Truthuhn

[878] Truthuhn (Meleagris L.), Gattung aus der Ordnung der Hühnerartigen, Kopf- u. Halshaut, am Halse läuft ein Lappen von der Kehle herab, auf dem Kopfe Fleischzapfen, welcher (beim Männchen) im Zorn od. in anderm Affect über den Schnabel hinab sich verlängert; sie können den Schwanz radförmig ausbreiten, an den Füßen haben sie einen stumpfen Sporn. Arten: a) Gemeines T. (Puter, Kalekutisches Huhn, M. gallopavo L.); Unterracen sind: Weißes T., mit rothem Kopf u. schwarzem Haarbüschel auf der Brust; Haubentruthuhn, mit weißem od. schwarzem Federbusch u. kurzem Sporn; Kopf- u. Halshaut rothblauschwärzlich, auch bräunlichweiß mit dunkeln Querbinden. Der Truthahn hat auf der Brust einen Büschel schwarzer Haare, im Zorn (bes. beim Anblick der rothen Farbe u. bei der Begattung, wo er heftig um die Henne kämpft) schwillt die Kopfhaut u. der Zapfen an u. wird roth, er schlägt mit dem Schwanz ein Rad u. schreitet, die Flügel auf der Erde schleifend u. kaudernd, vorwärts. Die Truthenne hat statt des Haarbüschels eine Warze u. schlägt selten ein Rad. Ist einfältig, frißt Vegetabilien, Insecten, wird mit Kartoffeln, Getreide gefüttert, lebt in Polygamie, bringt 30–50 Eier, aber nicht an einem Ort, brütet mit ungemeiner Ausdauer, so daß man ihr die Nahrung zu ihrem Neste stellen muß, 26–28 Tage. Man braucht sie auch zum Ausbrüten der Fasanen- (s.u. Fasanerien), Hühner-, Enten- u. anderer Eier. Die Truthühnerzucht muß von einer eigens dazu gehaltenen Person besorgt werden. Auf einen Hahn, welcher stark u. lebhaft sein muß, rechnet man 5–10 Hühner; die grauen sind die dauerhaftesten, während die weißen das beste Fleisch liefern. Die Wohnung muß gesund sein u. sehr reinlich gehalten werden. Die Truthenne legt gewöhnlich zweimal im Jahre 15 bis 20 Eier, das erste Mal im zeitigen Frühjahr, das zweite Mal gegen Ende des Sommers. Man bewahrt die Eier bis zur Brütezeit an einem kühlen trockenen Orte auf; in jedem Neste bleibt ein Nestei zurück. Haben sämmtliche Hühner gelegt, so legt man jeder 17–20 Eier zum Ausbrüten unter; der Brüteort muß dunkel sein. Täglich sind die Brüthühner einmal von den Nestern zu nehmen u. zu füttern. Die ausgeschlüpften Jungen muß man sogleich wegnehmen, weil sonst die Mutter das Nest verläßt u., ohne sich um die übrigen Eier zu bekümmern, den Jungen nachläuft. Die ausgekrochenen Jungen werden von zwei Nestern in eins gethan u. von der einen Henne ausgeführt, während die andere noch einmal zur Brut von Hühner- od. Enteneiern gebraucht wird. Die Jungen müssen vor[878] Sonnenschein, Regen, Thau u. Kälte geschützt werden; man wäscht ihre Füße mit Branntwein, damit sie nicht von Brennnesseln zu viel leiden, füttert sie täglich dreimal auf einem Tuch, um die noch weichen Schnäbel zu schonen, mit harten, klargehackten Eiern, später mit darunter gemischten Erbsen, Zwiebeln, Eierschalen, noch später mit gekochten Erbsen, Milch, klein gehackten Salat- od. Schafgarbenblättern, Nesseln, auch wohl Grütze, treibt sie dann auf Stoppelfelder, hütet sie aber auch hier vor Regen. Niemals darf es ihnen an frischem Sanfwasser fehlen. Des Nachts setzt man die Jungen sammt der Alten in einen Federkorb. Das Wachsen des drüsigen Fleisches in der 6.