Villars [1]

[589] Villars (spr. Wilahr), ein Zweig der französischen Familie Brancas, s.d. Merkwürdig sind: 1) André, s. Brancas 2). 2) George, erster Herzog von V., s. Brancas 3). 3) Louis Hector, Herzog von V., geb. 1653 in Moulins; wurde Stallpage des Königs Ludwig XIV., begleitete den Hof nach Flandern u. wurde beim Ausbruche des Krieges in den Niederlanden Adjutant seines Oheims, des Marschalls von Bellefont. Da dieser beim Beginn des Feldzuges in Ungnade fiel, so trat V. als Freiwilliger in die Armee u. that sich bes. vor Mastricht hervor, focht unter Turenne in Flandern u. wurde bei Senef neben dem Prinzen Condé schwer verwundet; er avancirte 1674 zum Obrist u. diente unter dem Marschall von Luxemburg in Flandern u. unter dem Marschall Crequi in Elsaß, Nach dem Nymweger Frieden (1678) ging er als Gesandter nach Wien u. zog hier den Kurfürsten von Baiern von dem österreichischen Bündniß ab u. gewann denselben für Frankreich. Hierauf begleitete er den Kurfürsten gegen die Türken, doch zurückgekehrt wendete sich der Kurfürst wieder Österreich zu, V. kehrte nach Paris zurück, aber da kurz darauf durch die Ligue von Augsburg ein neuer Krieg auszubrechen drohte, so schickte Ludwig XIV. V. wieder nach München, um den Kurfürsten nochmals zu gewinnen. Dies mißlang aber, u. V. mußte eilig durch die Schweiz nach Frankreich zurückkehren, worauf ihn der König 1689 als Oberbefehlshaber der Cavallerie u. Marechal de Camp zur Armee nach Flandern schickte. Später commandirte er ein Corps von 15,000 Mann bei der Armee des Marschalls von Luxemburg, bis er als Generallieutenant zur Rheinarmee kam, wo der Ryswijker Frieden (1697) seine kriegerische Laufbahn unterbrach. Ludwig XIV. sendete ihn 1699 in Sachen der Spanischen Erbfolge nach Wien. Beim Ausbruch des Spanischen Erbfolgekrieges 1701 erhielt V. ein Commando in Italien unter Villeroi, aber unzufrieden über dessen schlechte Kriegsführung, bat V. um seine Zurückberufung, worauf er in Catinats Heere am Rhein eine Anstellung erhielt. Er gewann am 14. Oct. 1702 die Schlacht bei Friedlingen in Baiern u. wurde Marschall. 1703 deckte er Baiern u. gewann 20. Sept. die Schlacht bei Höchstädt; 1704 wurde er aus Deutschland abberufen u. gegen die Camisarden in den Cevennen geschickt, mit denen er einen Frieden abschloß; 1706 lehrte er nach Deutschland zurück u. führte hier in diesem u. dem folgenden Jahre, wegen der Schwäche seiner Streitkräfte, den Krieg meist ohne besonderen Erfolg; 1708 drang er mit der Dauphinéearmee in Piemont ein; 1709 commandirte er in den Niederlanden, wo er aber bei Malplaquet geschlagen wurde u. dann sich meist auf die Defensive beschränken mußte; seit 1712, wo Marlborough sich von den Kaiserlichen getrennt hatte, gewann er wieder die Oberhand u. ging 1713 nach Deutschland, wo mehre Städte in seine Gewalt kamen, worauf er seit 26. Nov. 1713 mit dem Prinzen Eugen den Rastadter Frieden verhandelte, welcher 6. März 1714 zu Stande kam; darüber s. ausführlich Spanischer Erbfolgekrieg S. 428 ff, Nach seiner Rückkehr wurde er Pair, Herzog, spanischer Grand, Präsident des Kriegsrathes u. Gouverneur der Provence. Nach Ludwigs XIV. Tode wurde er Mitglied des Regentschaftsrathes, nahm aber an den Verhandlungen wenig Theil, sondern begab sich in sein Gouvernement u. baute den unter dem Namen Kanal von Villars bekannten Rhonekanal. Nach Paris zurückgekehrt, erklärte er sich lebhaft gegen Dubois u. Laws Finanzpläne. Als 1733 der Krieg zwischen Frankreich, Sardinien ü. Spanien gegen den deutschen Kaiser ausbrach, erhielt V. als Generalmarschall das Commando in Italien; eroberte Mailand u. drang gegen die Alpen vor. Er st. auf seiner Rückkehr am 17. Juni 1734 in Turin, Vgl. Mémoires de Duc de V., Amsterd. 1736, 3 Bde.; Selbstbiographie, herausgeg. von Anquetil, Par. 1784, 4 Bde. 4) Honoré Armand, Herzog von V., Prinz von Martigues, Sohn des Vorigen, geb. 4. Dec. 1702, war Brigadier u. st. 1770 ohne männliche Nachkommen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 18. Altenburg 1864, S. 589.
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