Moreau

[187] Moreau (Jean Victor), geb. 1763 zu Morlaix in Bretagne, gehört zu den ausgezeichneten Generalen der franz. Republik und war der Sohn eines wohlhabenden und geachteten Advocaten, der als ein Opfer der Revolution unter der Guillotine 1794 starb. Zu demselben Stande bestimmt, wurde M. gleichwol 1780 aus Neigung Soldat, was aber bei damaligen Verhältnissen am wenigsten der Weg zu Ehrenstellen war, daher sein damit unzufriedener Vater ihn wieder freimachte. Er setzte nun zu Rennes das Studium der Rechte fort und war unter den Studenten so beliebt und angesehen, daß sie ihn fast einmüthig zum Präsidenten einer Studentenverbindung wählten, die nicht blos für ihre vermeintlichen Rechte, sondern auch gegen die Regierung überhaupt auftrat und 1789 sich auch bewaffnete. Unter den jüngern Revolutionsmännern hatte M. auf diese Art schon einen Ruf erlangt, als er nach dem ersten Aufgebot der Nationalfreiwilligen an der Spitze eines Bataillons zur franz. Nordarmee stieß, wo er sich wiederholt auszeichnete, entschieden für die Republik erklärte und im Apr. 1794 schon Divisionsgeneral war. Im folgenden Jahre führte er unter Pichegru (s.d.) den Oberbefehl der Nordarmee, wo sich seine Thätigkeit auf Anordnungen zur Deckung der holl. Küsten beschränkte; 1796 aber trat er an Pichegru's Stelle an die Spitze der Rhein- und Moselarmee, mit der er im Jun. einen glänzenden Übergang über den Rhein bei Strasburg bewerkstelligte, die damit errungenen Vortheile aber durch Langsamkeit und Zaudern sich großentheils wieder entgehen und die günstigste Zeit verstreichen ließ, wo er sich mit dem unter Jourdan gegen den Main vordringenden andern franz. Heere in Verbindung setzen konnte. Auch nachdem er am 24. Aug. bei Friedberg den. östr. Feldzeugmeister Latour geschlagen und nun mit 60,000 M. mitten in Baiern stand, ließ er dem gegen Jourdan aufgebrochenen Erzherzog Karl Zeit, jenen am 3. Sept. bei Würzburg zu besiegen, anstatt demselben in den Rücken zu fallen oder durch Vordringen ins Östreichische abzulenken. M. mußte daher im Sept. selbst den Rückzug nach dem Oberrhein antreten, auf dem erbei Biberach die unter Latour hier blos 22,000 M. starken Östreicher schlug und durch das Höllenthal den Weg über den Schwarzwald zurücklegte, am 19. Oct. aber vom Erzherzog Karl bei Emmendingen geschlagen wurde und nicht ohne nochmaligen Kampf bei Schliengen am 26. über den Rhein gelangte. Mit großer Übermacht drang er im Apr. 1797 bei Diersheim wieder über diesen Strom vor und hatte in kurzer Zeit bedeutende Vortheile erkämpft, als die dem Frieden von Campo Formio vorausgehenden Friedensunterhandlungen seinen weitern Unternehmungen ein Ziel setzten. Die Verheimlichung des ihm in einem östr. Bagagewagen in die Hände gefallenen Briefwechsels zwischen Pichegru und dem Prinzen Condé ward jetzt Ursache, daß er im Sept. sein Commando verlor. Man stellte ihn jedoch 1798 als Generalinspector und 1799 bei der Armee in Oberitalien unter Scherer wieder an, deren Oberbefehl nach der von Suwarow [187] gewonnenen Schlacht bei Castano auf ihn überging. Nur mit großer Aufopferung und erst nachdem auch Macdonald (s.d.) eine Niederlage erlitten, bewirkte er endlich bei Genua die Vereinigung mit diesem aus Unteritalien kommenden Corps und wollte dann wieder zur Rheinarmee abgehen. Auf Bitten seines Nachfolgers Joubert wohnte M. jedoch der Schlacht bei Novi noch bei, in der jener blieb und M. drei Pferde verlor, auch am Arme verwundet wurde. Nach Ankunft des neuen Obergenerals Championnet ging M. nach Paris, wo man ihn an die Spitze des Staats stellen wollte, was er aber ablehnte, dagegen Bonaparte beim Sturze des Directoriums unterstützte und hierauf den Oberbefehl der Rheinarmee erhielt, mit der er 1800, nach den Siegen bei Engen (3. Mai), bei Möskirch (5. Mai), bei Biberach (9. Mai) bis an den Lech vordrang und den unter den Kanonen von Ulm Schutz suchenden östr. Obergeneral Kray zum Rückzuge bis Nördlingen genöthigt hatte, als im Jul. ein Waffenstillstand dem Kampfe Einhalt that. Nach dessen Aufkündigung besiegte M. den Erzherzog Johann bei Hohenlinden, drang bis zehn Meilen von Wien vor und half durch den Waffenstillstand zu Steier (25. Dec.) den luneviller Frieden vorbereiten. Nach dem Frieden lebte er mit seiner begüterten Gemahlin bei Paris, misvergnügt über Bonaparte's Streben nach Alleinherrschaft, lehnte deshalb auch den Orden der Ehrenlegion ab und ohne der Verschwörung von Pichegru und Georg Cadoudal anzugehören, stand er doch in Verbindungen, welche im Febr. 1804 seine Verhaftung und Anklage des Hochverraths, sowie seine vielleicht ungerechte Verurtheilung zu zweijähriger Hast zur Folge hatten. Auf Fürbitte seiner Gattin konnte er diese Strafzeit in Nordamerika zubringen, wo er 1805 glücklich anlangte, 1813 aber auf Andringen seiner Freunde diese Freistätte verließ und sich zu den verbündeten Monarchen begab. Im Gefolge des russ. Kaisers Alexander wohnte M. der Schlacht bei Dresden bei, wo ihm am 27. Aug. eine Kanonenkugel an dessen Seite beide Beine zerschmetterte, starb am 2. Sept. nach erfolgter Amputation zu Laun in Böhmen und wurde nach Petersburg abgeführt und dort feierlich beerdigt. Der nachmalige russ. Generalgouverneur von Sachsen ließ ihm bei Dresden an der Stelle, wo er verwundet worden, ein Denkmal errichten; seine Witwe beschenkte der Kaiser Alexander mit einer halben Million Rubel und verlieh ihr noch ein Jahrgeld von 30,000 Rubel, Ludwig XVIII. aber gab ihr den Titel einer Marschallin.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 187-188.
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