–8. Woche ist ihnen so gefährlich, als vierfüßigen Thieren das Zahnen, man füttert sie daher dann gut u. steckt ihnen ein Pfefferkorn in den Hals Gegen Michaelis sind sie zum Verkauf groß genug. Die Alten können nach der Heu- u. Getreideernte auf Wiesen u. Stoppelfelder, auch in Buchen- u. Eichenwälder zur Mast getrieben werden. Die Mast kann auch auf dem Stalle mit einem Teige von Gerste- od. Maismehl, gehackten Brennnesseln u. Talggriesen, gekocht, betrieben werden. Krankheiten. Bauchkrankheit: der Leib ist mager, durchsichtig, aufgeblasen, voll rother Äderchen, die Gedärme senken sich bis tief zum After herab u. erscheinen schwärzlich. Die Bauchkrankheit nimmt schnellen Verlauf u. endigt mit Brand u. Tod; man gibt Alaun-, Salz-, Eisenwasser u. nur wenig Futter. Ferner: Bläschen an der Zunge, Gicht, Pips, Ruhr u.a. Auch wird das T. durch die Truthuhnfederlaus (Philopterus polytrapezius) u. den Trutbuhnspringwurm (Ascaris perci llum) geplagt. Fleisch sehr geschätzt, bes. bei gekappten (castrirten) Hähnen. Man bereitet das T. gewöhnlich zum Verspeisen gebraten, u. ein wohlgenährter, fetter, nicht über ein Jahr alter Truthahn, dessen Kropf mit einer Farce von Semmeln, Butter, Eiern, der seingewiegten Leber desselben u. darunter gemengten Trüffeln gefüllt wird, ist einer der besten Braten. Der Truthahn hat dreierlei Fleisch, dunkelbraunes an den Schenkeln, sehr weißes u. zartes an der Brust u. sehr fettes an den Seiten u. dem Halse, welches man mit Rind-, Kalb- u. Schweinefleisch vergleicht. Auch farcirt u. in Scheiben geschnitten od., nachdem man die Knochen ausgenommen, als Truthuhnroulade, als Truthuhnballen od. Truthuhnragout, verspeist man den Truthahn. Sonst benutzt man noch Federn (selten zum Schreiben, mehr zu Betten u. Federbüschen) u. Eier. Das T. stammt aus Nordamerika, wo es bes. am Mississippi in Herden zu mehren Hunderten lebt. Die ersten Truthühner brachten die Spanier 1524 von Florida nach Europa. Im Jahre 1541 galten sie in England bereits als ein wenig seltener Leckerbissen, während in Frankreich der erste auf der Hochzeitstafel Karls IX. 1570 verspeist wurde u. in Deutschland der Vogel in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. ganz unbekannt gewesen zu sein scheint. Der wilde Truthahn ist 4 Fuß lang, schlank, hochfüßig, Kopfhaut lila, an der Kehle zwei Klunkern, am Schnabel eine, am Ende behaarte dunkelbronze u. metallisch grün, Mittelrücken dunkelgrün, der braune Schwanz mit schwarzer Binde u. weißem Endsaum, Füße carmoisinroth; Weibchen grau, schwarz u. grau eingefaßt, Schnabel orange. Man jagt sie mit Hunden, wodurch sie ermüdet sich auf Bäume setzen u. geschossen werden. b) (M. ocellata), mit saphirblauem, gold- u. rubinroth eingefaßtem Augenspiegel im Schwanze, oben metallgrün mit schwarzer Binde, jenseit derselben lasurblau, Schwingen weiß, braun u. grün gefleckt, mit kupferfarbig goldenem Spiegel; von der Hondurasbai.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 878-879.
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