Weißenburg [2]

[498] Weißenburg, 1) (W. am Sand) unmittelbare und Bezirksamtsstadt im bayr. Regbez. Mittelfranken, an der Schwäbischen Rezat und der Staatsbahnlinie München-Bamberg-Hof, 432 m ü. M., hat 3 evangelische und eine kath. Kirche, ein gotisches Rathaus, einen gotischen Brunnen mit der Statue Schweppermanns, ein Brunnendenkmal Kaiser Ludwigs des Bayern, ein altes Römerkastell, Progymnasium, Realschule, eine landwirtschaftliche Winterschule, Amtsgericht, Forstamt, 9 Gold- und Silbertressenfabriken, eine Tuchfabrik, eine Fabrik für emailliertes Blechgeschirr,-eine Kamm- und eine Zementwarenfabrik, Bierbrauerei, Ziegelbrennerei, eine kalkerdige Mineralquelle mit Badeanstalt, Schweinehandel und (1905) 6709 Einw., davon 1219 Katholiken und 5 Juden. Östlich dabei die Wülzburg (628 m), ehemals Kloster, später Festung, jetzt Ruine. – W., zuerst 792 erwähnt, erhielt im 14. Jahrh. die Reichsfreiheit, nahm 1525 die Reformation an und kam 1802 und 1806 an Bayern, nachdem es kurze Zeit preußisch gewesen war. Vgl. Chr. Meyer, Chronik der Stadt W. in Bayern (Münch. 1904); Fabricius, Das Kastell W. (Heidelb. 1906). – 2) (Kron-W.) Kreis- und Kantonshauptstadt im deutschen Bezirk Unterelsaß,[498] an der Lauter, Knotenpunkt der Eisenbahnen Straßburg-W., W.-Lauterburg und der pfälzischen Linie Neustadt a. H.-W., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein Gymnasium, eine landwirtschaftliche Schule, Amtsgericht, Oberförsterei, ein Stanzwerk, Strumpfwaren-, Papier-, Hut-, Leder- und Streichholzfabrikation, eine große lithographische Anstalt, Färberei, Bierbrauerei, Weinbau und (1895) mit der Garnison (1 Regiment Infanterie Nr. 60) 6788 Einw., davon 2895 Katholiken und 200 Juden. – W. verdankt sein Dasein einer Reichsbenediktinerabtei, die, im 7. Jahrh. gestiftet, eine berühmte Schule besaß, und in der um 868 der Mönch Otfried die Evangelienharmonie dichtete. Die Stadt, 1247 zuerst genannt, befreite sich 1305 von der Herrschaft des Abtes und gehörte dann zu den zehn Reichsstädten im Elsaß; sie führte 1534 die Reformation ein, ward 1677 von den Franzosen erobert und verbrannt und 1697 Frankreich zugesprochen. Am 4. Aug. 1870 fand bei W. das erste siegreiche Gefecht der Deutschen gegen die Franzosen statt. Mac Mahon hatte die 2. Division seines Armeekorps bis W. vorgeschoben. Die Stadt war von einem Bataillon besetzt, die übrige Division lagerte auf den südlichen Höhen ohne eine Ahnung von der Nähe des Feindes, als 81/2 Uhr früh eine bayrische Batterie der Division Bothmer von der Höhe südlich von Schweigen das Feuer auf W. eröffnete. Während die Bayern, zunächst ohne Erfolg, W. selbst angriffen, rückte das 5. Korps gegen Altenstadt und den Eisenbahndamm vor, und die 21. Division vom 11. Korps suchte die Stellung der Franzosen, deren Führer gleich zu Anfang fiel, auf dem Geißberg von Südosten her zu um fassen. Das 58. Regiment und 5. Jägerbataillon stürmten unter großen Verlusten den Bahnhof und die nächstgelegene Vorstadt, die Bayern W. selbst. Nun richtete sich der deutsche Angriff, besonders der 9. Division (7., 47., 58. und 59. Regiment), gegen die französische Stellung auf den Höhen südlich von W., deren stärksten Stützpunkt das feste Schloß Geißberg bildete. Erst als die übrigen französischen Bataillone vor dem Anmarsch des 11. Korps den Rückzug antraten und das Schloß mit Granaten beworfen wurde, nahm die Besatzung (200 Mann) um 2 Uhr die angebotene Kapitulation an. Das Gefecht, dessen glücklicher Ausgang in Deutschland großen Jubel erregte und die Siegeszuversicht kräftigte, hatte 91 Offiziere und 1460 Mann an Toten und Verwundeten gekostet; die Franzosen verloren ein Geschütz und 1000 Gefangene. Vgl. Steiner, W. und Wörth (Münch. 1904). – 3) Dorf und stark besuchter Kurort im schweizer. Kanton Bern, im Nieder-Simmental, 844 m ü. M. oberhalb der Station W. der Eisenbahn Erlenbach-Zweisimmen, mit einer 1600 entdeckten Gipsquelle von 27°, die namentlich Brustleidenden sehr empfohlen wird, einem neuen Kurhaus (Vorder- oder Neubad) und vortrefflichen Badeeinrichtungen; oberhalb liegt das einfacher gehaltene Hinter- oder Altbad. Vgl. Schnyder, Bad und Kuranstalt W. (Basel 1884). – 4) Stadt in Ungarn, s. Karlsburg.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 498-499.
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