Zeller [2]

[878] Zeller, 1) Christian Heinrich, Pädagog, geb. 29. März 1779 auf Schloß Hohen-Entringen bei Tübingen, gest. 18. Mai 1860 in Beuggen, studierte 1797 bis 1801 in Tübingen die Rechte. ward später Lehrer und Schulinspektor in Zofingen (Aargau) und gründete 1820 zu Beuggen (Baden) eine Armenschullehreranstalt (Seminar und Armenhaus für Kinder) in Pestalozzis Sinne, jedoch mit pietistischer Färbung.[878] Er schrieb: »Lehren der Erfahrung für christliche Land- und Armenschullehrer« (Basel 1827, 3 Bde.; 5. Aufl. 1883); »Seelenlehre, gegründet auf Schrift und Erfahrung« (Kalw 1846, 7. Aufl. 1895) u. a. Seit 1829 gab er das noch jetzt bestehende »Monatsblatt von Beuggen« heraus. Vgl. Thiersch, Chr. H. Zellers Lepen (Basel 1876, 2 Bde.); Schölly, Christian Heinrich Z., ein Lebensbild (das. 1901). – Schon vor ihm hatte sein Bruder Karl August Z., geb. 15. Aug. 1774 in Ludwigsburg, gest. 23. März 1846 in Stuttgart, um Verbreitung der Pestalozzischen Pädagogik sich verdient gemacht, freilich daneben durch seine Wunderlichkeiten ihr manche Gegner erweckt. Er lebte 1798–1803 als evangelischer Pfarrer in Brünn, schloß sich dann Pestalozzi und Fellenberg an, in deren Sinn er in Tübingen, St. Gallen, Zürich, Heilbronn besonders durch sogen. Schulmeisterkurse (»Schulmeisterschule oder Anleitung zur Schulerziehung«, 4. Aufl., Leipz. 1839) wirkte, und war 1809–16 Schulrat und Schulleiter zu Königsberg i. Pr. Vgl. Gebhardt, Die Einführung der Pestalozzischen Methode in Preußen (Berl. 1896).

2) Eduard, namhafter Geschichtschreiber der Philosophie, geb. 22. Jan. 1814 zu Kleinbottwar in Württemberg, gest. 19. März 1908 in Stuttgart, studierte in Tübingen und Berlin, habilitierte sich 1840 am erstern Ort als Privatdozent der Theologie und wurde 1847 trotz des Widerspruchs der Konservativen seiner freisinnigen, an Baur und Strauß sich anlehnenden Richtung halber als Professor der Theologie nach Bern berufen; 1849 in gleicher Eigenschaft nach Marburg übergesiedelt, wurde er dort infolge der Reaktion gleich in die philosophische Fakultät versetzt, 1862 als ordentlicher Professor der Philosophie nach Heidelberg und 1872 nach Berlin berufen. Seit 1895 lebte er emeritiert in Stuttgart. Von seinen Schriften sind zu nennen. »Platonische Studien« (Tübing. 1839); »Die Philosophie der Griechen« (das. 4844–52, 3 Bde.; in 5., 4. und 3. Aufl. 1879–1904, 5 Tle.); »Das theologische System Zwinglis« (das. 1853); »Die Apostelgeschichte kritisch untersucht« (Stuttg. 1854); »Vorträge und Abhandlungen« (Tübing. 1865; 2. Aufl., Leipz. 1875; zwei weitere Sammlungen, Leipz. 1877 u. 1884); »Staat und Kirche«, Vorlesungen (das. 1872); »David Friedrich Strauß in seinem Leben und seinen Schriften geschildert« (Bonn 1874); »Geschichte der deutschen Philosophie seit Leibniz« (Münch. 1873, 2. Aufl. 1875); »Grundriß der Geschichte der griechischen Philosophie« (Leipz. 1883, 8. Aufl. 1907); »Friedrich d. Gr. als Philosoph« (Berl. 1886). Z., der ursprünglich zu den Anhängern Hegels zählte, hat sich in der spätern Auflage seiner vorzüglichen Geschichte der griechischen Philosophie von dessen Standpunkt entfernt, sich sonst auf den Boden der Erfahrung gestellt, indem er den Idealismus durch einen gesunden Realismus ergänzen will.

3) Jules Sylvain, franz. Geschichtsforscher, geb. 23. April 1820 in Paris, gest. daselbst 25. Juli 1900, hielt sich längere Zeit in Deutschland auf, promovierte in Paris und wirkte dann mehrere Jahre als Geschichtsprofessor an den Lyzeen in Rennes, Bordeaux und Straßburg. 1854 wurde er Professor der Geschichte an der Fakultät in Aix, 1858 Geschichtslehrer an der Normalschule in Paris und hielt hier zu gleicher Zeit Geschichtsvorträge an der Sorbonne. 1863 wurde er Duruys Nachfolger als Professor der Geschichte an der Polytechnischen Schule. 1874 ward er zum Mitgliede der Akademie der moralischen und politischen Wissenschaften erwählt und 1876 zum Generalinspektor des höhern Unterrichts ernannt. Er schrieb: »L'histoire résumée de l'Italie« (Par. 1852, 6. Aufl. 1906); »Les empereurs romains, caractères et portraits historiques« (1863, 4. Aufl. 1876); »Entretiens sur l'histoire. Antiquité et moyen-âge« (1865, 2 Bde.); »Entretiens sur l'histoire du moyen-âge« (1884–91, 3 Bde.); »Entretien sur l'histoire du XVI. siècle. Italie et Renaissance« (1869; neue Ausg. 1883, 2 Bde.); »Les tribuns et les révolutionsen Italie« (1874); »Pie IX et Victor Emanuel, histoire contemporaine de l'Italie 1846–1878« (1879); »Histoire de l'Allemagne« (1872–91, 7 Bde.); ihr ging zur Seite die »Histoire résumée de l'Allemagne« (1888). – Sein Sohn Berthold Z., geb. 1848 in Rennes, gest. 4. April 1899 in Paris, Repetent an der Faculté des lettres in Paris, schrieb: »Henri IV et Marie de Médicis« (1877); »Etudes critiques sur le règne de Louis XIII« (1879–80, 2 Bde.); »Claude de France« (1892); »La minorité de Louis XIII. Marie de Médicis et Sully« (1892) und »Marie de Médicis et Villeroy« (1897); »Louis XIII. Marie de Médicis chef du Conseil« (1898) und »Marie de Médicis. Richelieu ministre« (1899) u. a. und gab 1881–90 das Sammelwerk »L'histoire de France racontée par les contemporains« heraus.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 878-879.
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