Zauber und Segen, Besprechungen.

[317] Etlyke ick weth nicht wat vor Thöverers, Warsager edder Christallenkykers, de mit grotem Holde unde Gaven besocht werden, dat se den Krancken van der Thöverye helpen schölen. Desse geven sonderlyken Radt und Arstedye dem Krancken, dat he nicht anders denn up dremal solckes moth gebruken, und dat erste Deel moth he nemen und by her lesen edder seggen laten, im Namen des Vaders, dat ander Deel im Namen des Söns, dat drüdde Deel im Namen des hilligen Geystes. Wo de dre Namen nicht by den dren Delen underschedtlick genömet werden, so geldt ydt nicht. (Joach. Schröder [1563] bei Wiechmann, Meklenburgs altn. Lit. 2, 50.)

Die Anwendung der abergläubischen Curen bezeichnete unser Volk vormals mit den Ausdrücken ›böten, stillen, segnen, besprechen‹. Jetzt hört man nur noch selten den Ausdruck ›stillen‹, statt dessen man gewöhnlicher sagt ›Jemandem etwas gebrauchen‹. Die Worte ›segnen‹ und ›besprechen‹ kommen wohl im Volksmunde gar nicht vor; ebenso sagt man statt ›böten‹ jetzt allgemein ›blutstillen‹. Das ›Jemandem etwas gebrauchen‹ bezieht sich aber auf sehr mannigfache Manipulationen und Zwecke, von welchen wir die folgenden hervorheben. Was zunächst die Wortsympathien, das ›Stillen in engeren Sinne‹, betrifft, so werden dieselben jetzt vorzugsweise nur gegen innere und äußere Krankheiten angewandt, wobei als Krankheit nach dem Volksbegriffe allerdings auch Zustände zu betrachten sind, welche strenger genommen nicht dahin gehören. Früher sind wahrscheinlich auch gegen äußere nachtheilige Zustände und Ereig nisse Wortsympathien angewandt, wo man sie jetzt nicht mehr gebraucht oder wo sie sich aus dem Gedächtnisse des Volkes verloren haben. Einzelne uns noch aufbewahrte Wortsympathien dieser Art, z.B. gegen Feuersbrunst, gegen Diebe, gegen böse Pferde u. dgl., welche unten mit aufgeführt sind, geben Zeugniß, daß man ihnen vormals einen umfassenderen Wirkungskreis zugestand, als jetzt. Andere abergläubische Gebräuche, die man noch jetzt anwendet, lassen ihrer ganzen Fassung nach vermuthen, daß sie früher von Worten begleitet worden sind. Die Worte werden natürlich hier, wie in allen übrigen Fällen ihrer Anwendung, lautlos und ohne Bewegung der Lippen hergesagt, durch das Gedächtniß wiederholt. Soll die Sympathie helfen, so darf man überhaupt keine ungehörige Bewegung machen, am wenigsten lachen. Häufig ist auch daran gelegen, daß der Stillende genau denselben Weg zurückkehrt, auf welchem er zum Kranken gegangen ist; immer ist es durchaus nothwendig, daß die vorgeschriebene Wortregel buchstäblich richtig, ohne irrthümliche Vorsetzung oder Zugabe von Buchstaben, gesprochen werde. Es ist auch nicht gut und wohl erst seit neuerer Zeit gebräuchlich, daß der Stillende für seine Mühe Geldzahlung nimmt; früher erhielt er seine Belohnung in Lebensmitteln und ähnlichen Natur-Erzeugnissen, auch jetzt noch fordert er nicht, sondern läßt sich nur schenken. Die Anwendung der Sympathien muß dreimal zu möglichst gleicher Tageszeit an drei aufeinanderfolgenden[318] Tagen oder an den gleichen Tagen der folgenden drei Wochen geschehen (»dreemal hett Recht«, sagt das Sprichwort). Auch muß man darauf sehen, daß die Anwendung der Sympathie bei Vollmond oder abnehmendem Monde geschehe, wenn es gilt, Lebendes zu ertödten oder abzutreiben, bei zunehmendem Monde dagegen, wenn es sich um die Förderung und Kräftigung des Lebenden handelt. Ein sympathetisches Mittel, welches nicht gegen eine bestimmte Cur vorgeschrieben ist (Wortsympathien dieser Art kennen wir nicht) hilft gegen Alles. Derjenige aber soll überhaupt nur Sympathien mit Erfolg anwenden können, welcher sie von einer Person anderen Geschlechts gelernt hat. Die Sympathien sind zuweilen so kräftig, daß »ik orntlich föhlen kann wo mi de Kraft afgeit« (nämlich wenn er sie anwandte), sagte der alte Schäfer zu N. Das Stillen im weiteren Sinne bedeutete, wie schon erwähnt, jede Anwendung eines sympathetischen Mittels, überhaupt ›Jemandem etwas gebrauchen‹, jedoch mit Ausnahme derjenigen Mittel, welche man anwendet, um das fließende Blut zum Stillstand zu bringen. Dies hieß ›böten‹ oder ›Blutstillen‹ und geschieht unter Anwendung verschiedener Manipulationen, (s.u.) vermittelst des Anhauchens oder Bestreichens der Wunde oder auch wohl dadurch, daß man dieselbe blos ansieht und den ›Segen‹ über sie spricht.

