Moldau

[168] Moldau (die), ein Theil des alten Dacien, welches sich in unbestimmter Ausdehnung von der Donau bis jenseit des Pruth erstreckte, bildet jetzt ein Fürstenthum, das unter türk. Oberherrlichkeit und russ. Schutze steht und im N. und O. vom Pruth, im NW. von der zu Galizien gehörenden Bukowina, im W. von Siebenbürgen, im S. von der Walachei und Donau begrenzt wird. Es hatte früher einen mehr als doppelt so großen Umfang und erstreckte sich bis zum Dniestr, seitdem aber 1777 die Bukowina an Östreich und das Land jenseit des Pruth (Bessarabien) an Rußland abgetreten wurde, hat es nur noch einen Flächeninhalt von etwa 600 ! M. Die Mehrzahl der 500,000 Bewohnev die sich fast ausschließlich zur griech. Kirche bekennen, sind Walachen und reden auch die sehr wohlklingende walachische Sprache. Seit den Römerzeiten war die M. gleich der Walachei (s.d.) Tummelplatz einer Menge barbarischer Völker, der Gothen, der Hunnen, Petschenegen Kumanen, Mongolen; schon früh machten auch die Türken Einfälle und unterwarfen das Land, dessen Fürsten seit 1529 stets den Sultanen zinspflichtig waren und von ihnen nach Willkür ein- und abgesetzt wurden. Endlich ertheilten sie die Hospodaren würde nicht mehr Moldauern, sondern Griechen aus angesehenen Familien Konstantinopels, die nebst ihrem Anhange kein anderes Interesse hatten, als sich möglichst schnell zu bereichern. Erst 1822, nachdem der Aufstand der Griechen in der Walachei einen unglücklichen Ausgang genommen hatte, wurde wieder ein einheimischer Bojar, Stourdza, zum Hospodar auf Lebenszeit ernannt. Als 1828 zwischen [168] der Pforte und Rußland Krieg ausbrach, besetzte letzteres die Walachei und die Moldau und zog erst 1834 seine Truppen wieder zurück, nachdem es schon 1829 im Frieden zu Adrianopel beiden Fürstenthümern freie Ausübung der Religion, eine unabhängige Nationalverwaltung, vollkommene Handelsfreiheit und mehre andere Vortheile ausgewirkt hatte. Die Gesetzgebung theilt der Hospodar, welchen die Pforte und Rußland im Einverständnisse ernennen, mit dem aus angesehenen Bojaren zusammengesetzten Divan. Die Armee besteht aus 12,000 M. und die Einkünfte mögen sich auf nahe an 21/2 Mill. Piaster belaufen, wovon 162,000 jährlich an die Pforte als Tribut gezahlt werden.

Im W. der M. erheben sich die Karpaten, welche von tiefen, dichtbewaldeten Thälern durchschnitten sind; das übrige Land ist eine fruchtbare, meist von Hügeln durchzogene Ebene, hat ein mildes Klima, doch sind die Winter manchmal sehr kalt. Es ist reich an Metallen, Salz, Mais, Weizen, Hanf, Melonen, Honig und Wachs, vortrefflichem Weine, Nutzholz aller Art und es werden selbst Schiffsmasten ausgeführt. Auf den üppigen Triften weiden zahlreiche Rindvieh- und Schafheerden; die Wälder, in denen sich mehre Millionen Schweine von Eicheln nähren, geben pelztragenden Thieren, z.B. Bären. Wölfen, Mardern und Füchsen Schutz; Hasenfelle und sogenannte Avignonbeeren werden in großer Masse ausgeführt, und das Land müßte sich bei seiner Productenfülle längst zum Wohlstande erhoben haben, wenn nicht das Volk so manche Jahrhunderte unter argem Drucke geschmachtet hätte, da die nun schon seit einigen Jahren hier auch mit Dampfbooten befahrene Donau, welche den Pruth und Sereth aufnimmt, den Verkehr mit dem östr. Kaiserstaate und mit Konstantinopel erleichtert. Die Gewerbsamkeit ist aber kaum der Rede werth und meist in den Händen der Zigeuner, der Handel in denen der Deutschen, Armenier und Juden. Der Ackerbau liegt danieder, der Bauernstand ist gedrückt und eine Mittelclasse nicht vorhanden; Geistliche und Bojaren genießen viele Vorrechte und zahlen gar keine, oder doch nur geringe Steuern.

Die M. zerfällt in das Zara de Suß oder Oberland, and Zara de Schoß oder Niederland. Im erstern liegt die Handelsstadt Bottoschaul mit etwa 4000 Einw. Die Hauptstadt und Residenz des Hospodars, Jassy mit 30,000 Einw., liegt am Bachlui, der mehr eine lange Reihe sumpfiger Teiche, als einen eigentlichen Fluß bildet, in einer hübschen, aber nicht sehr gefunden Gegend. Die Gassen sind unreinlich und mit Bohlen belegt, die Häuser meist schlecht und aus Holz gebaut, daher die Stadt sehr häufig starken Feuersbrünsten ausgesetzt gewesen ist, auch in neuerer Zeit viel von verheerenden Seuchen gelitten hat. Die Gewerbsamkeit ist unbedeutend, der Handel aber beträchtlich. Die wichtigste Handelsstadt ist Galacz am linken Ufer der Donau, mit 15,000 Einw., die sich seit Kurzem bedeutend gehoben hat, hübsch und regelmäßig gebaut ist und deren Hafen Schiffe von 300 Tonnen Last aufnehmen kann; es wohnen hier Kaufleute aller handeltreibenden Nationen und Ein- und Ausfuhr sind sehr beträchtlich.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 168-169.
Lizenz:
Faksimiles:
168 | 169
Kategorien: