Schwarzer Tod

[526] Schwarzer Tod, orientalische Pest im 14. Jahrh., welche Asien, Europa u. Afrika verheerte, kenntlich an Brandbeulen, Drüsengeschwülsten u. schwarzen Flecken auf der Haut; daher der Name in Nordeuropa; in Italien hieß sie das große Sterben. Vorzugsweise wurden im Abendlande die Werkzeuge des Athmens von fauliger Entzündung u. heftigen Schmerzen ergriffen, Blut wurde ausgehustet u. der Athem verbreitete einen verpestenden Geruch. Im Morgenlande traten bes. die Symptome der eigentlichen Pest auf; hier u. da kam auch Bluthrechen hinzu. Diejenigen, welche solche Kranke warteten u. pflegten, wurden am häufigsten vom S-n T. ergriffen u. viele Häuser starben ganz aus; am ansteckendsten war der Hauch der Kranken. Keine Arznei brachte Hülfe, sondern es starben fast alle Kranke innerhalb der drei ersten Tage nach dem Erscheinen der ersten Symptome, einige früher, andere später, die meisten ohne alles Fieber u. andere Zufälle. Auch Thiere erkrankten daran u. starben in kurzer Zeit, wenn sie Sachen von Erkrankten od. Verstorbenen berührt hatten. Von China bis zu den Küsten des Atlantischen Meeres kamen 1333, 15 Jahre vor dem S-n T, Erdbeben vor; in ganz Asien u. Europa zeigten sich Veränderungen in der Atmosphäre, namentlich auffallend übelriechende Nebel etc. Hierdurch prädisponirt, mag wohl die Krankheit durch Ansteckung erfolgt sein. Von China aus wurde der S. T. 1346 durch Karawanen nach Mittel- u. Kleinasien u. von dort durch Schiffe nach Häfen u. Inseln gebracht. 1347 erschien er zuerst in Sicilien, Marseille u. einigen italienischen Häfen, dann an der ganzen Südküste Europas; 1348 wüthete er am heftigsten in Spanien, Frankreich, Deutschland, England, 1349 in Schweden, Norwegen, Polen u. 1351 in Rußland. In Kairo sollen eine Zeitlang täglich 10–15,000, in China im Ganzen 13 Mill. Menschen gestorben sein; in Aleppo starben täglich 500, in Gaza innerhalb sechs Wochen 22,000 Menschen u. die meisten Thiere; Cypern verlor fast alle Einwohner, u. oft sah man im Mittelmeere Schiffe ohne Mannschaft umhertreiben, welche die Pest verbreiteten, wo sie auf den Strand geriethen. In Florenz starben 60,000, in Venedig 100,000, in Marseille in einem Monat 16,000, in Paris 50,000, in Avignon 60,000, in Strasburg 16,000, in Lübeck 9000, in Basel 14,000, in Erfurt wenigstens 16,000, in Weimar 5000, in London gegen 100,000 u. in ganz Europa 25 Mill. Menschen. 1351 endigte der S. T.; spätere Seuchen gehören nicht zum S-n T., sondern waren gewöhnliche Pestepidemien. Nach dem Aufhören dieser Pest war eine größere Fruchtbarkeit der Weiber überall auffallend, die Ehen waren fast ohne Ausnahme gesegnet, u. häufiger als sonst wurden Zwillinge u. Drillinge geboren. Moralische Folgen des S-n T-es sind das Umsichgreifen des Ordens der Geißler, um die Reue des Volkes über begangene Sünden auf sich zu nehmen u. durch strenge Bußübungen die Pest abzuwenden, u. die Judenverfolgungen, da der Aberglaube den Juden Schuld gab, daß sie durch Vergiftung der Brunnen die Seuche verursacht hätten. Schutzmaßregeln gegen den S-n T. wurden von den Regierungen erst sehr spät angeordnet, zumal da man den Grund der Verbreitung in einer ungünstigen Constellation der Gestirne suchte. Unter den Ärzten der damaligen Zeit zeichneten sich vor Allen Guy von Chauliac in Avignon aus. Vgl. Hecker, Der S. T. im 14. Jahrh., Berl. 1832.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 526.
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