Madagaskar

Madagaskar

[5] Madagaskar, in der Landessprache Madekasse, d.h. Mondsinsel, die größte afrik. Insel mit einem Flächenraum von 10,497 ! M. und gegen vier Mill. Einw., wird durch [5] den 62 M. breiten Kanal von Mozambik von der südöstl. Küste von Afrika getrennt und wurde 1506 von den Portugiesen entdeckt, welche sie St.-Lorenzinsel, sowie die Franzosen später Isle-Dauphine nannten.

Ein wald-, erz- und quellenreiches Gebirge durchzieht die 360 M. lange, nirgend über 70 M. breite Insel von S. nach N.; seine höchsten Gipfel, der Vicagora im N., der Botismene im S., erheben sich gegen 12,000 F. über das Meer und nur wenig beschwerliche Pässe vermitteln die Verbindung zwischen der Ost- und Westküste. Die Seitenzweige des Gebirges bilden herrliche Thäler und seine zahlreichen Gewässer, in denen es von Fischen, aber auch von Krokodilen wimmelt, verbreiten Fruchtbarkeit nach allen Seiten. Auch gibt es auf M. mehre beträchtliche Seen, von denen der Antsianaxe 12 M. im Umfange hat. Das Klima ist mit Ausnahme der höchst ungesunden sumpfigen und flachen Gegenden sehr angenehm; Frost ist ganz unbekannt; die meiste Zeit des Jahres herrscht ein beständiger Frühling, und selbst während der vier heißesten Monate wird die Hitze durch die Seewinde sehr gemäßigt. Bei dem besonders im N. außerordentlich fruchtbaren Boden ist M. daher reich an Erzeugnissen des Pflanzenreichs und besitzt sogar einige eigenthümliche Balsam- und Gummigewächse. Außerdem finden sich hier die meisten Producte der Südländer, Ebenholz, Bambusrohr, Palmen, Indigo, Gewürze, Farbehölzer u.s.w.; Südfrüchte, Taback, Reis bedürfen nur der möglichst wenigen Arbeit zu ihrem Gedeihen; der Ravenbaum oder das ind. Blumenrohr liefert in den Fasern und biegsamen Rippen seiner Blätter das Flechtwerk zu den Wänden der Wohnungen, zu deren Bedachung auch die Blätter verwendet werden, während das Mark des Baumes gleich dem mehrer Palmen zubereitet und genossen und aus seinen Beeren Mehl, aus den Hülsen derselben Öl bereitet wird. Wilde Katzen und Füchse ausgenommen, leben auf M. keine Raubthiere, dagegen viel wilde Schweine, Affen, Schlangen, Schildkröten, Zibethkatzen; Rindvieh gibt es gehörntes und ungehörntes mit herabhängenden Ohren, alles mit Fetthökern zwischen Schultern und Hals; ferner Büffel, Schafe mit gegen 20 Pfd. schweren Fettschwänzen und schöner Wolle; Ziegen und vielerlei wildes und zahmes Geflügel. Das Mineralreich endlich liefert Gold, Silber, Eisen, Blei, Kupfer, Bernstein, allerlei Edelsteine, Salpeter und Steinsalz.

Die Insel ist in mehre kleine Staaten getheilt, deren Bewohner Ankömmlinge negerartiger, malaiischer und arab. Stämme zu sein scheinen und zwar eine besondere, allein stark mit Worten gemischte Sprache reden, welche dieser Herkunft entsprechen, die auch in ihrer zwischen hellolivenfarbig und schwarz wechselnden Hautfarbe sich kund gibt. Die wahrscheinlichen Ureinwohner, die Madagassen, von denen hier mehre bewaffnet abgebildet sind, sehen schwarz, sind mittlerer Größe und wohlgeformt, wie die Einwohner im Allgemeinen, die sich in drei Classen: Fürsten und ihre Familien, Freie und Sklaven theilen, welche letztere aber sehr menschlich behandelt werden, mit ihren Herren gemeinschaftlich arbeiten und nicht von ihnen zu unterscheiden sind. Ihre Hauptbeschäftigungen sind der Landbau, Viehzucht, Jagd und Fischfang; es gibt aber auch ziemlich geschickte Metallarbeiter, Drechsler und Töpfer, auch wissen sie aus Hanf [6] und Bast Seile zu verfertigen und Zeuche zu weben. Ihre Waffen bestehen in Spießen, Keulen und Bogen, werden aber jetzt allmälig mit Schießgewehren vertauscht. Die Abkömmlinge der Araber sind Mohammedaner, die übrigen hängen einem heidnischen Aberglauben an; bis 1828 hatte jedoch das Christenthum auf M. viel Fortschritte gemacht, als nach dem Tode des ihm günstigen Königs Radamah Mansaga, der sich den größten Theil des Landes unterworfen hatte und europ. Aufklärung angelegentlich beförderte, seine Wittwe und Nachfolgerin, dieselbe, die 1837 eine Gesandtschaft nach London und Paris schickte, um Handelsverträge zu schließen, die Missionare wieder aus ihrem Gebiete verjagte. Die Hauptstadt desselben, Tamanariva mit 80,000 Einw., hat einen auf europ. Art erbaueten Palast und wird durch von Engländern angelegte und mit Geschütz versehene Werke vertheidigt. Die mehrmals von Engländern und Holländern, von den Franzosen zuletzt 1824–30 und in deren Namen auch von dem aus Kamtschatka geflüchteten Grafen Benjowski (s.d.) versuchten Niederlassungen auf M. sind wegen des ungesunden Klimas an den Küsten und der kriegerischen Bewohner nie dauernd geworden, doch wird die Insel viel von europ. Schiffen besucht, welche Landesproducte, namentlich Lebensmittel für die Niederlassungen an der afrik. Ostküste, gegen europ. Waaren eintauschen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 5-7.
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