Andere besondere Arten der Sympathien, wie sie das Volk benennt, wobei natürlich die Unterschiede nicht streng gesondert werden, sind folgende:

Das Suchtenbrechen. Dies ist eine Manipulation, welche man anwendet, um bei Zuständen, wo der Mensch mehrere Krankheiten hat, die Zahl der letzteren zu erforschen und zu erkennen, ob er genesen oder sterben werde, wobei denn die Wiederholung dieser Manipulation die Genesung beschleunigend und fördernd ist. Man nimmt nämlich Reiser von neunerlei Bäumen, welche kein Steinobst tragen, und zwar vom Birnbaum, Apfelbaum, Eiche, Buche, Erle, Esche, Tanne, Linde und Weide, von jedem Baume eins, und wirft sie am Freitag morgen vor Sonnenaufgang stillschweigend in ein Gefäß mit Wasser, indem man dabei fest an den mit Suchten behafteten Menschen denkt. So viele Reiser nun unter das Wasser sinken, so viele Suchten hat jener. Sinken mehr als sechs Reiser unter, so muß er unbedingt sterben. Anderenfalls ist er durch Anwendung anderer Sympathien zu heilen. Um seiner Sache sicher zu sein, muß man den gedachten Versuch dreimal, nämlich an drei aufeinanderfolgenden Freitagen, anstellen. – Der Krankheitszustand, in welchem das Suchtenbrechen angewandt wird, ist die Ab- oder Auszehrung, welche eben nach dem Volksbegriff das Resultat mehrerer im Körper gleichzeitig vorfindlicher Krankheiten ist.

Das Abschreiben. Gegen mehrere Krankheiten wendet man das Mittel an, daß man dem Kranken ein mit gewissen Namen oder Charakteren beschriebenes Papier eine Zeitlang tragen läßt, das gewöhnlich vor der Herzgrube vermittelst eines Bandes befestigt wurde. Wie lange er dasselbe tragen müsse, finden wir nicht erwähnt; es liegt auch nicht hierin die Bedeutung des Mittels, sondern darin, daß man dieses getragene und beschriebene Papier[319] später an einen Ort bringt, wohin weder der Mond noch Sonne scheinen, und dort ruhig liegen läßt. Die Krankheit vergeht nun allmälig, nach der Volksmeinung wahrscheinlich in dem Papiere vermittelst der wunderkräftigen Zeichen auf ihm aufgefangen. Aus diesem Grunde muß man sich auch hüten, herumliegende Papierstücke aufzunehmen, da man mit ihnen dann leicht die Krankheit, welche in ihnen verborgen ist, an sich nehmen kann. Eine ähnliche, doch nicht ganz dieselbe Bedeutung hat:

