Retz [2]

[69] Retz, 1) Gilles de Laval, Baron von R. od. Rayz, geb. um 1396, zeichnete sich unter Karl VII. in den Kriegen gegen die Engländer aus, befand sich bei der Eroberung von Orleans, wurde 1429 Marschall von Frankreich, wohnte der Krönung des Königs in Reims bei u. vertrieb die Engländer 1431 aus Lagny. Den Ruhm seiner Thaten schändete er jedoch durch Grausamkeiten. Der Herzog Johann VI von Bretagne ließ ihn wegen Hochverraths, angeblicher Zauberei u. an mehren Kindern verübten Mordes 1440 in Nantes verbrennen 2) Albert von Gondi, gewöhnlich Marschall von R., geb. 1522 in Florenz, war erst Secretär bei einem Financier in Lyon, dann durch seine Mutter, welche Gouvernante der französischen Prinzen u. Prinzessinnen war, beim jungen Karl IX. erster Kammerherr, befehligte bei St. Denis 100 Reiter u. zeichnete sich auch 1569 in der Schlacht von Moncontour aus; 1570 ging er nach Speier, wo ihm durch Procuration die Erzherzogin Elisabeth von Österreich für den König angetraut wurde. Später soll er die Metzelei der Bartholomäusnacht angerathen haben. 1573 wurde er Marschall von Frankreich, wohnt der Belagerung von la Rochelle unter dem Herzog von Anjou bei u. versah das Amt des Connetable bei der Krönung Heinrichs III. Er trug viel dazu bei, Heinrich III. mit dem Könige von Navarra zur Unterdrückung der Ligue zu vereinigen, war aber später einer der Ersten, welche die Partei Heinrichs IV. ergriffen, in dessen Namen er mit dem Herzog von Guise unterhandelte, in welchem Amte er aber, auf die Bitte der Herzogin, durch Sully abgelöst wurde; er st. 1602. 3) Peter von Gondy, gewöhnlich Cardinal von R., Bruder des Vor., geb. 1533 in Lyon, wurde 1565 Bischof von Paris, Kanzler, Großalmosenier der Königin u. Präsident des Geheimenrathes Karls IX., nach dessen Tode Verwalter der Domänen der Königin u. unterhandelte im Namen Heinrichs III. mit dem Römischen Hofe wegen Veräußerung der geistlichen Güter. Er war mehrmals Gesandter bei den Päpsten Gregor XIII. u. Sixtus V., welcher Letztere ihn 1587 zum Cardinal ernannte. Um für den Staat Geld zu gewinnen, ließ er 1590 das Silberwerk der Kirchen einschmelzen, mußte sich aber dessenungeachtet nach seinen Gütern zurückziehen; von da aus knüpfte er Unterhandlungen mit Heinrich IV. an, welcher ihn 1592 beauftragte dem Papste sein Verlangen nach einer Aussöhnung mit der Kirche bekannt zu machen; er mußte sich aber aus Italien entfernen, wohnte nach der Abschwörung Heinrichs IV. der Gesandtschaft bei, welcher dieser an Clemens VIII. schickte, wurde 1596 Präsident des Conseil de la raison zur Ordnung der Finanzen, legte aber bald dies Amt nieder u. st. 1616. 4) Jean François Paul de Gondy, Cardinal von R., Sohn Emanuels de Gondy, Bruders der beiden Vor., geb. 1614 in Montmirail; wider seine Neigung zum Geistlichen bestimmt, führte er ein dissolutes Leben, wurde aber gleichwohl 1643 Coadjutor des Erzbischofs von Paris, als welcher er sich nun zügelte u. fleißig predigte, doch intriguirte er gegen die Hofpartei u. Mazarin, u. dieser widersetzte sich nun entschieden seinem Plane zu den kirchlichen Reformen. Er zerfiel auf einer 1645 gehaltenen Versammlung des Clerus völlig mit dem Hofe u. schloß sich der Partei der Fronde an. Als der Aufruhr, zum Theil unter seiner Leitung, wegen neuer Geldforderungen von Seiten Mazarins in Paris ausbrach, nöthigte R. die Königin mit ihrer Familie nebst Mazarin nach St. Germain zu entfliehen u. hätte fast die Zügel der Regierung in die Hand bekommen, Die Gemüther beruhigten sich aber u. die Unterhandlungen begannen; als die Königin u. Mazarin 1650 zurückkehrten, erhob der Papst R. zum Cardinal, R. blieb der Mittelpunkt der Intriguen gegen den [69] Bastille sperren u. erst nach 15 Monaten in eine bessere Hast nach Nantes bringen. Von hier entwich er jedoch nach Spanien u. ging von da nach Rom, wo er zur Papstwahl Alexanders VII. viel beitrug. Seine Ansprüche auf das Erzbisthum suchte er jetzt durch die Unterstützung seiner Vicare fortwährend zu behaupten, indem er sich selbst über Deutschland nach den Niederlanden begab. Erst nach Mazarins Tode erhielt er von Ludwig XIV. die Erlaubniß zur Rückkehr, wo ihm nach Aufhebung des Erzbisthums die Abtei St. Denis als Entschädigung zu Theil wurde. Um seine Schulden zu bezahlen, lebte er von jetzt an in Zurückgezogenheit in Lothringen, ohne jedoch dabei in der Unterstützung seiner Freunde durch reiche Pensionen nachzulassen, u. schrieb in dieser Zeit seine Memoiren, Par. 1717, 6 Bde., u.ö., zuletzt Par. 1817. Er st. 24. August 1679 in Paris u. schr. noch: Hist. de la conjuration de Fiesque, Par. 1632, u.ö.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 69-70.
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