Adler [4]

[113] Adler, 1) Friedrich, Architekt und Kunstschriftsteller, geb. 15. Okt. 1827 in Berlin, studierte unter Strack an der Berliner Bauakademie und unternahm dann größere Reisen bis nach Griechenland, der Türkei und Kleinasien. Die gewonnene Ausbildung verwertete er als Lehrer an der Bauakademie und technischen Hochschule und in Kirchenbauten, von denen die Christuskirche, die Thomaskirche in Berlin (1864 bis 1868), die Elisabethkirche in Wilhelmshaven, die Paulskirche in Bromberg und die Erlöserkirche in Jerusalem zu nennen sind. A. hat sich als Forscher um die Geschichte der alten und mittelalterlichen Baukunst Verdienste erworben, um erstere durch seine Beteiligung an den Ausgrabungen zu Olympia, wo er im Auftrage des Königs von Griechenland das Museum zur Bergung der Funde entworfen hat, um letztere durch die Werke: »Mittelalterliche Backsteinbauwerke des preußischen Staats« (Berl. 1859–98), »Baugeschichtliche Forschungen in Deutschland« (das. 1870 bis 1879, 2 Tle.) und durch Untersuchungen über die Dome von Regensburg und Straßburg. Auch als vortragender Rat im Ministerium der öffentlichen Arbeiten hat sich A., bis er 1899 in den Ruhestand trat, verdient gemacht. Von seinen literarischen Arbeiten sind ferner anzuführen: »Andreas Schlüter, Leben und Werke« (Berl. 1862); »Die Weltstädte in der Baukunst« (2. Aufl., das. 1872); »Der Felsendom und die heilige Grabeskirche zu Jerusalem« (das. 1873); »Das Mausoleum zu Halikarnaß« (das. 1900) und seine Aufsätze in den amtlichen Berichten über die Ausgrabungen in Olympia.

2) Guido, Musikgelehrter, geb. 1. Nov. 1855 in Eibenschütz (Mähren), studierte in Wien (zugleich am Konservatorium), promovierte 1878 zum Dr. juris und 1880 mit der Abhandlung »Die historischen Grundklassen der abendländischen Musik bis 1600« zum Dr. phil. und habilitierte sich 1881 mit der »Studie zur Geschichte der Harmonie« (über den Fauxbourdon, Wien 1881) als Privatdozent für Musikwissenschaft an der Wiener Universität. 1885 wurde er außerordentlicher Professor der Musik an der deutschen Universität in Prag, 1898 als Nachfolger Hanslicks ordentlicher Professor für Musik an der Wiener Universität. Er steht daselbst an der Spitze eines mit erheblichen Mitteln ausgestatteten musikwissenschaftlichen Instituts. 1884–94 redigierte er mit Spitta und Chrysander die »Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft«, gab 1892–93 eine Auswahl der musikalischen Werke der Kaiser Ferdinand III., Leopold I. und Joseph I. heraus und leitet seit 1894 die von der Regierung unterstützte Herausgabe der »Denkmäler der Tonkunst in Österreich«.

3) Georg, deutscher Sozialpolitiker, geb. 28. Mai 1863 in Posen, studierte in Berlin und Freiburg i. B., habilitierte sich 1886 als Privatdozent der Nationalökonomie zu Freiburg i. Br., wurde 1893 als außerordentlicher Professor nach Basel berufen, wo er für die Regierung 1894 den ersten Gesetzentwurf über obligatorische Versicherung der Arbeiter gegen die Folgen der Arbeitslosigkeit verfaßte, ging 1899 an das Orientalische Seminar nach Berlin und erhielt 1900 einen Ruf nach Kiel an die Universität und an die Marineakademie. Er schrieb: »Geschichte der ersten sozialpolitischen Arbeiterbewegung in Deutschland« (Bresl. 1885); »Die Grundlagen der Karl Marxschen Kritik der bestehenden Volkswirtschaft« (Tüb. 1887); »Die Frage des internationalen Arbeiterschutzes« (Münch. 1888); »Über die Aufgaben des Staats angesichts der Arbeitslosigkeit« (Tüb. 1894); »Geschichte des Sozialismus und Kommunismus« (Leipz. 1899, Bd. 1); »Die soziale Frage«, im 7. Bande von Helmolts »Weltgeschichte« (das. 1900); »Die Zukunft der sozialen Frage« (Jena 1900) u.a. Neuerdings hat A. den Gedanken der obligatorischen Alters- und Invalidenversicherung des Mittelstandes verfochten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 113.
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