Tschechische Sprache

[771] Tschechische Sprache, gehört zur westlichen Abteilung der slawischen Sprachfamilie und ist am nächsten mit dem Sorbischen (Lausitzer-Wendischen) verwandt (s. Slawische Sprachen). Das Gebiet der tschechischen Sprache ist das innere und östliche Böhmen, Mähren, ein Teil von Österreichisch-Schlesien (bei Troppau), ein kleines Stück von Preußisch-Schlesien (südlich von Ratibor) und das nordwestliche Ungarn. (Hinsichtlich der genauern Sprachgrenzen vgl. Kiepert, Völker- und Sprachenkarte von Österreich und den untern Donauländern, Berl. 1869, und Völker- und Sprachenkarte von Deutschland und den Nachbarländern, 2. Aufl., das. o. J.; Le Monnier, Karte der Verteilung der Bevölkerung Österreich-Ungarns nach der Umgangs-, bez. Muttersprache, Wien 1885, und Sprachenkarte von Österreich-Ungarn, das. 1888; Nabert, Karte der Verbreitung der Deutschen in Europa, Blatt II, VI u. VII, Glogau 1891; Paul Langhans, Karten der Verbreitung von Deutschen und Slawen in Österreich, Gotha 1899; J. Zemmrich, Sprachgrenze und Deutschtum in Böhmen, Braunschw. 1902.) Innerhalb des Tschechischen ist zu unterscheiden: 1) das eigentliche Tschechische oder Tschechische im engern Sinne, in Böhmen; 2) das mährische Tschechisch, in Mähren (und Schlesien), und 3) das Slowakische, im nordwestlichen Ungarn und südöstlichen Mähren. Die Literatursprache der böhmischen und mährischen Tschechen ist das Tschechische im engern Sinne, während die Slowaken ihre eigne Literatursprache ausgebildet haben (s. Slowakische Sprache). Bereits im Mittelalter zur Schriftsprache entwickelt, erreichte das Tschechische den höchsten Grad seiner Ausbildung im 16. und im Anfang des 17. Jahrh. Seit dem 17. Jahrh. begann die deutsche Sprache mehr und mehr Eingang zu finden; die meisten tschechischen Bücher wurden als ketzerisch verdächtigt, neue in den kriegerisch unruhigen Zeiten nicht geschrieben, und die t. S. blieb fast nur noch Eigentum der untern Schichten des Volkes, bis sich seit der Mitte des 18. Jahrh. gelehrte Patrioten des fast vergessenen Idioms wieder annahmen und mit der Wiederbelebung der tschechischen Literatur Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrh. die t. S. wieder zu Ansehen gelangte (vgl. Tschechische Literatur). Seit Anfang der 30er Jahre des 19. Jahrh. wird das Tschechische mit lateinischen Buchstaben geschrieben, früher war dafür die deutsche Schrift im Gebrauch. Die Anfänge tschechischer Grammatik fallen in das 16. Jahrh. Die erste wirklich wissenschaftliche tschechische Grammatik ist J. Dobrowskys »Lehrgebäude der böhmischen Sprache« (Prag 1809,2. Ausg. 1819). Von neuern Werken zur Erlernung der tschechischen Sprache für Deutsche sind anzuführen: die Grammatiken und Lehrbücher von Tomíček. (4. Aufl., Prag 1865), Vymazal (Brünn 1881), Čenský (3. Aufl., Prag 1888), Masařík (6. Aufl., das. 1902), F. Schulz (1902; 3. Aufl. von Vorovka, das. 1900), K. Kunz (7. Aufl., Wien 1906) etc. Am besten bearbeitet ist die Grammatik der tschechischen Sprache in den (tschechisch geschriebenen) Werken von J. Gebauer: der »Lautlehre« (»Hláskosloví jazyka českého«, Prag 1877), der »Grammatik für Mittelschulen« (»Mluvnice česká pro školy střední«, das. 1890, 2 Tle.; 2. Aufl. 1894) und der »Historischen Grammatik« (»Historická mluvnice jazyka českého, I«, das. 1894; III, 1896 u. 1898, 2 Bde.). Eine vergleichende Grammatik des Tschechischen und Slowakischen schrieb M. HattalaSrovnávací mluvnice jazyka českého a slovenského«, Prag 1857). Lehrbücher der alttschechischen Grammatik schrieben Šafařík (Prag 1845; deutsch hrsg. von Jordan 1847,2. Ausg. 1867), Květ (3. Aufl., das. 1869) und J. Jireček (das. 1870). Von den ältern größern Wörterbüchern ist das bedeutendste das großartige Werk von Jungmann (Prag 1835–39, 5 Bde.), von den neuern das von Kott (das. 1878–93, 5 Bde. und 2 Nachtragsbände), beide nur tschechisch-deutsch, noch im Erscheinen das von Herzer (das. 1901 ff.); von kleinern sind zu erwähnen das von Šumavský (»Deutsch-böhmisches Wörterbuch«, das. 1844–46, 2 Bde., und »Böhmisch-deutsches Wörterbuch«, das. 1848–51, 3. Aufl. 1874), ferner das Taschenwörterbuch von Rank (böhmisch-deutscher Teil, 7. Aufl., das. 1904; deutsch-böhmischer Teil, 6. Aufl. 1901; kleine Ausg., 4. Aufl. 1898, 2 Tle.), das von Sterzinger (2. Aufl., Leipz. 1905, 2 Tle.), das Handwörterbuch von Jordan (4. Aufl., das. 1887), von Konečný, von Kunz und Váša etc. Ein größeres deutsch-tschechisches Wörterbuch (nach dem Muster des französischen Wörterbuchs von Sachs-Villatte) ist das von Sterzinger (revidiert von Mourek, Prag 1893 bis 1898, 2 Bde.). Ein großes alttschechisches Wörterbuch erscheint seit 1901 von J. Gebauer (bis 1906: 13 Hefte). Hinsichtlich der Grammatik und Wörterbücher des Slowakischen s. Artikel »Slowaken«. Über die tschechische Dialektologie schrieb Šembera (»Základové dialektologie československé«, Wien 1864) und speziell über die mährische Bartoš (»Dialektologie moravská«, Brünn 1886 u. 1895, 2 Tle.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 771.
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