Marchand [2]

[269] Marchand (spr. marschāng), 1) Felix, Mediziner, geb. 22. Okt. 1846 in Halle a. S., studierte seit 1866 an der medizinisch-chirurgischen Akademie in Berlin, machte als Assistenzarzt den deutsch-französischen Krieg mit, war dann Militärarzt in Neiße und Berlin, wurde 1876 Assistent am Pathologischen Institut in Halle, habilitierte sich daselbst 1879 mit einer Arbeit über Eierstocksgeschwülste, ging aber noch in demselben Jahr als Privatdozent nach Breslau und wurde 1881 Professor der pathologischen Anatomie und allgemeinen Pathologie in Gießen. 1883 ging er in gleicher Eigenschaft nach Marburg und 1900 nach Leipzig. Er arbeitete über Vergiftung mit chlorsauren Salzen, über Einheilung von Fremdkörpern, über die Anatomie der Mikrokephalie, die Entwickelung des Balkens im menschlichen Gehirn, die Morphologie des Stirnlappens und der Insel der Anthropomorphen, über die decidualen Geschwülste, über die normale und pathologische Anatomie der glandula carotica und der Nebennieren, über die Placenta des Kaninchens, über das Hirngewicht der Menschen etc. Er schrieb: »Über die natürlichen Schutzmittel des Organismus« (Leipz. 1900); »Über den Prozeß der Wundheilung mit Einschluß der Transplantation« (in der »Deutschen Chirurgie« von Bergmann und Bruns, Stuttg. 1901); »Rud. Virchow als Patholog« (Münch. 1902). Auch lieferte er viele Artikel für Eulenburgs »Realenzyklopädie der gesamten Heilkunde«.

2) Thomas, franz. Afrikareisender, geb. 22. Nov. 1863 in Thoissey (Ain), trat 1883 in die Marineinfanterie ein, besuchte bis 1887 die Militärschule von St.-Maixent, kam 1889 nach Westafrika und nahm an der Nigerexpedition von Hourst teil. 1890 zum Leutnant befördert, beteiligte er sich an der Expedition von Archinard nach dem Sudân, die zur Einnahme von Segu führte. 1891 wurde er französischer Resident beim König Tieba in Sikasso, wurde aber von dessen Truppen im Kampfe gegen Samory im Stiche gelassen, so daß er sich nach der Küste zurückziehen mußte. Zum Kapitän befördert, kehrte er 1892 nach Frankreich zurück, begab sich aber 1893 wieder nach Westafrika, wo er von der Elfenbeinküste bis Tengrela im Nigergebiet vordrang und dann unter Monteil am Kampfe gegen Samory teilnahm. Nach Frankreich 1895 zurückgekehrt, wurde er von der Regierung mit der Leitung einer Expedition vom französischen Kongogebiet zum obern Nil betraut. Mitte 1896 begab er sich von Paris zum Kongo, wo er die Expedition ausrüstete, verließ 21. März 1897 mit zwei Kanonenbooten, Faidherbe und Nil, Brazzaville, fuhr den Ubangi und dessen Nebenfluß Mbomu aufwärts und erreichte im Frühling 1897 Ratai, von wo er unter großen Schwierigkeiten seine Fahrzeuge über die Wasserscheide zwischen Kongo und Nil nach Tambura am Such brachte und nach siegreichen Kämpfen mit den Derwischen im Gebiete des Bahr el Gazal 10. Juli 1898 mit 8 Offizieren und 120 Soldaten in Faschoda anlangte. Hier traf 21. Sept. 1898 der Oberbefehlshaber der englischägyptischen Sudanexpedition, Kitchener, ein und verlangte die Räumung des Platzes. Zur Erledigung der Besitzfrage begab sich darauf M. mit Kitchener über Kairo nach Europa, kehrte aber, inzwischen zum Major befördert, nach dem Abschluß des englisch-französischen Sudânvertrags Ende 1898 nach Faschoda zurück, verließ es 11. Dez. d. J. mit seinen Leuten und dem Kanonenboot Faidherbe, fuhr den Nil, dann den Sobat und dessen Nebenfluß Baro hinauf bis zur Grenze der Schiffbarkeit, zog dann zu Fuß weiter und langte 11. März 1899 in Addis-Abeba an. Über Dschibuti kehrte M. nach Paris zurück, wo er Ende Mai eintraf und mit Begeisterung empfangen wurde. Wegen seiner Verdienste während der chinesischen Expedition wurde M. 1902 außer der Reihe zum Oberst befördert. Im Mai 1904 nahm er seinen Abschied, weil ihm nicht gestattet wurde, in der russischen Armee den russisch-japanischen Krieg mitzumachen. Vgl. Morphy, Le commandant M. et ses compagnons d'armes à travers l'Afrique (Par. 1900); Poirier, De l'Oubanghi á Fachoda. M. et la mission Congo-Nil (das. 1900); Castellani, M. l'Africain (das. 1902); Varatier, Mission M., itinéraire de la mission (Karte, das. 1903, 4 Blatt).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 269.
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