Artois

[787] Artois (spr. Artoah), Grafschaft in Frankreich, Theil von WFlandern, zwischen Flandern, Picardie u. Champagne; gehört jetzt zu den Departements Nord u. Pas de Calais; Hptst. Arras. A., so genannt nach den Atrebatern, deren Sitz das jetzige A. war, gab Karl der Kahle seiner Tochter Judith zur Mitgift, welche Graf Balduin der Eiserne von Flandern heirathete. A. ward nun Theil von WFlandern u. theilte die Schicksale dieses Landes. Philipp von Elsaß, Graf von Flandern, gab es 1180 seiner Verwandten, Isabelle von Hennegau, als Philipp August, König von Frankreich, dieselbe ehelichte, zum Brautschatz, u. es blieb mit Frankreich vereinigt bis 1236, wo Ludwig IX., zu Gunsten seines Bruders Robert, eine eigene Grafschaft daraus bildete. Robert begleitete Ludwig IX. nach Ägypten u. blieb 1250 in dem Gefecht von Mansura. Sein Sohn Robert II., erst kurz nach des Vaters Tode geboren, war sein Erbe in A.; mündig geworden, begleitete er Ludwig den Heiligen 1270 bei dessen 2. Kreuzzug. Nach seiner Rückkehr schlug er 1276 die Rebellen in Navarra, führte dann seinem Oheim, König Karl I. von Neapel, Hülfe zu, war während der Gefangenschaft Karls II. 1284–89 Regent dieses Königreichs u. schlug die Aragonier bei Agosta; dann siegte er bei Bayonne 1296 über die Engländer u. bei Furnes 1297 über die Flamländer; er fiel 1302 gegen die Flamländer bei Courtray. Philipp, Roberts II. Sohn, der bei Furnes geblieben war, hinterließ einen Sohn Robert III. u. eine Tochter Mathilde, welcher Letzteren durch ein Testament A. vermacht worden war. Mathilde, an Otto IV., Pfalzgrafen von Burgund, vermählt, erhielt sich durch französische Hülfe im Besitz von A., obgleich die Stände des Landes auf Roberts Seite waren. 1329 begann Robert einen neuen Proceß wegen A., u. da seine Schwester Mathilde u. deren Erbtochter, Johanna I., die Wittwe Königs Philipp V. von Frankreich, schnell nach einander starben, so beschuldigte man ihn, sie vergiftet zu haben, er wurde deshalb geächtet u. floh nach England. Auf Johanna I. folgte Johanna II., ihre Tochter, Gemahlin Eudos IV., Herzogs von Burgund (ältere Linie), u. A. fiel an Burgund. Als aber 1361 die ältere burgundische Linie ausstarb, fiel A. an Margarethe, Gräfin von Flandern, die Enkelin Johanna's I., u. da diese Philipp den Kühnen, Herzog v. Burgund, heirathete, so kam A. wieder an Burgund u. blieb mit diesem Reiche vereint bis zu Karls des Kühnen Tode 1477. Hierauf machte Ludwig XI. von Frankreich Anspruch darauf, doch fiel es 1493 in dem Frieden von Senlis wieder an Österreich u. wurde erst in dem Pyrenäischen Frieden 1659 an Frankreich abgetreten. In neuerer Zeit führte der König Karl X., sowohl als Prinz als auch nach seiner Vertreibung u. Entsagung, den Titel Graf v. A.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 787.
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