Feile [1]

[163] Feile, ein stählernes Werkzeug, bestehend aus einem Stück Stahl, dessen Oberfläche durch Kerben od. schräge Zähne scharf gemacht ist u. von den Gegenständen, worüber sie hingestrichen wird, Spähne abreißt (Feilspähne, Feilicht, Feilstaub). Die Kerben od. Einschnitte der F. nennt man den Hieb. Einhiebige F-n enthalten nur eine Reihe paralleler Einschnitte, bei zweihiebigen kreuzen sich dieselben. Der erste Hieb heißt der Grund- od. Unterhieb, der diesen kreuzenden der Kreuz- od. Oberhieb. I. Eintheilung: A) nach der Größe u. Beschaffenheit des Hiebes: Arm-F., Stroh-F. (die gröbsten), letztere mit Stroh umwickelt, daher der Name, Bastard- od. Vor-F. (mittelgrobe), Halbschlicht-F. (mittelfeine), Schlicht-F. (seine), Fein-Schlicht-, Schlicht-Schlicht-F. (feinfeine). B) Der Gestalt nach: Vierkantige, Flache (Ausstrich-F, Messer-F.), welche nur auf einer flachen od. breiten Seite gehauen sind; Dreieckige (Eck-F.); Ovale (Vogelzungen[163] sehr dicke, mit 2 gleich gekrümmten Flächen heißen Karpfenzungen); Halbrunde, Runde (Rattenschwänze); Gebogene (Riffel-F-n), zum Abfeilen runder Körper; Schattir- od. Schattirte F., deren Hieb so ist, daß man mit denselben vor- u. rückwärts streichen kann; Ansatz-F., Platte, Vierseitige F-n, wovon 2 Seiten breit, die 3. schmal, die 4. aber nicht gehauen ist; hierher gehören die Platinen-F., zum Abfeilen der Uhrböden od. Platinen; Ausschweif-F., rund, um eine Ausschweifung zu bewirken; Trieb-F., halbrund, nur auf der flachen Seite gehauen, zum Ausfeilen der Uhrgetriebe; Zapfen-F., platte, nur auf einer Seite gehauene F., mit scharfen Ecken; Wölb- od. Wälz-F, halbrund, auf der flachen Seite gehauen, zum Abwalzen der Zähne eines Rades; Bogen-F., dünn, in einen stählernen Bügel gespannt; mit derselben werden schmale, tiefe Einschnitte gemacht; Gabel-F., spitzflach, von den Silberarbeitern u. Messerschmieden gebraucht, um Räume zwischen den 3 u. 4 Zacken einer Gabel auszufeilen; Einstreich-F., zum Hervorbringen schmaler Einschnitte, z.B. in Schraubenköpfen (Schraubenkopf-F.); Perl-F., mit einer schmalen gehaueuen Hohlkehle, um kleine, zur Verzierung dienende, halbkugelige Hervorragungen (Perlen) auf Metallarbeiten hervorzubringen: Scheibenförmige F. drehen sich um ihre Achse, dahin gehört der Spitzring der Nadler zum Spitzen der Stecknadeln, Übergang zu den Fräsen, s.d.

II. Die Eigenschaften einer guten F. sind gehörige Härte, richtige Form, Reinheit des Stahles, hellgraue Farbe u. Gleichheit u. Regelmäßigkeit des Hiebes, sowie hinreichende Tiefe desselben. Probe: ein federhartes Stahlstück darf beim festen Hinstreichen über die F. keinen merkbaren Eindruck (weißen Strich) geben. F-n werden jetzt in Deutschland so gut wie in England gefertigt, doch zieht man noch einige englische Sorten vor. Uhrmacher-F. liefert die Schweiz sehr schön.

