Hessen-Homburg [1]

[322] Hessen-Homburg, souveräne Landgrafschaft, zum Deutschen Bund gehörig, besteht aus zwei kleinen, abgesonderten Gebietstheilen, deren einer (der kleinere, die Herrschaft [Amt] Homburg, 2 QM.) mit der Hauptstadt Homburg, im O. des Rhein, von Nassau u. der großherzoglich hessischen Provinz Oberhessen, auch kurhessischem u. Frankfurter Gebiet umschlossen; der andere (größere, die Herrschaft [Oberamt] Meisenheim, 31/2 QM.), im W. des Rhein, vom preußischen Regierungsbezirk Coblenz, dem baierischen Kreise Pfalz, dem preußischen Regierungsbezirk Trier u. dem oldenburgischen Fürstenthum Birkenfeld umgeben ist; im Ganzen enthält das Homburgische Gebiet 51/2 QM. Außerdem gehört dem Landgrafen noch der Mediatbesitz der Herrschaften Öbisfelde u. Hötensleben in der preußischen Provinz Sachsen. Die Herrschaft Homburg liegt an dem Feldberg (einem Theil der Höhe); die Herrschaft Meisenheim durchzieht der Hundsrück, an ihren Grenzen fließen die Nahe u. die in dieselbe fallende Glan. Producte: die gewöhnlichen deutschen in Fülle, da beide Theile fruchtbar u. gut angebaut sind; man hat viel Getreide, Vieh u. Holz, in Meisenheim auch Steinkohlen u. Eisen. Einw.: 25,300 (11,600 in Homburg, 13,700 in Meisenheim), davon 14,000 Reformirte, 8000 Lutheraner, 3000 Katholiken u. 150 Juden. Beschäftigung: Gewinnung der oben genannten Producte; Industrie: Wollenzeug-, Lein- u. Strumpfwirkerei, Glashütte, 4 Eisenhämmer u. 2 Hochöfen bei Meisenheim, Absatz meist nach Frankfurt. Staatsverfassung: durch Vertrag vom 15. Juli 1815 von der Oberhoheit Hessen-Darmstadts befreit u. durch die Wiener Schlußacte, Art. 48, u. Erklärung der Bundesversammlung vom 28. Juli 1819 als souveräne Landgrafschaft anerkannt, wurde dieselbe am 7. Juli 1817 mittelst besonderer Verträge in den Deutschen Bund aufgenommen, mit dem Range vor den Freien Städten u. einer Stimme im Plenum. Durch Bundesbeschluß vom 17. Mai 1838 schließt sie sich der 16 Gesammtstimme an. Eine unbeschränkte Erbmonarchie nach dem Rechte der Erstgeburt; deren souveräner Landgraf, mit dem Prädicat Durchlaucht, ist an die alten hessischen Hausverträge gebunden. Behörden: a) der landgräfliche Geheimerath, unter Vorsitz eines Chefs, in Homburg; b) Landesregierung, welche sich in die Justizverwaltung als Gericht zweiter Instanz, von welchem Appellationen an eine beliebige deutsche Universität geschehen, ferner in die eigentliche Landesverwaltung u. Polizei, endlich in die Finanz- u. Domänenverwaltung spaltet. Andere Behörden sind noch c) die Schuldentilgungscommission, zugleich Rechnungs- u. Revisionsbehörde, u. d) das Militärcommando. In Meisenheim gilt noch das Französische Recht u. Verwaltung. Ständevertretung findet nicht Statt. Staatseinkommen: 250,000 Fl. (142,857 Thlr.); außerdem 54,000 Fl. (30,857 Thlr.) Einnahme von den Privatdomänen in der preußischen Provinz Sachsen. Staatsschuld: 800,000 Fl. (457,142 Thlr.). Militär: 2 Compagnien Jäger unter einem Stabsoffizier, 350 Mann, worunter 100 Mann Kriegsreserve; Bundescontingent: 200 Mann, zur Reservedivision gestellt, welche zur Besatzung von Mainz bestimmt ist; Bewaffnung: preußische Percussionsbüchsen mit Hirschfängern, schwarzes Lederzeug; Uniform: grün mit rothen Aufschlägen u. Achselklappen, eine Reihe weißer Knöpfe, Beinkleider grün, im Sommer weißleinene, Czakos mit Roßhaarbüschen, Mäntel grau, Offiziere silberne Epaulettes, Säbel, Gradauszeichnungen auf den Epaulettes; Feldzeichen: weiß u. roth; Exercierreglement u. Militärstrafgesetzbuch das großherzoglich hessische; ebenso spricht das großherzoglich hessische Oberkriegsgericht über hessenhomburgische Militärverbrechen. Ergänzungen: freiwilliger Eintritt u. Conscription vom 21. Jahre an mit Stellvertretung; Dienstzeit: 6 Jahre, wovon zwei bei der Reserve. Zur Handhabung der öffentlichen Sicherheit besteht in jeder Herrschaft eine Brigade Landjäger, zusammen 14 Mann, die grün mit schwarz uniformirt u. mit Karabiner (mit Bayonnet) u. Infanteriesäbel bewaffnet sind. Wappen: das vormalige hessen-darmstädtische, im Mittelschild den hessischen Löwen in blauem Felde, das übrige Wappen ist viermal getheilt u. führt die Insignien von Hersfeld, Ziegenhain, Katzenelnbogen, Diez, Nidda, Hanau, Schaumburg u. Meisenheim. Münzen, Maße u. Gewichte: Münzen u. Rechnungsart wie Hessen-Darmstadt; nach Verordnung vom 10. Aug. 1824 gelten in der Landgrafschaft H.-H. folgende Maße u. Gewichte: a) für die Herrschaft Homburg: Fuß u. Elle sind die Frankfurter; die Ruthe hält 12 Fuß 1,541 Zoll, ist aber in 10 Fuß à 10 Zoll getheilt; der Morgen Land hat 160 Quadratruthen; die Klafter Holz ist 12 Fuß weit, 3 Fuß hoch, Scheitlänge 4 Fuß; Getreide-, Frucht- u. Getränkemaß, wie Frankfurt; Gewicht: das Frankfurter Leichtgewicht; Victualiengewicht, wie das Frankfurter; b) für die Herrschaft Meisenheim: der Fuß hat 10 Zoll zu 10 Linien = 1/3 Mètre od. 147,7653 Pariser Linien; die Elle wie in Darmstadt; die Ruthe hat 15 Fuß, also 5 Mètre; der Morgen wie in Darmstadt; die Klafter Holz 9 Fuß weit, 3 Fuß hoch, Scheitlänge 3 Fuß; das Malter hat 4 Faß zu 4 Sester à 4 Mäßchen u. ist = 100 Litre; Flüssigkeitsmaß: die Ohm hat 31 Lögel od. 80 Maß à 4 Schoppen u. ist dem Darmstädter Ohm gleich; Gewicht, ebenfalls wie Darmstadt; Münzgewicht: das Zollpfund (1/2 Kilogramm).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 322.
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