Senegambĭen

[341] Senegambĭen, franz. Kolonialgebiet in Westafrika, ursprünglich benannt nach den beiden Flüssen Senegal und Gambia (s. Karte bei Artikel »Guinea«), 958,600 qkm mit 8,200,000 Einw., das nach der Neuregelung von 1902 umfaßt: 1) die zur ehemaligen Kolonie Senegal (s. d.) gehörigen Schutzgebiete südlich vom Senegal und am Kasamanze (sie umschließen Englisch-Gambia); 2) die Gebiete am obern Senegal und am obern Niger östlich bis zum Banifluß und die Landschaften nördlich davon; 3) die drei Militärterritorien. Von diesen letztern hat das erste, nördliche (1899), seine Hauptentwickelung innerhalb des Nigerbogens mit den Kreisen Timbuktu, Sompi, Gundam, Bandiagara, Dori und Wahiguya, das zweite, südliche (1899), östlich vom Bani im Gebiet des obern Volta mit den Kreisen San, Wagadugu, Leo, Kury, Sikasso, Bobo Diulassu und Djebugu, das dritte, östliche (1900), östlich des Niger bis zum Tsadsee, mit dem Hauptort Sinder oder Zinder (dafür jetzt Niamey), das die Verbindung zwischen Französisch-Westafrika und Französisch-Kongo herstellen soll.

Als breiter Meeresarm schneidet tief ein die Mündung des Kasamanze (s. d.), der von der Küste aus befahrbar ist. Dieser Teil ist durch die Schlammablagerungen der Flüsse, aus denen er allmählich entstanden ist, außerordentlich fruchtbar und mit der üppigsten Waldvegetation bedeckt. Sonst wechselt fruchtbares Land mit unergiebigen, sumpfigen, dürren und wüstenhaften Gegenden ab. Das ganze Binnenland ist Bergland, das zum Niger schroff abfällt und im Süden an das Hochland des Futa Dschallon (s. d. und Französisch-Guinea) sich anschließt. Der Untergrund des Landes besteht wesentlich aus paläozoischen Ablagerungen, die in Bambuk (s. d.) und an der Ostgrenze von Gangaran von triadischen Sedimenten bedeckt werden, während im Süden in Futa Dschallon das allkristalline Grundgebirge hervortritt. Der Mineralreichtum beschränkt sich auf Eisen und Gold. An Eisenerzen ist vorzüglich das Bergland der Mandinka am obern Senegal reich. Noch verbreiteter scheint in den Bergländern das Gold zu sein, das meist durch Waschen aus roten, eisenreichen Flußalluvionen längs des Faleme in Bambuk etc. gewonnen wird. S. hat zwei Jahreszeiten, eine trockene und eine nasse (ungesund, Sumpffieber). Die letztere beginnt im Mai und Juni und endet im November mit Eintritt des Nordostpassates, während dessen die Temperatur sehr geringe Schwankungen zeigt. Gewitter sind zahlreich, Tornados (Gewitterböen) nicht selten. Die trockene Jahreszeit ist frisch, angenehm und gesund für das Küstengebiet. Bis zum Nigerdelta (s. Niger) wechseln in S. Savannen mit verhältnismäßig eingeschränktem Waldgebiet ab. Typische Vertreter der sudanesischen Flora sind die Dumpalme (Hyphaene thebaica), Delebpalme (Borassus aethiopum) und Ölpalme (Elaeis guineensis), der in ganz Zentralafrika verbreitete Baobab (Adansonia) und der Kaffeebaum (Coffea arabica). Kulturpflanzen sind die üblichen der Tropenwelt: Baumwolle, Indigo, Tabak, Pistazien, Maniok und Zuckerrohr; weiter nach N. Orangen, Zitronen und Johannisbrotbäume. Die Tierwelt, zur westafrikanischen Subregion und äthiopischen Region gehörig, ist reich an Affen, Raubtieren (Löwen), ferner an Antilopen in den Savannen der Küstenstufe, Büffeln und wilden, sogen. äthiopischen Schweinen, die größern Flüsse erfüllt mit Flußpferden, Krokodilen und Fischen. Von Haustieren hält die Bevölkerung ausgezeichnete Esel, Schafe, Ziegen und Rindvieh, letzteres in größter Menge in den von den Fulbe bewohnten Landstrichen, sowie Kamele in den Savannen am Senegal und kleine, aber feurige Pferde; Strauße und Elefanten sind seltener geworden.