Das Vergraben einer Krankheit, wobei man entweder ein Stück von der Kleidung des Kranken an einem dunk len Ort, am liebsten unter einer dichten Rasendecke, und hier wieder am besten unter dem Rasen eines Grabhügels eingräbt, oder einen Gegenstand, mit welchem man die kranke Stelle bestrichen, gleichfalls an einem dunklen Ort vergräbt. Im ersteren Falle, welcher vorzugsweise gegen innere Krankheiten angewandt wird, vergeht die Krankheit mit dem Eingraben, würde aber auch hier auf einen Dritten übertreten, der das vergrabene Stück Zeug an sich nehmen würde, während der Ersterkrankte auch nicht genesen könnte oder wieder erkranken müßte, weil jenes wieder ans Tageslicht gekommen. Im zweiten Falle vergeht die Krankheit mit dem Verwesen des Gegenstandes, welchen man als Mittel gebraucht hat, weshalb man hiebei nicht nur leicht verwesliche Gegenstände (Obst u. dgl.) zu wählen, sondern diese auch an einen Ort zu bringen pflegt, dessen Beschaffenheit die Verwesung befördert (Viehstall u. dgl.) – Die Ansicht übrigens, daß ein Ding, welches man bei sympathetischen Manipulationen aller Art gebraucht hat, den Stoff, welchen man aus einem Körper hinaus haben will, in sich aufnimmt, eventuell ihn an einen dritten Körper übertragen kann, ist eine ganz allgemeine und wird deshalb streng darauf geachtet, daß alle solche vermittelnde Gegenstände für immer beseitigt werden. Es gilt als Regel, daß die zu sympathetischen Curen gebrauchten Gegenstände, wenn sie nicht zum Zwecke der Cur selbst an bestimmte Orte gebracht werden, in Ameisenhaufen gegraben werden müssen, wo sie dann durch die Thätigkeit der Ameisen vernichtet werden. Noch eine andere Bedeutung hat das Abgraben einer Krankheit, indem hiebei ein Theil des Kranken selbst vergraben wird. Es geschieht folgendermaßen: Man geht vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang auf einen Rasenplatz, schneidet mit einem Messer ein rundes Stück aus dem Rasen so heraus, daß dasselbe an der Nordseite nicht durchschnitten wird, sich aber aufklappen läßt. In das entstandene Loch wirft man eine Handvoll Salz, läßt dann seinen Urin darüber und klappt den Rasendeckel zu. Alles dies muß geschehen, ohne daß man ein Wort spricht, und muß an verschiedenen Stellen des Rasens dreimal und zwar an drei aufeinanderfolgenden Tagen wiederholt werden. Es darf kein Tageslicht in das Loch scheinen, sonst nützt die ganze Procedur nicht.

Auf dem gleichen Ideengange beruht das Abbinden oder Stockverbinden, mittelst dessen man eine stark blutende Wunde zu stillen pflegt. Man nimmt nämlich einen dünnen Zweig, am besten von einem Haselstrauch, dann[320] aber auch von Apfel-, Birn-, Kirschen- oder Zwetschgenbaum, hält die Schnittseite desselben an die blutende Wunde, so daß sie tüchtig mit Blut befleckt wird, und legt dann den Zweig an einen dunklen Ort im Hause oder unter einen an dunkler Stelle liegenden Stein. Oder man benetzt auch den Stein selbst mit etwas Blut aus der Wunde und legt ihn dann wieder an seinen dunklen Ort. Oder man hält den Zweig unter die Wunde, so daß Blut auf ihn fällt, während man die Wunde selbst verbindet und trägt dann den Zweig fort. In allen diesen Fällen, wobei natürlich stillschweigend verfahren werden muß, hört die Blutung aus der Wunde auf, sobald das Blut am Stocke trocken geworden ist.

Diese und die obengenannten Arten des Aberglaubens, das Ab- und Vergraben, findet man in allen ehemals von wendischen Volksstämmen bewohnten Gegenden Niedersachsens.

Das Uebertragen einer Krankheit u.s.w. kann übrigens nicht nur durch Vermittelung gewisser Gegenstände ge schehen, sondern auch ganz ohne dieselbe stattfinden, wenn man sich dazu bestimmter Worte bedient. Daß z.B. Einer dem Anderen sein Unglück anklagen kann, ist allgemein bekannt. Man vermag nun, im Besitze der hiebei allerdings nothwendigen Worte, eine Krankheit oder ein geringeres Leiden auch auf einen leblosen Gegenstand zu übertragen und dadurch sich selbst von ihr zu befreien. Gewöhnlich werden hiezu außer den nach der Regel festgesetzten Worten auch gewisse besondere Manipulationen angewandt, und zu Sympathien dieser Art gehören die mehrsten der uns bekannten. Wahrscheinlich sind diese aus alter Zeit stammend und liegt ihnen die altheidnische Personification lebloser Wesen, namentlich der Bäume, der Flüsse und gewisser Gesteine zu Grunde. Man redet in diesen Wortsympathien die Gegenstände, auf welche man sein Leiden übertragen will, oft persönlich an und sind jene gewöhnlich solche, welche in der heidnischen Götterlehre werden von besonderer Bedeutung gewesen sein (Eiche, Flieder – Sambucus nigra L., Nußbaum, Feuerstein u.s.w.).

