Öl

[335] Öl ist der gemeinschaftliche Name von verschiedenartigen Flüssigkeiten, welche aus dem Pflanzenreiche, dem Thierreiche und zum kleinsten Theile auch aus dem Mineralreiche herstammen und im Wasser nur zum Theil und weniger auflöslich als in Alkohol, sowie leicht entzündlich sind und mit Rauch und Ruß brennen. Wenn im gemeinen Leben von Öl die Rede ist, sind in der Regel fette Öle gemeint, welche aus den fetthaltigen Samen von Pflanzen und Früchten, zum Theil auch aus Wurzeln, wie das Erdmandelöl, und aus thierischen Stoffen, z.B. aus den Eiern der Schildkröten, der Vögel, deren Eigelb vorher hartgekocht wird, das Ameisenöl aus dem Rückstande der Ameisen nach Abdestilliren ihrer Säure, durch Auspressen gewonnen werden und deshalb auch ausgepreßte oder ihres milden, nicht reizenden Geschmackes wegen milde Öle heißen. Sie bedürfen alle eines sehr hohen Hitzegrades, um zum Sieden gebracht zu werden, wo sie dann gewöhnlich anfangen sich zu zersetzen, und verdunsten bei gewöhnlicher Temperatur fast gar nicht. Wie die Fette sind die Olarten hauptsächlich Gemenge von zwei Arten einfacher Fettmaterie, von denen die eine, das Stearin, hauptsächlich die Talgarten oder festen Fette, die andere, das Olein oder Elain vorzüglich die Öle bildet, die aber beide nie voneinander gesondert vorkommen. Die fetten Öle sind sämmtlich leichter als Wasser, geben durch Kochen mit Wasser und Kali oder Natron, Seife und nehmen schon bei gewöhnlicher Temperatur Sauerstoff aus der Luft auf, wovon das Ranzigwerden und das Abtrocknen derselben bedingt ist. Bei frischen Ölen geht dies sehr langsam und unmerklich vor sich, bei alten aber mitunter überaus schnell und sie entwickeln dabei zugleich eine solche Wärme, daß schon Selbstentzündung fetter Öle und damit getränkter Zeuche vorgekommen und Ursache von Feuersbrünsten gewesen [335] sind. Doch nicht alle Öle können ranzig werden und die dem nicht ausgesetzten werden vorzugsweise als trocknende Öle, die andern als schmierige bezeichnet. Aus den letztern Ölarten wählt man gewöhnlich die zum Brennen bestimmten und die bekanntesten davon sind das Rübsamenöl (s. Rübsen), das Baumöl oder Olivenöl (s. Olbaum), das Kohlsaat-, Mandel-, Haselnuß-, Bucheckernöl und der Fischthran aus dem Speck der Walfische (s.d.). Da jedoch zur Verflüchtigung der fetten Öle ein hoher Grad von Wärme nöthig ist, bedürfen sie desselben auch, um angezündet zu werden, und brennen daher meist nur mit Hülfe eines Dochtes, welcher nur wenig Öl auf einmal in die Flamme treten läßt. Er wirkt dabei blos als Haarröhrchen (s. Capillarität), wie die Lämpchen ohne Docht darthun, wo dessen Stelle durch ein seines Metall- oder Glasröhrchen ersetzt wird. Da die schmierigen Öle aber außer dem Stearin auch noch färbende, schleimige und andere Nebenbestandtheile enthalten, so raffinirt, d.h. reinigt man sie davon, wenn sie zum Brennen dienen sollen, damit sie dann keinen übeln Geruch und Rauch hervorbringen. Dies geschieht, indem man den Bodensatz, welcher sich während des Lagerns von selbst bildet, wiederholt abläßt und die Reinigung durch Zusatz von 1/2–2 Procent concentrirter Schwefelsäure vollendet, welche dem Öle zugesetzt und damit fleißig umgerührt wird. Sie zerstört nämlich die im Öle enthaltenen, verunreinigenden Stoffe und wird dann, ehe sie das Öl selbst angreifen kann, durch Behandlung mit gebranntem Kalk, Kreide oder Wasser wieder entfernt. Andere Reinigungsarten sind das Filtriren durch Baumwolle oder Kohlen und in besondern Einrichtungen der Wasserdampf. Die am sparsamsten verbrennenden Öle sind das Schnittkohlsamen-, Senf-, Tabacks-, Rübsen-, Lein- und Mohnöl, doch stimmen die darüber vorhandenen Angaben nicht überein. Die zur Bereitung der Speisen anstatt thierischen Fettes benutzten fetten Öle heißen auch Speiseöle.

