Bär [1]

[305] Bär (Ursus), 1) Gattung aus der Ordnung der Raubsäugethiere u. der Familie der bärenartigen Raubthiere (Ursina), die meist mit ganzer Fußsohle auftreten, an allen Füßen 5 Zehen mit Krallen, ferner zahlreiche, stumpfhöckerige Backenzähne haben, da sie sich von Fleisch u. Pflanzenstoffen nähren. Die Gattung B. hat eine stumpfe, etwas rüsselförmig hervorragende Schnauze, ziemlich kurze Ohren, 3/3 Lücken-, 2/3 Höckerzähne u. 1/4 Reißzahn. Der Körperbau ist plump, der Pelz langhaarig, mehr od. wenig zottig, u. der kurze Schwanz ist im Pelze versteckt. Der B. tritt mit ganzer Fußsohle auf u. hat große, starke, krumme u. fritzige Krallen, nährt sich mehr von Pflanzenstoffen, als von Fleisch, was nur beim Eisbär umgekehrt ist, sucht zu seinem Winterschlafe Höhlen auf od. gräbt auch diese selbst. Sein Winterschlaf ist nicht ununterbrochen, er erwacht vielmehr wieder, wenn wärmere Witterung im Winter eintritt. Arten: der gemeine Landbär (Ursus Arctos), auch Honig- od. Zeidelbär (vom Zeideln, d.h. Ausleeren der Bienenstöcke), Ringelbär (wenn er jung ist u. einen weißen Halsstreifen hat), Gras- od. Ameisenbär (nach seiner Nahrung) od. nach seiner Farbe schwarzer od. brauner gemeiner Landbär od. Silberbär, wenn die Haare weiße Spitzen haben. Er hat eine gewölbte Stirn, einen braunen, schwarzen, graulichen, gelblichen od. silberglänzenden Pelz, wird 4–6 Fuß lang, bewohnt vorzüglich den Morden Europas, Asiens u. Amerikas, kommt aber auch noch einzeln in Niederösterreich Steiermark, Kärnthen, in den Gebirgen Böhmens u. Schlesiens vor, häufiger noch in den Karpathen, Tyroler u. Schweizer Alpen u. den Pyrenäen, auch in Pelen, Preußen u. Ungarn. Er hält sich bes. gern in dichten Waldungen in der Nähe von Sümpfen, Steinklüften u. Höhlen auf. Im Sommer nährt er sich von Beeren, Wurzeln etc., u. dann ist er zahmer als im Herbste, wo er sehr fett wird. Die jungen B-en nähren sich meist von Pflanzenstoffen u. Honig u. klettern auf Bäume, um letzteren aufzusuchen. Große Stärke besitzt er in seinen Vordertatzen. Er kann gut auf den Hinterbeinen gehen u. gebt so aufgerichtet auf seinen Feind los, ist ziemlich schnell, schwimmt u. klettert gut; Gesicht, Gehör u. Gefühl sind sein. Seine. Stimme ist ein dumpfes hohles Brummen. Er scheut den Menschen nicht, fällt ihn aber in der Regel nur an, wenn er durch Hunger od. feindliche Angriffe dazu gereizt wird. Den Viehheerden, Fischen, Weintrauben, wilden Honigstöcken etc. thut er großen Abbruch. Die Bärin bekommt gewöhnlich 2 Junge, ein Männchen u. ein Weibchen, die sie muthig vertheidigt. Das Fleisch des B., bes. das des Jungen, ist wohlschmeckend, u. die Bärenschinken, Tatzen (Branken), Zunge u. Kopf gelten auch bei gebildeten Nationen als Leckerbissen. Die Bärenfelle geben gutes Pelzwerk. Das schöne, angenehme u. gesunde weiße Fett (Bärenschmalz) dient auch als Heilmittel u. Öl. Aus den Därmen machen die Kosacken Fensterscheiben. Man jagt die B-en mit Feuergewehren od. Spießen u. anderen Waffen od. fängt sie in Gruben: Die Brunstzeit der B-en, die in den October fällt, heißt in der Jägersprache Bärzeit od. das Bären; das Lager des B-en Lug od. Loch, sein Fett heißt Feist, u. sehr starke Bären heißen Schlagbären. In der Thierfabel heißt der B. Braun. Der B. wird höchstens 30 Jahre alt. Bärenführer richten die B-en zum Tanzen ab. Andere Arten sind: der Baribal (U. americanus, s. Baribal); der Graue, Grisel- od. Wild-B. (U. ferox s. griseus), mit sehr spitzen, langen, krummen Krallen, etwas ausgehöhlter Stirn fast geradlinigem Gesicht u. langem zottigem Haar, das ein Gemisch von Weiß, Braun u. Schwarz ist; er lebt als das kühnste u. gefährlichste Raubthier in den Vereinigten Staaten von NAmerika; der Cordillerenbär (U. ornatus) lebt in dem Andesgebirge von SAmerika u. ist nur 31/2 Fuß lang; der Malaysche B. (U. malayanus) in Ostindien, auf Borneo u. Sumatra etc. ist etwas größer; der Tibetanische Kragenbär (U. torquatus), dessen Haar am Hinterkopfe eine lange Mähne bildet; der Syrische weiße Landbär (U. syriacus) auf dem Libanon u. in den Gebirgen von Kaschmir: der Lippenbär (U. labiatus, U. longirostris, s. Lippenbär), in Bengalen, u. endlich der Eisbär (U. maritimus. s. Eisbär); 2) so v.w. Eber; 3) Dickköpfiger B., Schmetterling, so v.w. Stammwollenspinner; 4) so v.w. Bärenvogel; 5) eine Porzellanschnecke.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 305.
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