Elbing [2]

[596] Elbing (poln. Elblong), Stadt (Stadtkreis) im preuß. Regbez. Danzig, am gleichnamigen Fluß, 8 km von dessen Mündung in das Frische Haff, am Rande der Elbinger Höhe, 7 m ü. M., besteht aus der Altstadt, Neustadt, der Speicherinsel und drei innern und elf äußern Vorstädten. Unter den kirchlichen Gebäuden (7 evangelische und eine kath. Kirche, 4 Bethäuser verschiedener Sekten und eine Synagoge) sind besonders bemerkenswert die evang. Marien-, die St. Annen- und die Heilige Dreikönigenkirche sowie die kath. Nikolaikirche, unter den weltlichen Gebäuden das neue Rathaus.

Wappen von Elbing.
Wappen von Elbing.

An Denkmälern besitzt die Stadt ein Kriegerdenkmal und ein Denkmal von Schichau. Die Zahl der Einwohner beläuft sich (1900) auf 52,518 Seelen, davon 10,235 Katholiken und 415 Juden. Die Industrie ist bedeutend. Die dort befindliche Schichausche Schiffswerft, Lokomotiven- und Maschinenfabrik beschäftigte 1902: 3419 Arbeiter und lieferte 1901: 74 Lokomotiven, 12 Schiffs- und 30 stationäre Dampfmaschinen, 8 Torpedoboote, 2 Torpedojäger, 2 Schraubendampfer etc. Ferner hat E. bedeutende Eisengießerei, Maschinen-, Zigarren-, Kunststein-, Lackier- und Metallwarenfabrikation, ein Messingwerk, Flachs- und Hanfgarnspinnerei und Bindfadenfabrikation, Leinenindustrie, eine Orgelbauanstalt, Bierbrauerei, Molkerei, eine Dampfschneidemühle, Ziegelbrennerei etc. Der Handel, unterstützt durch eine Korporation der Kaufmannschaft, eine Reichsbankstelle (Umsatz 1902: 299,9 Mill. Mk.) und andre öffentliche Bankinstitute, ist bedeutend in Landesprodukten, Vieh, Flößholz etc., auch hat die Stadt Ausfuhr in Neunaugen. E. ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Schneidemühl-Güldenboden und E.-Hohenstein in Ostpreußen sowie der Haffuferbahn E.-Braunsberg und hat Dampferverbindung mit Danzig und Königsberg. Die Reederei zählte 1901: 18 Dampfschiffe. 1901 kamen im dortigen Hafen an: 104 Seeschiffe zu 21,168 Reg. – Ton.; es gingen ab: 101 Schiffe zu 20,688 Reg. – Ton. Der Binnenverkehr vollzieht sich auf dem Elbing-Oberländischen Kanal (s. d.). Eine elektrische Bahn vermittelt den Verkehr in der Stadt und mit den Orten der nächsten Umgebung. An Bildungsanstalten besitzt E. ein Gymnasium, eine Oberrealschule, eine Stadtbibliothek mit ca. 28,000 Bänden, ein Altertumskabinett etc.; von Behörden haben in E. ihren Sitz: ein Landgericht, ein Hauptsteueramt und das Landratsamt des Landkreises E. Die städtischen Behörden zählen 15 Magistratsmitglieder und 60 Stadtverordnete. Anziehend sind die Umgebungen der Stadt: das romantische Vogelsang, die Waldpartien bei Panklau und dem kaiserlichen Schloß Kadienen mit ihren großartigen Aussichten und das Seebad Kahlberg auf der Frischen Nehrung. – Zum Landgerichtsbezirk E. gehören die acht Amtsgerichte zu Christburg, Deutsch-Eylau, E., Marienburg, Riesenburg, Rosenberg, Stuhm und Tiegenhof.

E. entstand aus Ansiedelungen, namentlich von Lübecker und Bremer Kolonisten, um die 1237 von dem Deutschen Orden daselbst angelegte Burg. Die Stadt erlangte 1246 lübisches Recht, wurde frühzeitig in die deutsche Hansa aufgenommen, ging aber in ihrem Wohlstand sehr zurück, als sie sich 1454 vom Deutschen Orden losriß und unter polnischen Schutz stellte. König Kasimir von Polen machte E. 1454 zum Sitz einer Woiwodschaft. 1558 wurde den Protestanten die freie Religionsübung gestattet. Im Vertrag zu E. vom 10. Sept. 1656 wurde Danzig von Holland und dem Großen Kurfürsten für neutral erklärt. 1698 nahm der Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg E., weil König Kasimir von Polen es 1657 um 400,000 Tlr. an dessen Vater verpfändet hatte, gab es aber, nachdem er 1700 durch Verpfändung der polnischen Reichskleinodien gesichert war, an Polen zurück. Als jedoch die auf 300,000 Tlr. herabgesetzte Pfandsumme von Polen nicht bezahlt ward, setzte sich Friedrich 1703 wieder in den Besitz des Elbinger Stadtgebiets. Damals wurde E. von Karl XII. von Schweden überfallen und gebrandschatzt, 1710 von den Russen erobert und kam demnächst wieder an Polen. Ganz herabgekommen, erholte sich die Stadt erst wieder, als sie 1772 bei der ersten Teilung Polens an Preußen kam. Vgl. Fuchs, Geschichte der Stadt E. (Elbing 1818–52, 6 Tle.); Rhode, Der Elbinger Kreis (Danz. 1871); Wernick, Elbing (das. 1888).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 596.
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