Von den trocknenden fetten Ölen sind das Leinöl, Hanföl (s. Hanf), Mohnöl (s. Mohn), Nuß- und Ricinusöl, das Sonnenblumenkern-, Kürbiskern-, Tabacks-, Fichten- und Baumwollsamenöl die bekanntern Arten. Auch sie werden der Reinigung unterworfen und ihre trocknende Eigenschaft wird durch Kochen mit Bleiglätte, Mennige, Bleizucker und Zinkoxyd vermehrt, worauf die Bereitung des Ölfirniß oder Malerfirniß (s. Firniß) beruht. Der gewöhnliche wird aus Leinöl bereitet und mit verschiedenen Farben auf dem Reibsteine abgerieben, zum Anstreichen von Holz und Metallen, zum Mauerputz und zu mancherlei Arten von Kitt benutzt. Die mit solchen trocknenden Ölen, gewöhnlich Lein-, Mohn-oder Nußöl, oder mit daraus hergestellten Firnissen aufgetragenen Farben werden davon Ölfarben genannt. Ferner unterscheidet man ätherische Öle, die zwar in allen drei Naturreichen, am häufigsten aber in den Pflanzen vorkommen, die ihnen meist ihren Geruch verdanken. Daher zeichnen sich auch diese Öle durch ihren starken durchdringenden Geruch und Geschmack aus, die bei manchen sehr angenehm sind, wie bei dem aus Orangenblüten, Zimmt, Lavendel, aber bei andern auch sehr widerlich, wie am Öl des Baldrian. Aus den Pflanzentheilen werden sie erhalten, indem man dieselben der Destillation mit Wasser unterwirft, wobei das Öl mit dem Wasser übergeht und die Pflanzen ihren eigenthümlichen Geruch mit dem Öle verlieren, daher man die ätherischen Öle auch wesentliche, sowie flüchtige deshalb nennt, weil sie schon bei der Wärme des siedenden Wassers verfliegen und entweder obenauf schwimmen oder zu Boden sinken, denn einige ätherische Öle, wie z.B. Zimmt- und Sassafrasöl, sind schwerer als Wasser. Sie sind keiner Seifenbildung fähig, haben verschiedene Farben und Rosmarinöl sieht z.B. weiß, Kamillen- und Schafgarbenöl blau, erstarren größtentheils bei niederer Temperatur und lassen sich dann zum Theil in einen leichter erstarrenden Bestandtheil, Stearopten genannt und einen schwerer erstarrenden, das Eläopten, trennen. Ihre Verwendung finden sie theils in den Apotheken als Heilmittel, theils bilden sie in kleinen Mengen in vielem Wasser aufgelöst, dem sie ihren eigenthümlichen Geruch mittheilen, die sogenannten destillirten Wässer (z.B. Lindenblüten- und Rosenwasser), oder mit wasserreinem Alkohol die wohlriechenden geistigen Wässer (eau de Cologne, eau de Lavande), mit fuselfreiem Alkohol und Zucker die nach Pflanzen riechenden und schmeckenden Liqueure und mit thierischem Fett und fetten Ölen die Pomaden. Durch eine bis zur Zerstörung getriebene, trockene Destillation thierischer und Pflanzentheile erhält man ebenfalls ätherische Öle, aber meist von sehr unangenehmem Geruche, besonders wenn sie von thierischen Stoffen herrühren. Von ihrer Bildung nennt man sie empyreumatische, brenzliche oder brandige Öle und braucht sie viel zu Arzneien; sie kommen aber auch in der Natur als flussige Erdharze, Bitumen, Bergnaphtha, Berg- oder Steinöl (s.d.) und in den Steinkohlen und dem Torfe vor.

Im Großen geht die Gewinnung des Öls aus Samen und Früchten durch wiederholtes Pressen derselben in den Ölmühlen vor sich, wo an die Stelle der sonst allgemein üblichen Stampfen, die durch eine Daumenwelle bewegt wurden, jetzt meist Einrichtungen mit Walzen oder Pressen getreten sind. Der Rückstand beim Ölpressen aus Sämereien heißt Ölkuchen und wird in viereckige Formen gebracht, meist als Viehfutter verbraucht. Eine Zusammenstellung alles Wissenswerthen über Öle enthält Leuchs, »Öl- und Fettkunde« (Nürnb. 1832). – Ölgas wird das durch Destillation aus Öl erhaltene Gas (s.d.) genannt, welches gleich dem aus Steinkohlen bereiteten zur Beleuchtung dient.

Die fetten Öle sind in Wasser nicht auflöslich und lassen sich nur durch Zusammenreiben mit einem schleimigen Stoffe einigermaßen schwebend darin erhalten, welche Mischung in den Apotheken Emulsion heißt. Merkwürdig ist das Vermögen des Öls, eine vom Winde bewegte Wasserfläche zu glätten, wenn es über dieselbe ausgegossen ist, und auf kleinen Teichen ist dazu ein Löffel voll genug, der allmälig über eine weite Fläche sich als dünnes Häutchen ausbreitet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 335-336.
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