Liechtenstein [3]

[535] Liechtenstein, 1) Joseph Wenzel, Fürst von, österreich. Feldherr und Staatsmann, geb. im August 1696, gest. 10. Febr. 1772, machte 1716–18 die Feldzüge gegen die Türken mit, focht 1734–35 am Rhein, kam 1735 als Gesandter nach Berlin, wo er dem Kronprinzen, nachmaligen König Friedrich II., persönlich sehr nahe stand, und war 1737–41 Gesandter in Versailles. Im Österreichischen Erbfolgekrieg focht er zuerst in Schlesien, dann in Böhmen, wo er 1742 die Schlacht bei Časlau mitmachte; im September 1745 übernahm er als Feldmarschall den Oberbefehl in Italien und erfocht 16. Juni 1746 den Sieg bei Piacenza über die Franzosen. Wegen Krankheit legte er den Oberbefehl bald nieder und widmete sich ausschließlich dem Artilleriewesen, dessen Reformator er mit Hilfe tüchtiger Ausländer (Alvson, Rouvroy, »der Feuerteufel«, Schröder und Jaquet) in Österreich wurde.

2) Karl Joseph, Fürst von, österreich. General, Neffe des vorigen, geb. 20. Sept. 1730, gest. 21. Febr. 1789, trat früh in die österreichische Kavallerie,[535] rückte während des Siebenjährigen Krieges zum General auf und zeichnete sich im Bayrischen Erbfolgekrieg 1778 durch geschickte Führung seines Korps aus. Im Türkenkrieg unternahm er als Oberbefehlshaber eines Armeekorps im April 1788 die vergebliche Belagerung von Türkisch-Dubitza. Er starb als Feldmarschall.

3) Johann Joseph, Fürst von, österreich. General, Neffe des vorigen, geb. 26. Juni 1760, gest. 24. April 1836 in Wien, trat 1782, von Lacy geschult, in die Armee, zeichnete sich im Türkenkrieg 1788–90 durch persönliche Tapferkeit aus und erwarb 1794 bei einem Angriff auf das französische Lager von Maubeuge den Grad eines Generalmajors. In der Schlacht an der Trebbia (17.–19. Juni 1799) entschied er den Sieg und ward dafür zum Feldmarschalleutnant befördert. Neuen Ruhm erwarb er sich bei Novi, Hohenlinden und Salzburg. Durch den Tod seines Bruders (März 1805) zur Regierung des Fürstentums gelangt, übernahm er dennoch den Befehl eines Armeekorps. Nach der Schlacht von Austerlitz, wo er mit seinen Truppen den Rückzug zu decken hatte, unterzeichnete er einen Waffenstillstand und 26. Dez. den Frieden von Preßburg. Beim Ausbruch des Krieges von 1809 erhielt er den Oberbefehl über das Kavallerie- und Grenadierreservekorps und entschied bei Aspern den Sieg. Auch bei Wagram focht er, den Generalquartiermeister Radetzky zur Seite, mit Auszeichnung. Als Erzherzog Karl den Oberbefehl des Heeres niederlegte, erhielt diesen L. mit der Ernennung zum Feldmarschall, erklärte sich aber entschieden gegen die Fortführung des Krieges und unterzeichnete bald darauf den Wiener Frieden. Er widmete sich nun gemeinnützigen Anlagen und der Pflege der Künste und Wissenschaften. Vgl. Criste, Feldmarschall Johannes Fürst von L. (Wien 1905).

4) Alfred, Prinz, geb. 11. Juni 1842, ältester Sohn des Prinzen Franz L., Generals der Kavallerie und erblichen Herrenhausmitgliedes (gest. 1. April 1887), diente zuerst als Leutnant im Regiment Windischgrätz-Dragoner Nr. 2, später als Rittmeister im Husarenregiment Nr. 9, dessen Inhaber sein Vater war, und vermählte sich 1865 mit der Prinzessin Henriette, der Schwester des regierenden Fürsten Johann II. zu Liechtenstein. Ein eifriger Ultramontaner, bildete er 1873 in Steiermark ein Zentralwahlkomitee der österreichischen Rechtspartei, ward in den Landtag und 1879 in das Abgeordnetenhaus gewählt und war 1881–86 Obmann der neuen, rein klerikalen Zentrumspartei. Seit 1887 ist er Mitglied des Herrenhauses.

5) Alois, Prinz, Bruder des vorigen, geb. 18. Nov. 1846, diente zuerst im Regiment seines Vaters als Leutnant, ging dann zur diplomatischen Laufbahn über, schied aber 1873 aus dem Staatsdienst und widmete sich der innern Politik, in der er einen streng ultramontanen Standpunkt einnahm, wie seine Broschüre »Über Interessenvertretung im Staat« (2. Aufl., Wien 1877) bewies. Seit 1878 Mitglied des Abgeordnetenhauses, schloß er sich zuerst der Rechten an und war Mitglied des Exekutivkomitees derselben; 1881 veranlaßte er hauptsächlich die Bildung jener rein klerikalen Zentrumsfraktion, als deren geistiger Leiter er im Januar 1888 im Reichsrat den Liechtensteinschen Schulantrag einbrachte, der, von der Bischofskonferenz festgestellt, in Österreich die konfessionelle Volksschule wieder einführen wollte. Im Herbst 1889 legte L. sein Reichsratsmandat nieder, wurde aber 1891 und von neuem 1897 im Wiener Vorort Hernals auf sein christlich-soziales und antisemitisches Programm hin gewählt. Er ist einer der Führer der christlich-sozialen Partei Luegers. Unter anderm schrieb er noch »Das Reich der Römer«, sozialpolitische Studie (Wien 1899).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 535-536.
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