Für die Bevölkerung Senegambiens, Senegals und des Kasamanze-Gebietes (ohne die Territorien) stellt Lasnet nach Rassen folgende Berechnung auf: Fulbe, Laoben und Tukulör 220,000 (110,000, 10,000, 100,000); Mandingo, Sarrakolet, Chassonken 70,000; Wolof (s. d.) 440,000; Serer (s. d.) 180,000; Diolas, Baniunkas, Balanten 120,000 (80,000, 25,000, 15,000); Assimilierte etc., einschließlich 3000 Europäer, 22,000; also insgesamt 1,052,000. Über die Bevölkerungszahl in den Territorien sind die Angaben sehr schwankend und unsicher. Binger nimmt für sie im Minimum 5,7, im Maximum 7,95 Mill. an. Sichere Angaben gibt es nur für das Sahelgebiet (s. d.) mit 250,000 Einw. Eine hervorragende Rolle spielen an den Ufern des Senegal die mohammedanischen Tukulör. Die Zahl der Europäer setzt sich zusammen aus Beamten und Offizieren, Kaufleuten sowie Missionaren (seit langer Zeit tätig). Neben katholischen Orden arbeitet die protestantische Pariser Mission und die englische Wesleyanische Mission. Das Heidentum zeigt sich als Fetischismus, doch nirgends mit sehr blutigen Gebräuchen. Der Islam herrscht am meisten in den Bergländern, von wo er allmählich zum Ozean vordringt. Die Bevölkerung treibt fast ausschließlich Ackerbau und Viehzucht. Gebaut werden namentlich Baumwolle, Indigo (beide wild vorkommend), Tabak, Zuckerrohr, Pistazien, Maniok, Erdnüsse und Yams. Hauptstadt von Senegambien-Nigergebiet ist Kayes, das mit St. Louis (s. d.) zur Regenzeit Schiffsverkehr hat und mit Bammako und Kulikoro (s. d.) am Niger durch Eisenbahn und Telegraph (sowie mit den Hauptorten) verbunden ist. Andre Orte sind noch: Bafulabe und Kita. Das Land steht unter Zivilverwaltung, die auch in die Militärterritorien vordringt. Das Budget balanciert (1906) in Einnahmen und Ausgaben mit 4,89 Mill. Fr., wozu das für die Militärterritorien mit 1 Mill. Fr. hinzukommt. Maß, Gewicht und Geld sind die französischen. Vgl. Bérenger-Féraud, Les peuplades de la Sénégambie, histoire, ethnographie, etc. (Par. 1879); Barret, Sénégambie et Guinée (das. 1887); Bayol, Voyage en Sénégambie[341] (das. 1888); Du Sorbiers de la Tourrasse, Au pays des Woloffs (Tours 1897); E. Lagrillière-Beauclerc, Mission an Sénégal et au Soudan (das. 1898); Sébire, Les plantes utiles de S. (das. 1899); Bericht für die Pariser Weltausstellung 1900: »Sénégal-Soudan« (3 Bde.); Aspe-Fleuremont, La Guinée française (Par. 1900); Famechon, Notice sur la Guinée française (das. 1900); P. Leroy-Beaulieu, Le Sahara, le Soudan et les chemins de fer transsahariens (das. 1904). Weiteres s. Senegal (Kolonie und Fluß) und Niger.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 18. Leipzig 1909, S. 341-342.
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