Postwesen

[548] Postwesen. Die Posten sind öffentliche Anstalten, durch welche Briefe, Packete und Personen schnell und sicher von einem Orte zum andern gebracht werden. Ein wesentliches Mittel zur Erreichung dieses Zweckes und ein charakteristisches Merkmal der Posten ist die Anlage von bestimmten Stationen, d.h. Orten, wo die Pferde und in der Regel auch die Wagen gewechselt werden. Man kann sie eintheilen in ordentliche und außerordentliche, oder Extraposten, wovon die erstern regelmäßig an bestimmten Tagen und zu bestimmten Stunden abgehen, die andern aber nur auf besonderes Verlangen von Reisenden, welche sich dieses Beförderungsmittels bedienen wollen. Die ersten bekannten Spuren postähnlicher Einrichtungen finden wir im alten pers. Reiche unter Darius Hystaspis, wo auf allen Hauptstraßen in der Entfernung einer Tagereise reitende Boten aufgestellt waren, welche aus den entlegensten Provinzen die Nachrichten an den Hof bringen mußten. Wie diese Einrichtung kamen auch ähnliche Anstalten in andern Ländern anfangs blos der Regierung zu gute und erst später fand man es sehr einträglich und heilsam, sie auch im Interesse von Privatpersonen wirken zu lassen. In Deutschland finden wir erst in der letzten Hälfte des 15. Jahrh. die Anfänge eines eigentlichen, wenngleich noch höchst unvollkommenen Postwesens, als Privatunternehmen des Grafen Roger I. von Thurn und Taxis, dessen Sohn Franz auf Verlangen Kaiser Maximilian I. im J. 1516 eine Post von Brüssel nach Wien einrichtete und dafür vom Kaiser den Titel eines Generalpostmeisters erhielt. Auf Veranlassung der Türkenkriege wurde bald darauf auch eine Reichspost von Wien nach Nürnberg, wo das Reichsregiment versammelt war, und später 1542 eine Feldpost eingerichtet, welche bald eine bedeutende Ausdehnung bekam, indem Taxis eine reitende Post über Lüttich, Trier, Speier, durch das Würtembergische über Augsburg bis Tirol und Italien herstellte. Bereits im J. 1543 hatte Leonhard von Taxis vom Kaiser Karl V. eine Bestallung nicht blos als niederländ. Oberpostmeister, sondern auch als Oberpostmeister des deutschen Reichs erhalten. Da sie aber nicht in der Reichs-, sondern in der niederländ. Kanzlei, und nicht in der deutschen, sondern in franz. Sprache ausgefertigt war, so hielten sich die Kurfürsten, Fürsten und übrigen Stände nicht für daran gebunden und Kurpfalz, Würtemberg, Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg, Braunschweig, Hessen und andere Reichsstände richteten eigne Postanstalten ein. Kaiser Rudolf II. ernannte aber Leonhard von Taxis (1595) nicht blos zum kais. Generalpostmeister im Reiche, sondern erklärte auch das Postwesen für ein hochbefreites kais. Regal, dem durch kein Hinderniß Eintrag oder Nachtheil geschehen dürfe. Kaiser Matthias gab im J. 1615 dem Hause Taxis sogar das Postwesen im Reiche als ein von Neuem eingesetztes Regal zu Lehen, wogegen dasselbe sich zur Anlegung einiger neuer Posten, sowie zur gehörigen Bestellung und Unterhaltung der bereits bestehenden ordinairen Posten und zur unentgeltlichen Besorgung kais. Staffetten und Briefe verbinden mußte. Allein das Recht zu einer solchen Erklärung der Post für ein hochbefreites kais. Regal und zu erblicher Belehnung mit derselben ist stets bestritten worden und nur auf dem Wege gütlicher Vereinbarung mit den einzelnen Reichsständen hat das Haus Taxis seine Postanstalten über ganz Deutschland ausbreiten können. Durch die Auflösung des deutschen Reichsverbandes und die Rheinbundsacte erhielt das Taxische Postwesen einen bedeutenden Stoß und in den meisten deutschen Staaten von einiger Bedeutung wurden eigne Posten angelegt oder später mit den Postanstalten größerer Nachbarländer Conventionen zur Übernahme derselben abgeschlossen. So haben z.B. die anhaltischen Lande und Mecklenburg-Strelitz preuß. Postanstalten, deren auch in Hamburg eine neben