Köprülü [2]

[473] Köprülü (Kuprili, Kiuperli, Köprili), 1) Mohammed, osman. Großwesir, geb. 1596 als Enkel eines nach Kleinasien ausgewanderten Albanesen in Köpri (daher der Zuname Köprülü), gest. 1. Nov. 1661 in Adrianopel, schwang sich zum Oberstallmeister des Großwesirs Kara Mustafa auf, focht in den Kriegen auf Cypern und gegen Persien und erhielt den Posten eines Statthalters in Damaskus. Er war ein Greis von 60 Jahren, als er im September 1656 von der Mutter des minderjährigen Sultans Mohammed IV. zum Großwesir erhoben wurde. Er unterdrückte die fanatischen Orthodoxen, entfernte unwürdige Beamte und ließ die Anführer früherer Aufstände hinrichten. Seine Politik war umsichtig, schlau und hinterlistig, sein Verfahren fest und klug, aber schonungslos; er war unbestechlich und unerbittlich. Nachdem er die zerrütteten Finanzen geordnet, Kriegsmut und Nationalgefühl der Osmanen neu belebt hatte, führte er Heer und Flotte gegen die venezianische Seemacht L. Mocenigos, stellte die gesunkene Kriegszucht wieder her, demütigte die Janitscharen, eroberte Tenedos, Lemnos (1657), Siebenbürgen (1657/58) und die Stadt Yanowa in Persien, dämpfte Aufstände in Syrien (Anfang 1659) und Ägypten, deckte die Grenzen des Reiches durch neue Bollwerke, erbaute die neuen Schlösser der Dardanellen und bereicherte den Reichsschatz. Vor seinem Tod empfahl er seinen Sohn zum Nachfolger in seinem Amt. Vgl. Brosch, Geschichten aus dem Leben dreier Großwesire (Gotha 1899).

2) Ahmed, Sohn des vorigen, geb. 1633, gest. 30. Okt. 1676, war anfänglich von seinem Vater zu einem Ulema (Gesetzgelehrten) bestimmt, wurde dann aber mit der Statthalterschaft von Erzerum, hierauf mit der von Damaskus betraut. Weise und uneigennützige Verwaltung dieser Posten erwarb ihm die Liebe seiner Untergebenen, eine erfolgreiche Unternehmung gegen die Drusen das Vertrauen des Sultans. Letzterer machte ihn zum Kaimakam oder Stellvertreter seines Vaters und nach dessen Tode zum Großwesir. Seinen Vater an Bildung und Staatsklugheit übertreffend, verwaltete er 15 Jahre hindurch das Reich klug und streng. Er führte viele Kriege, erlangte selbst nach der Niederlage bei St. Gotthard (1. Aug. 1664) den günstigen Frieden von Vasvár (10. Aug.), in dem er Serimvár und Ujvár behauptete, und eroberte 27. Sept. 1669 nach einer 29monatigen Belagerung Kreta und 1672 Kamenez. Daneben unterstützte er Dichter, Geschichtschreiber und Rechtsgelehrte und gründete eine öffentliche Bibliothek; selbst im Feldlager beschäftigte er sich mit den Wissenschaften. K. starb auf einer Reise ins kaiserliche Lager bei Adrianopel. Vgl. Brosch, Geschichten (s. Köprülü 1).

3) Mustafa (genannt Fazil), Bruder des vorigen, war 1687 Kaimakam, als die Revolution unter Mohammed IV. ausbrach, den er verhindert hatte, seinen Bruder, den nachmaligen Sultan Suleiman III., zu ermorden. Zum Dank dafür ernannte ihn letzterer 1689 zum Großwesir. K. verwaltete sein Amt treu und umsichtig; er war gebildet, in Sitten und Grundsätzen streng und ordnete staatsklug die Finanzen. Er eroberte 18. Okt. 1690 Belgrad zurück, siegte bei Essek, fiel aber in der Schlacht bei Slankamen 19. Aug. 1691.

4) Amudschasade Hussein, Neffe von K. 1), gest. Ende 1702, hatte sich unter seinem Oheim und dessen Söhnen zum Staatsmann gebildet, als Statthalter von Belgrad wie im Kriege durch klugen Rat bemerkbar gemacht und ward im September 1697 unter Mustafa II. zum Großwesir erhoben. Seine erste Tat war der Abschluß des Friedens zu Karlowitz (26. Jan. 1699). Überhaupt war seine Politik gemäßigt und friedliebend. Er milderte den Druck, der auf den Christen lastete, förderte den religiösen Unterricht des Volkes, gründete Schulen, öffentliche Anstalten und Bauwerke, einige sogar auf eigne Kosten, sorgte für die Sicherheit der Grenzen und die Ordnung im Staatshaushalt und war ein Gönner der Dichter und Gelehrten. Im September 1702 erhielt er seinen Abschied.

5) Niuhman, Sohn von K. 3), war erst Statthalter von Negroponte und wurde von Ahmed III. 15. Juni 1710 zum Großwesir ernannt, aber, da er sich einem Kriege mit Rußland zugunsten des Königs von Schweden widersetzte, schon 18. Aug. d. J. als Statthalter nach Negroponte verbannt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 473.
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