Hiezu gehört dann noch das in seiner Anwendung sehr häufige Durchkriechen durch enge Oeffnungen, namentlich zwischen der Oeffnung des Doppelstammes hindurch. Von Bäumen scheint man den Doppeleichen eine besondere Heilkraft zuzuschreiben. Alle uns bekannt gewordenen Wunderbäume waren Eichen. Das Durchkriechen durch den Doppelstamm sollte hauptsächlich gegen Lähmungen, rheumatische Leiden, Brüche u. dgl. helfen und gab es Zeiten, wo einzelne Bäume in solchem Rufe standen, daß die Leute weit und breit zu ihnen wallfahrteten. So geschah es unter Anderem in den Zwanziger-Jahren dieses Jahrhunderts mit der Wundereiche bei Müh len-Eixen, 1829 mit der Wundereiche zu Langsdorf bei Sülz, ferner bei Wundereichen zu Rom bei Parchim (Beyer, Mekl. Jahrb. XX, S. 184), zu Fahrenholz bei Schwaan, zu Lützow bei Gadebusch u.s.w., und daß diese Heilmethode noch jetzt im Gange, ist zweifellos. Einzelne Wunderbäume wirken nur, wenn der Kranke nackend durchkroch, andere aber, z.B. die Eiche bei[321] Mühlen-Eixen, wirkten auch durch die Kleidung hindurch (actenmäßig). Das Durchkriechen geschah dreimal, an drei aufeinanderfolgenden Tagen, in besonders schweren Fällen aber dreimal dreimal, also neunmal, zuweilen sogar zwölfmal. Man kann sich eine Vorstellung davon machen, wie es bei solchen Bäumen hergegangen sein muß, wenn zahlreiche Kranke aus ferneren Gegenden sich in ihrer Nähe auf mehrere Tage förmlich einquartieren mußten und oft noch Begleitung Gesunder bei sich hatten. Eine Wirkung fand häufig insofern statt, als der Kranke, wenn ihm das oft mühsame Durchzwängen gelungen war, durch die seinen rheumatisch-schmerzhaften Gliedern aufgezwungene Renkung und Drehung gewöhnlich eine augenblickliche Erleichterung empfand.

Auch das Bannen oder Festmachen gehört zum Aberglauben des meklenburgischen Volkes, ist aber natürlich nur einzelnen Personen eigen, welche nämlich die Bannformel kennen. Besonders verstanden die Schäfer ihre Schafhürden zu besprechen, indem sie dieselben unter Hersagung der Formel nach Sonnenuntergang dreimal umgingen. Kam nun ein Dieb, so konnte er wohl über die Hürde in den gebannten Kreis hinein, aber nicht wieder herauskommen, bevor ihn der Schäfer durch andere Zauberformeln löste. Dies mußte aber vor Sonnenaufgang geschehen. Verpaßte der Schäfer die Zeit, so konnte die Lösung nicht mehr stattfinden; der »Dieb wurde schwarz und kam elend um«. (Wir erinnern hiebei an die erst in der Neuzeit passirte Banngeschichte in Güstrow, wo ein bisher vielfach bestohlener Garten durch den Bann gegen Diebstahl erfolgreich geschützt wurde.) Uebrigens kann man auch die Elemente, das Feuer, das Wasser und andere bannen, festmachen, daß sie nicht über ihr Gebiet hinausgehen, und ebenso ist es eine, freilich nur wenigen Personen bekannte Kunst, Gespenster zu bannen und an einen bestimmten Ort zu fesseln, gewöhnlich an einen Ellernbruch, dessen Bannkreis sie nicht überschreiten dürfen.

Verschieden aber von diesem Bannen oder Festmachen ist die Kunst, den eigenen Körper fest oder unverwundbar zu machen, was Jeder erreichen kann, der ein Stückchen Nabelschnur, ein Stückchen Nachgeburt und ein Stück von einer Fledermaus in seine Kleider nähen läßt.

Dies Kugelfestmachen hat mit der sogenannten ›schwarzen Kunst‹, dem Paß- oder Freikugelschießen nichts zu thun. Der Sage unseres Volkes ist letzteres freilich nicht fremd; es gehört aber dem Gebiete der Sage, und zwar der Teufelssage an, während die sympathetischen abergläubischen Curen mit dem Teufel in keiner Verbindung stehen, wenigstens in keiner bewußten.

