Parma

[418] Parma (das Herzogthum) mit Piacenza und Guastalla liegt in Oberitalien am rechten Ufer des Po, von dem es nördl. gegen das lombard.-venetian. Königreich, sowie außerdem von Sardinien, Modena und Toscana begrenzt wird und zählt auf 104 ! M. gegen 450,000 katholische Bewohner. Der nördl. Theil gehört zu der ebenso fruchtbaren wie vortrefflich angebauten lombard. Ebene, im südl. aber erheben sich Hügel mit den schönsten Eichen- und Kastanienwäldern und steigen allmälig zum kahlen, dürren und schroff geformten Kamm der Apenninen an, die es von Toscana scheiden. Einige kleine Gewässer, welche vom Gebirge herabkommen, wie die Trebbia, Stura, Bardinezza, Taro, Parma und Enza, ergießen sich bald in den Po. Das Klima ist gesund und mild, erlaubt aber noch nicht den Anbau von Südfrüchten, allein Obst, Wein, Getreide, Taback gedeihen in der Ebene trefflich, auch Oliven in geschützten Lagen; in den südl. Gegenden wird beträchtliche Rindvieh-, Schaf- und Schweinezucht getrieben. Auch viele Seide wird erzeugt und gehört nebst Mastvieh, Parmesankäse, Wolle und Salz zu den Gegenständen der Ausfuhr. Die Verfassung des Landes ist uneingeschränkt monarchisch und als höchste Behörde ist ein Staatsrath vorhanden, unter dem zwei voneinander unabhängige Departements, des Innern und der Finanzen, die Geschäfte besorgen. Das gerichtliche Verfahren ist öffentlich und es gelten zum Theil noch Napoleon's Gesetzbücher, auch ist das franz. Münzsystem eingeführt. Die Einkünfte des Landes betragen über 2 Mill., die Staatsschulden 5 Mill., die Civilliste der Regentin 1,200,000 Gldn.; das Militair zählt 3600 M., wovon aber nur 1320 M. im Dienste sind.

Die Haupt- und Residenzstadt Parma im gleichnamigen Herzogthume und am Flüßchen Parma, hat über 30,000 Einw., ist befestigt und gut gebaut. Ausgezeichnete [418] Gebäude sind: der herzogl. Palast, ein 1618 aufgeführtes, sehr prächtiges und großes Theater mit Raum für 9000 oder nach Andern noch mehr Personen, welches aber längst unbenutzt blieb; der Dom, die heilige Grabkirche, das Capucinerkloster besitzen Gemälde von Correggio, Mazzuolo und Lanfranco, die zu P. geboren sind; aus der Galerie im herzogl. Palaste wurden aber schon 1734 die besten Werke nach Neapel gebracht. P. ist der Sitz einer 1423 gestifteten Universität mit einer wichtigen Bibliothek, einer 1765 gegründeten Akademie der schönen Künste und anderer Bildungsanstalten; auch besteht hier die berühmte Bodoni'sche Buchdruckerei, aus der viele Prachtwerke hervorgegangen sind. Zwei Stunden von P. liegt das Lustschloß Colorno. – Im Herzogthum Piacenza liegt die gleichnamige feste Hauptstadt mit 20,000 Einw. am Einflusse der Trebbia in den Po. Sie ist regelmäßig und, was in Italien selten ist, meist von Backsteinen gebaut; die starke Citadelle ist von östr. Truppen besetzt. Bei dem Dorfe Salso besteht ein ergiebiges Salzwerk. – Von diesen Besitzungen abgesondert liegt von Modena und der Lombardei umschlossen das Herzogthum Guastalla mit der Stadt Guastalla von 4000 Einw. in einer sumpfigen Gegend am Einflusse des Crostolo in den Po.

P. und Piacenza waren anfänglich deutsche Reichsländer, auf die aber der röm. Stuhl unter dem Vorgeben Ansprüche machte, daß sie zum Exarchat Ravenna gehört hätten, welches der fränk. König Pipin 755 dem röm. Stuhle schenkte. Die Hauptstädte benutzten jedoch die Streitigkeiten zwischen Kaiser und Reich, um sich unabhängig zu machen und theilten als Republiken das Loos der lombard. Städte. Abwechselnd von innern Parteikämpfen und von äußern Angriffen erschüttert oder einer zur Macht gelangten Familie unterthan, wurden sie endlich 1514 vom Papst Julius II. zum Kirchenstaate geschlagen. Papst Paul III. aus dem Hause Farnese (s.d.) verlieh sie als Herzogthum an seinen natürlichen Sohn und nach dem Erlöschen des Mannsstammes dieser Familie fielen sie 1731 Don Carlos, Sohn Philipp V. von Spanien, zu. Da dieser aber 1735 das Königreich beider Sicilien erhielt, kam P. und Piacenza an Östreich, ward aber in Folge des östr. Erbfolgekriegs 1748 mit Guastalla an den Infanten Don Philipp überlassen, dessen Sohn Ferdinand 1765 die Regierung antrat und sich durch die Festigkeit auszeichnete, mit welcher er die Anmaßungen des päpstlichen Stuhles in seinen Staaten beschränkte. Zufolge der Revolutionskriege riß Frankreich diese Länder an sich und 1805 wurden sie dem franz. Kaiserreiche einverleibt, 1814 aber der Gemahlin Napoleon's, Erzherzogin Marie Luise (s.d.), als souveraines Eigenthum zugetheilt. Der von Spanien dagegen erhobene Einspruch führte zu vertragsmäßiger Zusicherung der Erbfolge an die inzwischen 1824 verstorbene Infantin Marie Luise, Herzogin von Lucca, und ihre männlichen Nachkommen in gerader Linie, nach deren Aussterben P. an Östreich, Piacenza an Sardinien und Lucca an Toscana kommen soll.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 418-419.
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