III. Die Handwerker, welche vorzüglich F-n verfertigen, heißen Feilenhauer; sie bilden nur an wenig Orten eine Zunft, lernen 3–6 Jahr, bekommen Geschenk auf der Wanderschaft u. liefern als Meisterstückeinige F-n u. einen Spitzring für Nadler. Zu der Verfertigen der F-n gehört A) das Schmieden; als Material dient Cement. od. Rohstahl u. nur zu den kleinen Gußstahl; der Amboß ist 150–200 Pfd. schwer u. die flache Bahn desselben 12 Zoll lang u. 6 Zoll breit; die Hämmer haben eine etwas abgerundete Bahn. Die vierkantigen, flachen u. runden F-n bildet der Feilenhauer aus freier Hand, die dreieckigen u. halbrunden in dem Einschnitt eines Gesenkes, welches auf der oberen Seite mit Stahl belegt, aus Eisen geschmiedet ist u. in einen Falz (der Amboßbahn eingeschoben wird. Das Schmieden erfordert für jede F., die größten ausgenommen, 2 Hitzen; in der ersten wird der Körper u. die Spitze der F. gebildet u. in der zweiten geschieht das Ausschmieden der Angel, das Richten der F-n, wenn dieselben noch Krümmungen u. andere Unrichtigkeiten zeigen, das Aufschlagen des Fabrikstempels etc. Um die geschmiedeten F-n recht weich zu machen, werden sie noch ausgeglüht u. dann langsam abgekühlt. B) Das Ausarbeitengeschieht a) durch Abschleifen auf Steinen von 3–4 Fuß im Durchmesser u. 6–8 Zoll Breite, welche im Wasser laufen u. sich in der Minute etwa 100 Mal umdrehen; das Schleifen selbst (Abziehen) wird erst der Quere, dann der Länge nach verrichtet, u. die F-n in Kalkwasser getaucht, um das Rosten zu verhindern. Was das Ausarbeiten b) durch Abfeilen anbetrifft, so ist es zwar langwieriger, aber die Arbeit wird auch genauer. C) Bei dem Hauen wird die F. auf den Hauamboß gelegt, der aus einem Stück geschmiedetem Eisen besteht, welches auf einem Holzklotze aufliegt, die Angel derselben wird in den Feilenhalter, ein rundes Stück Holz, gesteckt u. dieser auf das Knie gelegt u. mit einem darüber geschlungenen Riemen am Fuße fest gehalten. Das Hauen geschieht mit Meißel u. Hammer, es wird bei der Angel angefangen u. der Meißel nach jedem Hammerschlag fortgerückt. Als Unterlage dienen entweder eiserne (Haugesenke) od. bleierne (Haubleie), letztere dann, wenn die aufliegende Fläche der F. schon einen Hieb bekommen hat. Ist der Grundhieb fertig, so wird schräg über denselben der Kreuzhieb gemacht; vorher aber an den Einschnitten des Grundhiebes der Grath mit einer flachen F. abgestrichen, d.h. ganz od. größtentheils entfernt; dadurch werden die durch den Kreuzhieb entstehenden Zähne gleichförmig. Eckige u. runde F-n werden bei dem Hauen in den Einschnitt des Haueisens gelegt, auch muß man zu den runden u. halbrunden F-n einen Meißel mit ausgehöhlter Schärfe haben. Feilenhaumaschinen sind mehrfach erfunden u. versucht, aber immer wieder aufgegeben worden, denn es fehlt der Maschine das seine Gefühl beim Hiebe, der nach Maßgabe der Feilenform in jeder F. sehr wechselnd gegebenwerden muß. Viele F-n müssen mit einem Male gehauen werden u. dies macht sich schlecht. D) Das Härten erfordert bes. wegen der seinen Spitzen des Hiebes viel Vorsicht; die F-n werden deshalb mit einem Überzuge versehen, der aus verkohltem Leder od. Horn (auch Knochen, Pferdehufen od. Ochsenklauen), Töpferthon, Ofenruß, Kochsalz u. etwas Pferdemist zusammengesetzt ist. Alles wird sein gepulvert, mit Bierhefen angerührt u. die F-n damit bestrichen; dann werden sie auf Eisenstäben, die oben in der Esse an der Feuermauer angebracht sind, getrocknet, später im Feuer erhitzt, dunkelroth glühend in ein Gefäß voll gepulverten Kochsalzes gesteckt, mit einem bleiernen od. hölzernen Hammer gerade gerichtet, wieder ins Feuer gebracht u. langsam vertical, mit der Spitze nach unten, in eine tiefe, mit Regenwasser gefüllte Butte gesteckt. Die Angel wird gewöhnlich nicht gehärtet. E) Das Reinigen u. Einölen; die F-n werden gleich nach dem Härten in verdünnte Schwefelsäure gethan, der noch auf der Oberfläche befindliche Überzug wird durch eine Trommel od. Walze, deren Umkreis mit Bürsten od. Karden besetzt ist, u. sich in einem Wassergefäße umdreht, durch Anhalten der F-n in verschiedenen Richtungen, entfernt; das Trocknen geschieht auf einer geheizten Eisenplatte. Die F-n werden noch warm in Baumöl, oft mit Terpentinöl versetzt, getaucht, dann läßt man sie abtropfen u. verpackt sie in Papier. F) Das Aufhauen alter F-n ist nur bei großen vortheilhaft; der alte Hieb wird gänzlich weggeschafft u. die Fläche glatt gemacht. Die F. wird deshalb durch Ausglühen erweicht u. auf einem großen Schleifsteine abgeschlissen, od. auch, bes. bei kleineren, der Hieb durch Abfeilen entfernt; bei größeren F-n bedient man sich der Abseitraspel, die, einer großen Arm-F. ähnlich, einen groben[164] raspelartigen Hieb u. an jedem Ende ein hölzernes Heft hat. Das Hauen u. Härten geschieht, wie oben angegeben. Solche F-n, welche nicht mehr aufgehauen werden können, verwendet man durch zweckmäßiges Abschleifen zu anderen Werkzeugen. wie Drehstähle, Bohrer, Grabstichel, Schaber etc.

IV. Benutzung der F.; die feinsten F-n werden auf Stahl u. Schmiedeeisen mit Öl gebraucht, nicht auf Gußeisen u. Messing. Vollkommen gutes Feilen ist schwer, der Feilstrich muß regelmäßig wagerecht geführt werden; das Arbeitsstück muß im Schraubstock zuweilen umgespannt werden; runde Gegenstände läßt man zuweilen mit der F. auf der Drehbank ablaufen; lange schmale Flächen zieht man mit der quer aufgelegten F. längswegs ab. Wenn sich der Feilenhieb beim Arbeiten verstopft, putzt man ihn mittelst einer messingenen Drahtkratzbürste wieder aus. Alte F-n lassen sich unter Umständen dadurch wieder schärfen, daß man sie zunächst mit Lauge auskocht u. dann in mit Schwefelsäure schwach angesäuertes Wasser legt (über Nacht), den Schmutz mit der Drahtbürste ausputzt, den Hieb mit Scheidewasser 4–7 Minuten lang benetzt, wieder rein mit Wasser spült, dann wieder ätzt, mehrmals dies wiederholt u. endlich die F. sorgfältig abwäscht, trocknet u. einölt.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 163-165.
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