früchten, Gerberrinde, Hopfen, Kartoffeln. Der Handel richtet sich fast ausschließlich nach England und dem Australkontinent. Es liefen 1905 ein: 961 Schiffe von 1,056,256 Ton., aus: 955 Schiffe von 1,063,153 T. Der Staat besitzt eine Handelsflotte von 159 Fahrzeugen, worunter 62 Dampfer. Die Eisenbahnen (Hauptlinie Hobart-Launceston mit mehreren Abzweigungen) waren 1904: 994 km, die Telegraphenlinien 3156 km lang; Telephonleitungen bestehen in vielen Orten. Die Post beförderte 1905 durch 381 Ämter 12,62 Mill. Briefe und Postkarten und 9,17 Mill. Zeitungen. Der Gouverneur wird vom König von England ernannt; ihm zur Seite stehen 6 Minister, ein Gesetzgebender Rat (18 Mitglieder, mindestens 30 Jahre alt), auf sechs Jahre, und eine Gesetzgebende Versammlung (37 Mitglieder, über 21 Jahre alt), auf drei Jahre gewählt. Die Einnahmen betrugen 1905/06: 900,657, die Ausgaben 853,105, die Schuld 9,471,971 Pfd. Sterl.

Die Insel wurde 24. Nov. 1642 von dem holländischen Seefahrer Tasman entdeckt und hieß zu Ehren des ostindischen Generalgouverneurs Anton van Diemen Vandiemensland (bis 1856). 1772 landete der Franzose Marion in der Frederick Hendrick-Bai; Furneaux entdeckte 1773 die Adventurebai, die 1777 auch von Cook berührt wurde. Baß bewies 1798 die Inselnatur Tasmanias. Im Juni 1803 wurde am Derwent eine Verbrecherkolonie angelegt, die aber schon 1804 nach Hobart verlegt wurde. Bis dahin eine Dependenz von Neusüdwales, erhielt T. 1824 eigne Verwaltung, und 1853 hörte die Deportation auf. Die Eingebornen waren den Australnegern nahe verwandt, wurden aber teils in vielfachen Kämpfen ausgerottet, teils starben sie infolge ihrer gewaltsamen Versetzung nach Oyster Cove (d'Entrecasteaux-Kanal, 1847) bis auf wenige, die man nach Hobart zurückführte. Die letzte ihres Stammes, Trucanini oder Lalla Rookh (geb. 1803), starb 1876 in London. Vgl. Just, Tasmaniana; a description of the island and its resources (Launceston 1879); R. M. Johnston, Geology of T. (Hobart 1888); Fenton, History of T. (das. 1884); H. L. Roth, Butler u. Walker, Account of the aborigines of T. (2. Aufl., Halifax 1900); Murray, Tasmanian rivers, lakes, and flowers (Lond. 1900); »Year-book of T.« (Hobart).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 333-334.
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