Curtius [2]

[379] Curtius, 1) Ernst, Archäolog und Geschichtschreiber, geb. 2. Sept. 1814 in Lübeck, gest. 11. Juli 1896 in Berlin, studierte Philologie, begleitete 1837 Professor Brandis nach Athen und von hier seinen Lehrer O. Müller durch Griechenland, hielt sich darauf einige Zeit in Italien auf, promovierte 1841 zu Halle und habilitierte sich 1843 in Berlin. 1841 wurde er außerordentlicher Professor und Erzieher des nachmaligen Kaisers Friedrich und begleitete ihn nach Bonn. 1850 nach Berlin zurückgekehrt, 1856 nach Göttingen und von dort 1868 wieder nach Berlin zurückberufen, wirkte er an der Universität als Professor der alten Geschichte und am königlichen Museum als Direktor des Antiquariums. Seit 1853 Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften, war C. 1871–93 beständiger Sekretär der philologisch-historischen Klasse. Die Früchte seiner wiederholten Reisen nach Griechenland und Kleinasien, zuletzt im Frühjahr 1874 zur Vorbereitung der vom Deutschen Reich in Olympia beabsichtigten Ausgrabungen, sind in einer Reihe von Abhandlungen der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften und der Berliner Akademie niedergelegt, z. T. auch besonders erschienen, so namentlich: »Naxos« (Berl. 1846); »Olympia« (das. 1852); »Die Ionier« (das. 1855); »Über den religiösen Charakter der griechischen Münzen«; »Beiträge zur Geschichte und Topographie Kleinasiens« (das. 1872); »Ephesos« (das. 1874) u. a. Die gehaltvollen Festreden, die C. in Göttingen als professor eloquentiae hielt, sind in Berlin 1864 gesammelt erschienen; die zu Berlin gehaltenen u. d. T.: »Altertum und Gegenwart« (Bd. 1, Berl. 1875, 4. Aufl. 1892; Bd. 2, das. 1882, 2. Aufl. 1886; Bd. 3 u. d. T.: »Unter drei Kaisern«, 1889, 2. Aufl. 1895). Außer diesen Schriften, den »Klassischen Studien« (Bonn 1840), poetischen Übersetzungen aus altgriechischen Dichtern, die er mit Em. Geibel herausgab, der »Akropolis[379] von Athen« (Berl. 1844) und verschiedenen Abhandlungen (z. B. »Beiträge zur geographischen Onomatologie der griechischen Sprache«, 1861) in archäologischen und philologischen Zeitschriften (z. T. vereinigt als »Gesammelte Abhandlungen«, Berl. 1893–94, 2 Bde.) veröffentlichte C. als Hauptwerke: »Peloponnesos« (Gotha 1851–52, 2 Bde.), eine wissenschaftliche Geographie der Halbinsel, die vielgerühmte »Griechische Geschichte« (Berl. 1857–61, 3 Bde.; 6. Aufl. 1887–89) und »Die Stadtgeschichte von Athen« (das. 1891). Auch gab C. »Sieben Karten zur Topographie von Athen nebst erläuterndem Text« (Gotha 1868) und mit Kaupert den »Atlas von Athen« (Berl. 1878) und »Karten von Attika« (das. 1881–94), ferner mit Adler und Hirschfeld »Die Ausgrabungen zu Olympia« (das. 1877–81, 5 Bde.) heraus. C. war »einer der in sich geschlossensten und schwungvollsten unter den nachgebornen Hellenen«. Vgl. Michaelis in der Beilage zur »Allgemeinen Zeitung« vom 7.–10. Aug. 1896; Broicher, Erinnerungen an Ernst C. (Berl. 1897); Friedr. Curtius, Ernst C., ein Lebensbild in Briefen (das. 1903); L. Gurlitt, Erinnerungen an Ernst C. (Leipz. 1902).

2) Georg, Philolog, Bruder des vorigen, geb. 16. April 1820 in Lübeck, gest. 12. Aug. 1885 in Hermsdorf bei Warmbrunn, studierte seit 1838 in Bonn und Berlin, wurde 1842 Lehrer am Blochmannschen Institut zu Dresden, habilitierte sich 1846 in Berlin und wurde 1849 außerordentlicher, 1851 ordentlicher Professor in Prag, 1854 in Kiel, 1862 in Leipzig. Er hat das Studium der griechischen und lateinischen Sprache auf dem Boden der vergleichenden Sprachwissenschaft neu begründet. Seine Hauptwerke sind: »Griechische Schulgrammatik« (Prag 1852; 23. Aufl. von R. Meister, 1902) nebst »Erläuterungen« (das. 1863, 3. Aufl. 1875); »Grundzüge der griechischen Etymologie« (Leipz. 1858–62; 5. Aufl., unter Mitwirkung von A. Windisch, 1879); »Das Verbum der griechischen Sprache« (das. 1873–76, 2 Bde.; 2. Aufl. 1877–1880). Sonst nennen wir: »Die Sprachvergleichung in ihrem Verhältnis zur klassischen Philologie« (Dresd. 1845; 2. Aufl., Berl. 1848); »Die Bildung der Tempora und Modi im Griechischen und Lateinischen« (das. 1846); »Philologie und Sprachwissenschaft« (Leipz. 1862); »Zur Chronologie der indogermanischen Sprachforschung« (das. 1867, 2. Aufl. 1873); »Zur Kritik der neuesten Sprachforschung« (das. 1885). Arbeiten seiner Schüler vereinigte er mit eignen Beiträgen zu den »Studien zur griechischen und lateinischen Grammatik« (Leipz. 1868–77, 10 Bde.; die letzten beiden mit K. Brugman) und begründete 1878 mit L. Lange, O. Ribbeck und H. Lipsius die »Leipziger Studien zur klassischen Philologie«. Seine »Kleinen Schriften« gab Windisch heraus (Leipz. 1886–1887, 2 Bde.). Vgl. Windisch, G. C., eine Charakteristik (Berl. 1887).

3) Theodor, Chemiker, geb. 27. Mai 1857 in Duisburg, studierte in Leipzig, Heidelberg u. München, habilitierte sich 1886 als Privatdozent in Erlangen, wurde 1889 ordentlicher Professor an der Universität Kiel, 1896 in Bonn, 1897 in Heidelberg. Er arbeitete über das Glykokoll, die Synthese von Ketonsäureäthern, über Diazoverbindungen der Fettreihe u. entdeckte das Hydrazin und die Stickstoffwasserstoffsäure.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 379-380.
Lizenz:
Faksimiles:
379 | 380
Kategorien: