Cellīni

[794] Cellīni (spr. Tschellini), Benvenuto, geb. 1500 in Florenz; lernte die Goldschmiedekunst bei Ant. Sandro, wo sich frühzeitig sein bedeutendes bildnerisches Talent entwickelte. Um sich in der Plastik auszubilden, ging er nach Rom in die Werkstätte des Firenzuolo di Lombardia, wo er unter Anderem einen silbernen Tafelaufsatz einem antiken Sarkophage nachbildete u. mit diesem Werke seinen Künstlerruf begründete. Nach Florenz zurückgekehrt, entwickelte er eine große Thätigkeit theils im Nachbilden antiker Muster, theils in freien Schöpfungen, u. trat dann in die Dienste des Papstes Clemens VII., bei dem er zugleich als Musiker angestellt war. Im Jahre 1527 nahm C. Theil an der Vertheidigung Roms gegen den Connetable, den er mit einer Büchsenkugel getödtet haben will; auch der Prinz von Oranien soll im weiteren Verlaufe der Belagerung von C., welcher, auf die Engelsburg retirirend, dort Bombardierdienste leistete, durch einen Schuß getödtet worden sein. Nach der Einnahme der Stadt begab sich C. nach Mantua, wo ihn auf Giulio Romanos Empfehlung der Herzog beschäftigte, traf nach einigen Monaten wieder in Florenz ein u. wurde wiederum vom Papste nach Rom berufen. Für diesen fertigte er unter Anderem den Knopf eines Pluvials von getriebenem Golde, mit einem Relief, Gott Vater darstellend, das Modell eines Kelches mit der Darstellung von Glaube, Liebe u. Hoffnung in ganzer Figur, der Geburt Christi u. der Kreuzigung Petri in Relief. Über den Kelch gerieth er mit dem Papste in Streit, wurde deshalb verhaftet, bald jedoch wieder freigelassen. Clemens VII. ernannte ihn sodann zum Stempelschneider der Münze. In den Verdacht gekommen, einen Goldschmied ermordet zu haben, floh er nach Neapel, kehrte aber nach erwiesener Unschuld nach Rom zurück, wo er für Clemens VII. u. Paul III. die Stempel zu mehreren Münzen schnitt. In Folge eines Todtschlages, den er an einem Mailänder Goldschmied, seinem persönlichen Gegner, im Streit verübte, entwich er aus Rom u. nahm als Münzmeister Dienste beim Herzog Alexander von Florenz. Durch Freibrief des Papstes der Gefahr überhoben, kehrte C. zum 3. Male nach Rom zurück u. arbeitete für Paul III. unter anderen kostbaren Werken den Deckel zu einem Brevier, welches Karl V. bei seinem Einzuge in Rom überreicht werden sollte. Die Intriguen seiner Neider bewogen C., 1537 Rom zu verlassen u. nach Paris zu gehen, wo er der freundlichsten Aufnahme von Seiten Franz I. gewiß war. In Paris erkrankt, reiste er abermals zurück u. legte nun in Rom eine große Werkstatt an, um den Aufträgen, mit denen er überhäuft wurde, genügen zu können. Durch falsche Anklagen des Diebstahls an den päpstlichen Schätzen verdächtigt, wurde er ins Gefängniß geworfen, aus welchem ihn nach vielen Mißhandlungen die Fürsprache des Cardinals von Ferrara befreite. Nachdem er für diesen einen Becher u. ein Becken mit ganzen u. halberhabenen Figuren gearbeitet, auch dessen Siegel mit einer historischen Scene geschnitten hatte, folgte er dem Rufe Franz I. nach Paris; dort vollendete er 1543 das berühmte Salzfaß von getriebenem Golde mit einem Ebenholzuntersatz, welches sich jetzt in der Gallerie des Belvedere in Wien befindet. Neben anderen Prachtwerken von Gold u. Silber, darunter 12 lebensgroße Götterstatuen, entstanden auch nach seinen Modellen mehrere Bronzebildwerke, so ein Relief für das Hauptportal des Schlosses in Fontainebleau, die Nymphe des Quells darstellend (jetzt im Louvre). Intriguen u. Kabalen vertrieben C., welchem der König das Schloß Le Petit Nesle geschenkt hatte, auch von Paris. Ohne von Franz I. die bedeutende Summe, die dieser ihm schuldete, erhalten zu haben, verließ er Frankreich 1545 u. wurde vom Herzog Cosmo in Florenz freundlich aufgenommen. Für diesen vollendete er unter Anderem 1550 eine in Erz gegossene Statue des Perseus, unter fortwährenden Anfeindungen von Seiten Derer, die sich durch seinen Ruf verdunkelt sahen. Die Status wurde 1554 enthüllt u. brachte die Reden seiner Neider zum Schweigen, welche ihm den Namen eines Bildhauers absprechen wollten. Auch in Marmor begann er zu arbeiten u. vollendete 1565 ein Crucifix in Lebensgröße, welches als eins der besten Sculpturwerke seiner Zeit gerühmt wird (jetzt in der Kirche des Escurial). Im Jahre 1558 trat er in den geistlichen Stand, den er aber schon 1560. um sich zu verheirathen, wieder aufgab. Unter mannichfachen Widerwärtigkeiten, die ihm sein heftiges Temperament, sein ungeregeltes, ausschweifendes Leben, seine losen Reden u. sein Eigensinn, sowie der Neid seiner Nebenbuhler zuzog, schuf er noch mehrere prächtige Kunstwerke für Cosmo u. Francesco Medici u. st. am 13. Febr. 1571 in Florenz. Der Umstand, daß sich in seinem Nachlasse eine Menge von Werken u. Modellen verzeichnet fanden, von denen in Florenz nichts zu erfahren war, gab zu der Vermuthung Anlaß, daß von seinen Arbeiten sich noch eine große Anzahl im Privatbesitz befinden müsse. Wirklich wurden auch im Laufe der Zeit u. noch heute eine Menge Goldschmiedearbeiten in den Handel gebracht, die, als Werke C-s geltend, zu ungeheueren Summen Käufer fanden. Der Werth, den man noch letzt auf die Arbeiten des Talent er als Bildner in Gold u. Silber besaß. Im Erzguß steht er in einer Reihe mit den Künstlern zweiten Ranges. Von seinen Werken verdienen, außer den schon erwähnten, bemerkt zu werden: ein Schild von Franz I., an Heinrich) II. von England geschenkt (in George-Hall zu Windsor) u. die Einfassung eines Breviers mit Miniaturen von Giulio Clovio in der Bibliothek zu Neapel. Als Schriftsteller ist er durch seine Selbstbiographie: Vita di B. C. scritta da lui medesimo. Ricordi, prose e poesie di B. C. con documenti etc. herausgeg. von Tassi, Flor. 1829, 3 Bde., beste Ausg. (deutsch von Goethe, Tüb. 1803, 3 Bde.) für die Sitten- u. Kunstgeschichte seiner Zeit von Bedeutung. Außerdem schrieb er: Trattati in torno alle otto principali arti dell' oreficeria, Flor. 1568; Opere, n. A., ebd. 1843. Vgl. Gamba, Raccordi di C., 1831.[794]

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 794-795.
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