Dagegen verstehen einzelne Schmiede, den Dieben oder auch wohl anderen Personen, an denen sie sich oder Dritte rächen wollen, das Auge auszuschmieden. Durch eine unbekannte Formel bannen sie den Dieb, und muß er stille halten, bis durch eine weitere, von fortwährendem Schmieden begleitete Formel das Auge ausgeschmiedet ist, wodurch er blind wird. Es[322] geschieht dies an drei aufeinanderfolgenden Freitagen; die näheren Umstände sind aber nicht zu erforschen. Ist übrigens der Dieb in der Ferne und zwar so daß zwischen dem Schmiede und ihm ein fließendes Wasser sich befindet, so thut ihm das Ausschmieden des Auges keinen Schaden; denn alles fließende Wasser widersteht nicht nur selbst der Zauberei etc., sondern läßt sie auch nicht über sich weg wirken. (Fromm und Struck im Archiv für Landeskunde 1864, S. 505-509.)

Unter dem Volke herrscht der Glaube, man könne Krankheiten wegtragen, wegfahren oder abschreiben. In den Waldungen der Eldenaer Gegend fand ich als Knabe bisweilen leinene Tücher, so unter anderen eins, das am Rande neunmal geknotet war, auch beschriebene Blättchen Papier, die jedenfalls zu dem Krankheitenwegtragen meistentheils in Beziehung standen; wenigstens hatte man mich immer gewarnt und mir gesagt, wenn ich dergleichen Dinge aufnähme, so könnte ich alle möglichen Krankheiten bekommen. (Hilfsprediger Timmermann.)

Die Leute geben Zauberformeln nicht gern her, weil, wenn sie dreimal mitgetheilt werden, dieselben ihre Kraft verlieren. (F. Klockmann aus Hanstorf.)

Die Mittheilung der Formeln darf nur durch Männer an Frauen und umgekehrt, niemals aber von Mann an Mann, von Frau an Frau geschehen. Bei gleichem Geschlecht verlieren sie ihre Wirkung. (Hilfsprediger Timmermann. Vgl. NS. XIX.)

Dem »Arzeney Buch für Menschen und Vieh«, welches mir Amtsverwalter Lange in Sülz mittheilte, geht folgende Vorrede vorher:

Diese Mittel sollen nicht aus Scherz und Leichtsinn gebraucht werden, sondern in rechtem Ernst und Glauben; denn so Jemand die Mittel so leichtsinnig gebraucht, so wird er dadurch seine göttliche Kraft verlieren; denn diese Schrift sagt:


Hilf deinem Bruder in der Noth,

Das ist der Christen erst Gebot;

Schlägt deine Hilfe dann nicht an,

Hast du doch deine Pflicht gethan.


Liebe was recht ist, sag nicht Alles, was du weißt. Stelle dein Ohr nach den Verleumdern und Falschen und mache sie schamhaftig mit süßen Worten. Merke auf die Armen und Waisen und reiche ihnen deine milde Hand, erbarme dich der Kranken und erweise ihnen deine milde Hilfe, so wird der Segen des Höchsten dich reichlich überschütten, denn der Segen des Herrn macht reich ohne Müh und Arbeit, und dermaleinst wird er dir die Krone des ewigen Lebens aufsetzen.

In Hinsicht des Ursprungs dürfte man die katholischen Wundermittel von den protestantischen etc. unterscheiden können. Erstere verrathen sich durch eine unbedingte Verheißung der Hilfe, auch wohl durch das Wort: Buße, durch Anrufung der Maria und der Heiligen; letztere erscheinen mehr als[323] Gebet und lassen die Möglichkeit des Nichtgelingens zu. – Es darf kein Wort, kein Buchstabe vergessen, kein Wort versetzt werden. Besonders darum leisten manche Formeln keine Hilfe mehr, weil etwas davon ausgelassen ist, und die ursprüngliche Formel sich wohl gar nicht mehr findet. Daher ein pedantisches Ankleben an dem Hergebrachten. (Mussäus in den Meklenburg. Jahrb. 5, 101f.)


Quelle:
Karl Bartsch: Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg 1–2. Band 2, Wien 1879/80, S. 317-324.
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