Gaelische Sprache u. Literatur

[835] Gaelische Sprache u. Literatur. Die G. S. im engeren Sinne ist die Sprache der Hochschotten, im weiteren Sinne (wo mehrere neuere Sprachforscher die Schreibweise gadhelisch vorziehen), derjenige Zweig der Celtischen Sprachgruppe, welcher das Irische, das eigentlich Gaelische u. das Manks (auf der Insel Man) umfaßt, während der zweite Zweig durch das alte Britannische u. Gallische u. deren Reste, das heutige Kymrische (Welsh) u. Bretonische (Armorikanische), repräsentirt wird. Die ältesten Sprachdenkmäler des Gadhelischen Zweiges zeigen, nur eine gering dialektische Verschiedenhei: zwischen dem eigentlich Irischen u. dem Gaelischen der Hochschotten; erst inneuerer Zeit haben sich, wenigstens in der Schriftsprache, beide Mundarten etwas schärfer gesondert. Man unterscheidet in der Gaelischen Volkssprache zwei Varietäten, das Westgaelische in der Grafschaft Argyle u. den westlichen Hochlanden, u. das Nordgaelische in der Grafschaft Inverneß u. den nördlichen Hochlanden. Das Manks steht dem Gaelischen näher als dem Irischen, ist aber verderbter als beide Dialekte. Das Alphabet besteht aus 18 Buchstaben: a, b, c, d, e, f, g, h, i, l, m, n, o, p, r, s, t, u. Die Aussprache ist sehr schwierig; folgende sind die Hauptregeln: die Vocale werden in volle, a, o, u, u. helle, e, i, eingetheilt u. sind bald lang, bald kurz; der Accent ruht gewöhnlich auf der ersten Sylbe. A hat einen dreifachen Laut: a, dumpfes ö (vor gh u. dh) u. kurzes e od. ä; e lautet bald offen, wie ä, bald geschlossen, wie eh, bald kurz u. dumpf, wie in den deutschen Endsylben en, er etc.; i lautet wie im Deutschen; o bald wie im Deutschen, bald dem au sich nähernd, bald wie dumpfes ö; u wie im Deutschen. Außerdem gibt es noch die Diphthongen ae, ai. ao, ea, ei, eo, eu, ia, io, iu, oi, ua, ui, u. Diphthongen aoi, eoi, iai, iui, uai, deren Aussprache gleichfalls in verschiedenen Fällen verschieden ist. Die Consonanten werden, wenn sie allein stehen, ziemlich wie im Deutschen ausgesprochen, nur daß c u. g vor u. nach einem hellen Vocal fast wie kj, gj, t, d u. s aber vor u. nach e od. i wie tsch, dsch, sch lauten; l u. n werden etwas mouillirt; r hat eine scharfe, für den Fremden sehr schwierige Aussprache. Wenn die Consonanten aspirirt sind, lautet bh wie w, ch wie im Deutschen, dh u. gh fast wie j, fh ist stumm, mh wie w, doch etwas nasal, ph wie f, sh wie h, th wie h od. ist stumm. Die G. S. hat einen bestimmten Artikel. Die Substantiva haben zwei Geschlechter, Masculinum u. Femininum, u. zwei Zahlen, Singular u. Plural. Sie werden nach verschiedenen Declinationen flectirt, je nachdem der letzte Vocal ein voller od. heller ist. Die Declination geschieht nicht nur durch Veränderungen am Ende, sondern auch am Anfange des Wortes, z.B. am bard, der Barde, Gen. a' bhaird, Dat. a' bhard, Plur. Nom. na baird, Gen. nam bard, Dat. na bardaibh. Die Adjectiva werden auf dieselbe Weise flectirt. Der Comparativ wird durch Anhängung von e od. id an den Genitiv des Positivs gebildet u. dient auch als Superlativ. Die Zahlen sind 1 aon, 2 , 3 trì, 4 ceithir, 5 cùig, 6 se, 7 seachd, 8 ochd, 9 naoi, 10 deich; die Ordinalzahlen werden durch die Endung amh gebildet, mit Ausnahme von an ceud, der erste, an dara, der zweite. Die Pronomina personalia sind mi ich, tu du, e, se er, i, si sie, sinn wir, sibh ihr, iad sie; Possessiva: mo mein, do dein, a sein, ar unser, bhur euer, an, am