einem engl., schwed., dän., Taxis'schen und hanov. Postamte besteht. Eine vorzügliche Ausbildung und Ausbreitung hat in neuern Zeiten durch den Generalpostmeister v. Nagler das preuß. Postwesen erhalten, welches zuerst die Eilwagen oder Eilpo sten 1821 einführte, und es dient bis jetzt vielen Staaten zum Muster. Nach dem heutigen deutschen Staatsrechte sind die Posten zu den Regalien (s.d.) der Landesherren zu zählen und daher Privatpersonen von der Errichtung ähnlicher Einrichtungen ausgeschlossen. Es liegt aber im wahren Interesse der Landesregierungen, durch billige Posttaxen den Verkehr so viel wie möglich zu erleichtern und zu befördern. Ein Postzwang, welcher den Gebrauch von Lohn- oder Miethkutschern und das Absenden von Boten verbieten oder beschränken wollte, würde ebenso unpolitisch als ungerecht sein. Die Postanstalten genießen aber als Wohlthaten des gemeinen Wesens mit Recht einen vorzüglichen Schutz des Staates und erfreuen sich mancher Privilegien, welche zu ihrem Gedeihen und zu einer nützlichen Wirksamkeit nothwendig sind. Ein wesentliches Erfoderniß zu ihrem Bestehen ist das Vertrauen auf die völlige Sicherheit der Güter und Briefe, welche den Posten übergeben werden und das auf der gewissenhaftesten Besorgung der Postgeschäfte beruht. Alle der Post übergebene Gegenstände werden deshalb in besondere Verzeichnisse, Postcharten, eingetragen (cartirt), was aber nur bei den preuß. und sächs. Posten vollständig geschieht, und über Geld und andere Kostbarkeiten von den Postämtern auf gewisse Zeit gültige Scheine ausgestellt. Daß zufolge derselben die Postämter für die Nachlässigkeit und Untreue ihrer Postbedienten einstehen müssen, ist außer Zweifel; es fehlt aber auch nicht an Rechtsgründen, welche schlechthin für den Ersatz selbst des geraubten und gestohlenen Postgutes sprechen, unter der Voraussetzung, daß eine ausdrückliche Angabe des Werthes, wonach sich auch die Höhe des Portos richtet, erfolgt ist. Das Unterschlagen oder Eröffnen der den Posten übergebenen Briefe von Seiten der Behörden [548] ist in der Regel eine offenbare Verletzung des öffentlichen Vertrauens und nur in wenigen Fällen, wo sichere Anzeichen vorhanden sind, daß die Sicherheit des Staates bedroht ist oder grobe Verbrechen entdeckt werden können, wird die Verletzung des Postgeheimnisses, dessen Heiligkeit oft ausdrücklich von den Staatsgrundgesetzen garantirt ist, als erlaubt angesehen. Der von den Postanstalten für von ihnen besorgte Briefe oder Sachen erhobene Geldbetrag heißt Porto und Postporto und wird im Allgemeinen nach der Entfernung, nach dem Gewichte der Briefe und Packete und nach ihrem etwaigen Werthe an Geld oder anderm Inhalte berechnet. Die Vorausbezahlung des Portos für einen Brief oder ein Packet am Orte, wo man es zur Post gibt, nennt man das Frankiren oder Freimachen desselben. Soll ein Brief oder Packet am Orte seiner Bestimmung von der Postanstalt aufbewahrt werden, bis es der Empfänger abfodert, so bezeichnet man es mit poste restante. – Postmeile heißt das von den Postanstalten für die von den Posten zurückgelegten Entfernungen angenommene Wegemaß, welches in den verschiedenen Ländern sehr abweicht. In Baiern, Hanover und Preußen ist die Postmeile der geographischen Meile gleich und es gehen 15 auf einen Grad des Äquators, während z.B. im Großherzogthume Baden nur 121/2, in Hessen 111/2, in Sachsen ungefähr 12 Postmeilen schon derselben Entfernung gleichkommen. Die zum Fahren der Posten und mit Postpferden Reisenden, sowie zur reitenden Besorgung von Briefposten und Staffetten und überhaupt zur Abwartung der Postpferde angestellten und besonders verpflichteten Knechte heißen Postillons und zeichnen sich außer ihrer Uniform noch durch das Posthorn (s.d.) aus.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 548-549.
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