Braut [1]

[249] Braut heißt jetzt ein, einem Manne zur Ehe verlobtes Frauenzimmer, von der Zeit der Verlobung bis zur Schließung der Ehe durch die kirchliche Trauung. Eigentlich hat das Wort aber auch u. ursprünglich die Bedeutung einer Weibsperson, die mit einem Manne das Beilager vollzogen hat, denn das in der Neuhochdeutschen Sprache abhanden gekommene, bes. in dem Mittelhochdeutschen gewöhnliche Verbum briuten (brut) heißt Beilager halten, auch im außerehelichen Sinne. Daher die Benennung Brautkinder für solche, die vor gesetzmäßiger Eingehung der Ehe gezeugt sind (s. Mantelklinder), u. Sitte u. Gebrauch gibt dem Manne, welchem eine Weibsperson verlobt ist (Bräutigam), an die ihm Verlobte (Braut) noch jetzt in vielen Gegenden Rechte, welche die christliche Sitte ihm erst in Folge der kirchlichen Trauung zuerkennt. Überhaupt aber haben auch jetzt noch alle mit Braut zusammengesetzten Wörter Bezug auf die Abschließung der Ehr od. die Hochzeit. Das Entré zur Brautschaft geschieht hier u. da, bes. bei den Alpenvölkern u. in Altrußland, durch die Brautschau, wobei die Mädchen nach dem 15. u. 16. Jahre, nachdem sie vor Ostern communicirt haben, durch erwachsene Freundinnen den heirathslustigen Jünglingen vorgestellt werden, u. dies wiederholen, bis sie eine Braut werden od. ins Kloster gehen; oder es geschieht umgekehrt durch Brautwerber, welche ein heirathslustiger Mann zu derjenigen schickt, welche er zur Braut haben will, um die Brautschaft zu vermitteln, wofür dem Brautwerber, wenn die Sache zu Stande kommt, von dem Bräutigam eine Belohnung (Kuppelpelz) verabreicht wird. Nach Römischem Rechte konnte der Brautwerber diesen Lohn fordern, er durfte aber nicht über 1/20 des Heirathsgutes, überhaupt nicht über 10 Librae auri (Pfund Gold) steigen. Vor der Hochzeit, sonst u. jetzt noch in Niederdeutschland Brautlauf, erhält die Braut von ihren Eltern außer der Aussteuer (Brautschilling) die Brautgabe (Brautschatz, s. Dos), fürstliche Bräute von dem Lande eine Brautsteuer; die Töchter eines Gutsherrn sonst von den Unterthanen Getreide u. Vieh (Brauthafer, Brautvieh, Brauthühner), wogegen Leibeigene die Brautlösung od. den Brautkauf an den Leibherrn zahlten, wenn sie heiratheten (s. Bauernmiethe). Die Brautleute geben sich gegenseitig die Brautgeschenke, namentlich gibt die Braut dem Bräutigam das Brauthemd, ein seines u. mit Stickereien u.a. Zierrathen versehenes Hemd; hier u. da schenkt die Braut auch am Hochzeittage den nächsten Verwandten solche Hemden; dagegen schenkt der Bräutigam der Braut das Kleid, welches diese zur Trauung trägt (Brautkleid), gemeiniglich ein weiß- od. buntseidenes od. weißes mit reichen Stickereien u. Spitzen versehenes. Ist die Braut noch Jungfrau, so trägt sie am Hochzeittage den Brautkranz (Brautkrone), einen Kranz von Laubwerk, meist von Myrten. Geschwächte Mädchen u. Wittwen dürfen den Brautkranz nicht tragen. Schon bei den Juden war der Bräutigam bekränzt; bei den Römern trugen beide Brautleute Kränze, u. noch im Mittelalter war dies bei den Christen gewöhnlich, jetzt trägt der Bräutigam etwa nur noch einen kleinen Kranz im Knopfloche od. an der Brust. In der Griechischen Kirche werden noch beide Brautleute, u. zwar von dem Priester, mit dem Brautkranz bekränzt. In Rußland geschiebt dies nur bei der ersten Vermählung; in Griechenland wird aber der Kranz auch bei einer zweiten Vermählung wenigstens auf die Schultern geheftet. In der Römisch-katholischen Kirche geht der Hochzeit das Brautexamen vorher, welches den Zweck hat, theils den Grad der religiösen u. sittlichen Bildung der Brautleute kennen zu lernen, theils die etwa der Verehelichung entgegenstehenden kanonischen Hindernisse, namentlich Blutsverwandtschaft u. Schwägerschaft, zu erforschen. Auch soll sich das Brautexamen auf eine vollständige Unterweisung über die Ehe erstrecken. Bei der Hochzeit begleiten die Brautführer die Brautleute zur Kirche u. stehen ihnen dienend zur Seite, insbesondere der Braut die Brautjungfern beim An- u. Auskleiden. Die kirchliche Feier heißt die Brautmesse; in der Katholischen Kirche ist dies die Messe, welche bei Einsegnung eines Ehepaares gelesen wird, u. nach welcher das Brautpaar communicirt; in der Protestantischen Kirche die öffentliche Trauung in der Kirche, mit [249] Gesang, od. auch mit Musik, im Gegensatz von Trauung in der Stille, bei nicht offenen, obwohl unverschlossenen Kirchthüren. Sonst wurde auch über den Brautleuten, welche zum ersten Mal heiratheten, wenn sie vor dem Altare knieend den Segen empfingen, der Brautschleier ausgebreitet. Dieser, ein meist purpurfarbenes Tuch, wurde entweder von 4 Männern an den 4 Zipfeln gehalten (vgl. Chuppa), od. von dem Priester dein Bräutigam auf die Schulter u. der Braut auf den Kopf, beiden aber um den Nacken wie ein Rock gelegt. Am Abend der Hochzeit wird der Braut der Brautkranz genommen (u. gewöhnlich unter die Hochzeitgäste vertheilt), u. ihr dafür die Brauthaube, eine Mütze von Spitzen od. anderem seinen Zeug aufgesetzt. Zuletzt wird die Braut von einer bejahrten Freundin, Brautmutter, in das von derselben auch besorgte Brautgemach geführt. Hier steht das Brautbett, in welchem die Neuvermählten nun die Brautnacht, nach Gesetz u. guter Sitte die erste allein mit einander, feiern. Brautbett u. Brautgemach wurden sonst mit besondern Formeln gesegnet. Alle Kirchengesetze, vielleicht auf der Synode von Carthago im Jahre 398 gegeben (ein wahrscheinlich untergeschobener Kanon will sie ins 2. Jahrh. legen), bestimmen, daß das neue Paar in der ersten Nacht seine ehelichen Rechte nicht ausüben solle. Im Mittelalter wurde dies Gesetz mehrmals streng eingeschärft u. bestimmt, daß im Übertretungsfalle die Ehe ungültig sei. Gründe dafür waren das Beispiel des Tobias u. die Heiligkeit der am Tage zuvor erfolgten priesterlichen Einsegnung. In neuerer Zeit ist dies Gesetz überall in Vergleichen gekommen od. auch (wie vom Bischof Stephan Poucher in Paris) ausgehoben worden. Früher wurde, wenn man das Gesetz umgehen wollte, die Erlaubniß dazu dem Priester förmlich abgekauft, woraus die Sage von dem, der französischen Geistlichkeit zustehenden Jus primae noctis (s. d.) entstand.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 249-250.
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