ihr. Andere Pronomina sind a welcher, so dieser, co wer. Das Verbum hat ein Activum u. ein Passivum, einen Indicativ, Negativ od. Interrogativ, Conjunctiv, Imperativ u. Infinitiv, zwei einfache Zeiten, Präteritum u. Futurum, in den gewöhnlichen drei Personen u. zwei Zahlen. Auch die Conjugation geschieht durch Veränderung am Anfang u. Ende der Wörter, z.B. bhuail mi ich schlug, buailidh mi ich werde schlagen, ta mi ag bualadh ich schlage (eigentlich ich bin im Schlagen). Es gibt zwei Conjugationen u. mehrere unregelmäßige Verba. Von Adverbien, Präpositionen, Conjunctionen u. Interjectionen ist nichts Besonderes zu[835] bemerken. Die Wortbildung geschieht durch Ableitungssylben od. Zusammensetzung. Die Syntax ist ziemlich einfach. Der Anfang des Vaterunsers lautet: ar n'athair a ta air nèamh, gu naombaichear t'ainm. d.h. unser Vater, welcher ist im Himmel, sei geheiligt dein Name. Wörterbücher: außer den älteren von Macdonald (Edinb. 1741), Shaw (2 Bde., Lond. 1780), Macfarlan (Edinb. 1775; 2 Bde., Lond. 1815) u. Allan (Edinb. 1804), die neueren von der Highland Society (gaelisch, englisch u. lateinisch mit Grammatik, 2 Bde., Edinburg 1828); von Armstrong (mit Grammatik, Lond. 1825); von N. Macleod u. Dewar (Lond 1831, 2. Aufl. 1845); Grammatiken lieferten außerdem: Shaw (2. Aufl. Edinburg 1778); Stewart (Edinb. 1801, 2. Aufl. 1812); u. darnach Ahlwardt in Vaters Vergleichungstafeln, Halle 1822; Munro (2. Aufl. Edinb. 1842) u. Forbes (Lond. 1843); Über das Manks etc., Rowland. Mona antiqua restaurata, Lond. 1766, u. bes. Kelley Practical grammar of the ancient Gaelic, Lond. 1803, u. Cregeen A diction of the Manks lang, Douglas 1835.

Die G. L. besteht fast nur in Dichtungen der Barden, die bis in die letzten Jahrhunderte herab meist mündlich überliefert, doch auch niedergeschrieben hier u. da in den Familienarchiven als sogenannte Laibhair deargh (d.i. rothe Bücher) aufbewahrt wurden. Eifriger wurden dieselben erst gesammelt u. aufgezeichnet, seitdem durch Macphersons englische Bearbeitung einer Anzahl alter gaelischer Volks- u. Heldenlieder, welche dem halbmythischen Barden Ossian (s.d.) zugeschrieben wurden, die Aufmerksamkeit auf diese Gattung von poetischen Denkmälern gerichtet wurde. Außer den gaelischen Dichtungen Ossians, die 1807 in London u. 1808 in Edinburg erschienen, wurden noch viele andere Bardenlieder, z.B. von Macdonald, Vallencey, Harold, John, Smith, Miß Brooke Sulivan, Walkar, Youry, Halloran u. A. herausgegeben. Auch wurde für diesen Zweck die Hghland Society begründet, zu welcher in neuester Zeit noch die Ossianic Society zu Dublin trat, die seit 1855 in ihren Transactions eine Anzahl alter gaelischer Poesien veröffentlicht hat. Neuere gaelische Dichter sind nur wenige aufgetreten; der bekannteste unter denselben dürfte Alex. Macdonald sein, der in der ersten Hälfte des 16. Jahrh. dichtete Die Prosaliteratur besteht fast nur aus religiösen Schriften; für das älteste gedruckte Buch gilt des Bischofs Carsevell Übersetzung von John Knoxs Liturgie (Edinb. 1567). Die Bibel ist mehrfach gedruckt; das A. T. u.a. zu Edinburg 1807, das N. T. zu Edinburg 1813 u. zu London 1855. Alle gaelischen Druckwerke verzeichnet I. Reid, Bibliotheca Scoto-Celtica, Edinb. 1832. Vgl. M'Lauchlan, Celtic Gleanings. Edinb. 1857.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 6. Altenburg 1858, S. 835-836.
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