Liebermann

[529] Liebermann, 1) Karl, Chemiker, geb. 23. Febr. 1842 in Berlin, studierte seit 1860 in Berlin und Heidelberg, war zwei Jahre in einer Kattundruckerei und Färberei tätig, habilitierte sich 1869 an der Gewerbeakademie in Berlin, 1870 auch an der Universität und wurde 1873 Professor und Vorsteher des organisch-chemischen Laboratoriums an der Technischen Hochschule in Charlottenburg, 1.879 außerordentlicher Professor an der Universität. L. lieferte sehr zahlreiche Untersuchungen über die zur Herstellung von Teerfarben dienenden Verbindungen, er entdeckte mit Graebe 1868 die Abstammung des Alizarins vom Anthracen und gab 1869 eine Methode zur künstlichen Darstellung des Alizarins an. Andre Arbeiten betrafen das Quercetin, die Kochenille, Opiansäure, Zimtsäure und namentlich auch die Alkaloide, von denen er besonders das Kokain genau untersuchte.

2) Max, Maler, geb. 29. Juli 1849 in Berlin, studierte seit 1868 auf der dortigen Universität, widmete sich aber im folgenden Jahre der Malerei in Weimar, wo er sich der naturalistischen Richtung der dortigen Schule anschloß. Schon in seinem ersten Bilde, den Gänserupferinnen (1874, jetzt in der Nationalgalerie zu Berlin), bekundete er sowohl in der Wahl der Typen als in der schweren, schwärzlichen Tonart eine entschiedene Vorliebe für das Häßliche, die sich noch steigerte, als er 1875 nach Paris ging und dort den Einfluß Courbets erfuhr. Dann schloß er sich an die Maler an, die ihr Studiengebiet im Wald von Fontainebleau hatten, besonders an den Bauernmaler J. F. Millet. Eine Studienreise nach Holland bot ihm damals und später die Motive zu einer Reihe von Bildern, auf denen er sich mehr und mehr der Hellmalerei zuwandte, zu deren ersten Vertretern in Deutschland er gehört. Nachdem er 1876 und 1877 den Pariser Salon mit einer Runkelrübenernte und einem Arbeitssaal im Amsterdamer Waisenhaus beschickt, brachte er sich auf der Münchener internationalen Kunstausstellung von 1879 in Deutschland wieder durch einen Jesusknaben im Tempel in Erinnerung, der durch die übertriebene Charakteristik der Figuren großes Aufsehen machte. Seitdem hat er meist Landschaften mit Staffage, Genrebilder aus dem niederländischen Volksleben und Bildnisse gemalt. Seine Hauptwerke sind: Amsterdamer Waisenmädchen (1881, Frankf. a. M., Städelsches Kunstinstitut), das Tischgebet, Straße in Zandvoort, Kleinkinderschule in Amsterdam, Münchener Bierkonzert, Schusterwerkstatt und die Spinnerinnen (beide in der Berliner Nationalgalerie), die Konservenmacherinnen, stille Arbeit, die Schweinefamilie, Altmännerhaus in Amsterdam, Trauergottesdienst in der Buchenhalle zu Kösen 15. Juni 1888, holländische Dorfstraße, der Weber, Netzeflickerinnen (in der Kunsthalle zu Hamburg), Spitalgarten in Leiden, Biergarten in München, Flachsscheuer in Holland (in der Berliner Nationalgalerie), Frau mit Ziegen (in der Neuen Pinakothek zu München), Bildnis des Bürgermeisters Petersen (in der Kunsthalle zu Hamburg), Viehmarkt in Haarlem, Amsterdamer Waisenmädchen im Garten (im Museum zu Straßburg), in den Dünen (im Museum zu Leipzig), holländische Dorfstraße (im Museum zu Hannover), Bauer in den Dünen (im Museum zu Königsberg), badende Jungen (1900), Biergarten in Leiden, Reiter am Strande, die Papageienallee, Simson und Delila (1902). L., der in Berlin lebt, wurde 1898 zum Professor ernannt und zum Mitgliede der Kunstakademie gewählt. In demselben Jahre gründete er mit andern die Berliner Sezession, deren Vorsitzender er ist. Er hat auch radiert; eine Anzahl seiner Radierungen erschien Berlin 1893 u. 1898. Er schrieb: »Degas« (Sonderdruck aus dem »Pan«; 2. Aufl., Berl. 1899) u. »Joseph Israels« (2. Aufl., das. 1902). Vgl. Kämmerer, Max L. (Leipz. 1893); Graul, Max L. (Wien 1893); Rosenhagen, Liebermann (Bielef. 1900).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 529.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: