Brügge [1]

[364] Brügge (franz. Bruges), 1) Bezirk in der belgischen Provinz WFlandern; 251/5 QM., 122,500 Ew.; 2) Canton darin; 3) Hauptstadt hier u. der Provinz; Festung, an einem Kanal (von Gent nach Ostende), Sitz der obersten Provinzialbehörden u. eines Bischofs, hat 54 Brücken, Kathedrale St. Salvator, die Kirche Notre-Dame (mit Grab- u. Denkmal Karls des Kühnen), die nach dem Muster des heiligen Grabes erbaute Jerusalemerkirche, Kaufhalle mit 322 Fuß hohem Thurm u. Glockenspiel, gothisches Rathhaus, bischöflichen u. Justizpalast, ehemals Schloß der flanderischen Grafen, Börse, Gymnasium, Akademie für Maler-, Bildhauer- u. Baukunst, Ackerbaugesellschaft, Theater, Bibliothek, Botanischen Garten, Spitzenklöppelschulen, Friedens- u. Handelsgericht, Handelskammer, Fabriken in Lein-, Wollen- u. Baumwollenwaaren (bes. Spitzen), Leder, Stärke, Tabak u. Fayence, Schiffbau, Glockengießerei, Wachsbleichen, Färbereien, Handel mit den Landes- u. Kunstproducten (sonst viel größer); 51,500 Einw. Kanäle führen von hier aus nach Ostende, Gent u. nach Sluys; Eisenbahnen nach Gent, Ostende u. Kortryck. B. ist der Geburtsort Ludwig Berkes (der die Diamantschneidekunst erfand), des Buchdrucker Colard Mansion u. des Mathematikers Simon Stevin, dem die Stadt ein Denkmal errichtete. – B. war vormals die Hauptstadt von Flandern u. hieß zur Zeit der Merovinger Bruzzia, dann Brugä. Da die Hansestädte hier ein Magazin hatten, so wurde B. reich u. groß, u. sein Handel erlangte Weltberühmtheit. Nachdem zu Anfang des 14. Jahrh, zu Folge der Eroberung Flanderns durch die Franzosen, B. französische Besatzung erhalten hatte, empörten sich die Bürger von B. unter dem Weber Peter König u. trieben 1302 ihre Unterdrücker aus der Stadt; 1305 kam B. wieder an die Grafen von Flandern u. erhielt von denselben immer mehr Privilegien. 1381 siegte Philipp von Artevelde bei B. über den Grafen Ludwig. Unter den burgundischen Herzögen, denen die Stadt durch Erbschaft zufiel, erhielt sich B. in seinem Flor; als jedoch Flandern habsburgisch wurde, zog sich der Handel nach Antwerpen, u. B., das einst bis an 200,000 Ew. zählte, gerieth in Verfall. 1488 wurde Kaiser Maximilian von den Bürgern gefangen u. erst nach viermonatlicher Hast frei gegeben (s.u. Niederlande [Gesch]). Später kam B. mit Burgund an Spanien. 1559 wurde hier ein Bisthum errichtet, während es früher mit seinen kirchlichen Angelegenheiten unter Tournay stand. 1582 wurde B. von den Franzosen genommen u. 1584 von den Spaniern zurückerobert. 1704 wurde B. vergebens von den Holländern belagert, ergab sich 1706 nach der Schlacht bei Ramillies den Verbündeten, 1708 aber durch Capitulation den Franzosen, welche jedoch 1709 den Verbündeten wieder weichen mußten (s. Spanischer Erbfolgekrieg). 1745 wurde es wieder von den Franzosen unter dem Marschal laon Sachsen (s. Österreichischer Erbfolgekrieg) u. 1794 unter Pichegru erobert (s.u. Französischer Revolutienskrieg). Unter französischer Herrschaft war B. die Hauptstadt des Lysdépartements.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 364.
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